Buchpreisträger Eugen Ruge - Zurück zur Basis des Erfolgs

Buchpreisträger Eugen Ruge hat lange in Krefeld gelebt — und schon hier an seinem Roman gearbeitet.

Krefeld. Vor 20 Jahren hat Eugen Ruge einem Krefelder Magazin ein Interview gegeben. „Ich habe angefangen, einen Roman zu schreiben“, sagte der Schriftsteller damals. „Das ist meine Geschichte vom Untergang der DDR.“

Eben dieser Roman wurde am 10. Oktober mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Am 18. November kehrt Eugen Ruge nach Krefeld zurück, wo er von 1989 bis 1995 gelebt hat. Dann stellt er sein preisgekröntes Werk „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ in der Mediothek vor.

Geschrieben hat Ruge den Roman erst in den vergangenen Jahren, aber beschäftigt hat ihn der Stoff offenbar ziemlich lange. Er erzählt die Geschichte der Familie Umnitzer über vier Generationen. Es ist die seiner eigenen Familie, allerdings verfremdet.

Eine Krefelder Episode sucht man in Alexander Umnitzers Leben vergeblich. Das literarische Alter Ego Ruges zieht im Roman nach Moers. Vor 20 Jahren sagte Ruge: „Ich bin hierhin gekommen, weil ich Krefeld als Basis nicht schlecht fand.“

Ruge war damals bereits Dramatiker, seine Bemühungen, mit dem Krefelder Theater zusammenzuarbeiten, scheiterten jedoch. Auch ansonsten ist er hier kaum in Erscheinung getreten.

Der studierte Mathematiker reiste 1988 illegal aus der DDR aus, seit 1985 hatte er für die Dokumentarfilmabteilung der Defa Drehbücher geschrieben. Während seiner Krefelder Zeit wurde Ruges Stück „Vom Umtausch ausgeschlossen“ in Bonn erfolgreich uraufgeführt. Auch machte er sich einen Namen als Übersetzer von Tschechow-Stücken.

Unerfreulich war ein Streit mit dem S. Fischer-Verlag. Der wollte unbedingt Ruges Stück „Mir nichts dir nichts“ für ein Plagiat von Schnitzlers „Reigen“ halten. Die Auseinandersetzung zog sich von 1993 bis 1996 über mehrere Gerichtsinstanzen, der Verlag musste am Ende klein beigeben.

Ruge ist heute 57 Jahre alt, dennoch wird er meist als Debütant bezeichnet. Abgesehen davon, dass er jetzt seine erste Prosa vorgelegt hat, ergibt das keinen Sinn. Zu lange schon ist Ruge Autor, an die Lebensklugheit seines Romans kann ein Debütant kaum heranreichen.

Souverän springt die Handlung durch fünf Jahrzehnte deutsche Geschichte. Die Geschicke der Familie spiegeln den Untergang der DDR. Meisterlich und einfühlsam schlüpft Ruge in verschiedene Figuren, vom Erzkommunisten Wilhelm, seinem Großvater nachempfunden, bis hin zu dessen Urenkel Markus, für den der Familiensitz nur noch musealen Reiz hat.

Das unfreiwillig Komische der starren Verhältnisse legt Ruge mit Witz bloß. Dabei führt er weder die Figuren vor noch vernachlässigt er die tragischen Elemente. Das Buch schafft mühelos den Spagat zwischen literarischem Anspruch und Unterhaltsamkeit.

Der Deutsche Buchpreis hat den Roman auf den Spitzenplatz der Bestsellerliste katapultiert, schon vorher waren Übersetzungen in die wichtigsten Weltsprachen verkauft. Der Rowohlt-Verlag rechnet bis Jahresende mit 400 000 verkauften Exemplaren.

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