Blick auf die Verlierer der Gesellschaft

Kresch-Stück von René Linke feierte auf der Studiobühne 2 Premiere.

Krefeld. Während die vielen Besucher fröhlich schwatzend auf die Ränge der Studiobühne 2 strömen, sitzen die zwölf Schauspieler - Grau in Grau - bereits mit nichts sagenden bis traurigen Blicken am Rand der Bühne.

Die Musik wird langsam lauter: hohe, sich ständig wiederholende Klänge eines Klaviers und ein Geräusch, das an schweres Atmen erinnert. Das Ganze monoton bis hypnotisierend. Dann gehen Schauspieler nach vorne an den Bühnenrand, um mit trostlosem Blick stumm ins Publikum zu blicken. So beginnt die Premiere des Stücks Verlierer von René Linke im Kresch-Theater.

In die beklemmende Stille fällt der Satz "Wer war der letzte?" und löst einen unerwarteten Redeschwall von allen Seiten aus. Gewöhnliche Alltagsabläufe werden protokollartig aufgezählt. Später werden die zwölf Akteure zu einer Zeitung lesenden Gesellschaft in einer Bahn. "Die sehen alle so verbraucht aus, so ausgelutscht, ausgelaugt", kommentiert einer die ihn umgebenden Leute, die sich hinter den großen Doppelseiten verstecken.

Verschiedene Typen von Verlierern werden in den nachfolgenden Szenen vorgestellt: die Frau, die den ganzen Tag Bahn fährt, weil sie sonst nichts zu tun hat oder der Jugendliche im Sportunterricht, der meint, zur Klasse dazuzugehören, aber blamiert und gemobbt wird. Dann wird die Frage "Wer war der letzte?" in einen neuen Zusammenhang gestellt und zu "Sie waren der letzte, den wir angestellt haben". Die Arbeitslosigkeit gehört selbstverständlich zu den gesellschaftskritischen Betrachtungen über Verlierer.

Die Jugendlichen thematisieren auch die Armut, indem sie das Flaschensammeln und Betteln "Brauchen Sie das noch?" darstellen. "Es gibt hier eine Dritte Welt, die im Müll anderer herumwühlt", ist eine traurige Erkenntnis, doch es wird auch selbstbewusst damit umgegangen "Ich bin die Dritte Welt."

Wie sich Blickwinkel verschieben können, demonstriert man anschaulich beim Glücksspiel als "Resthoffnung". Früher habe man mit einem großen Gewinn seine Träume verwirklicht, heute würde man mit sechs Richtigen erst einmal seine Schulden bezahlen.

"Und die Zahl der Verlierer steigt stündlich an, wir werden immer gesichtsloser... Können wir nicht noch mal ganz von vorne anfangen?" Die Eingangssituation wiederholt sich, zu der monotonen Musik werden nun undefinierbare Bewegungen durchgeführt, wortlos verlassen die Schauspieler nacheinander die Bühne und verlassen mit demonstrativem Türeknallen den Raum. Noch ein kleines Spielchen um den wohlverdienten Applaus: "Wer klatscht, fällt auf, schlägt sich auf die Seite des Siegers." Lernen Sie verlieren, ist die nicht ganz ernst gemeinte Devise.

Das Publikum zeigt wenig Zurückhaltung und lobt die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler mit lautem Jubel, Pfeifen und Trampeln.

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