Konzert Betörende Stimme und verjazzter Beethoven

Der Jazzklub hatte zum internationalen Jazztag das Duo Filippa Gojo/Sven Decker und Marcus-Schinkel-Trio nach Linn eingeladen.

Konzert: Betörende Stimme und verjazzter Beethoven
Foto: Mark Mocnik

Krefeld. Filippa Gojo aus Bregenz am Bodensee eröffnete den Reigen mit großer Stimme und einer Reise zwischen Jazz und Weltmusik, der Bonner Marcus Schinkel verjazzte im Anschluss Beethoven. Zum fünften Mal seit 2013 hat der Jazzklub Krefeld am weltumspannenden International Jazz Day teilgenommen und dazu im Rittersaal der Burg Linn ein interessantes Doppelkonzert angeboten.

Filippa Gojo aus Köln kam mit Duopartner Sven Decker in die Burg. Ihre Altstimme hat viel Luft nach oben wie unten, der Klang ist warm, ohne ins Liebliche abzugleiten, und bei Bedarf kann sie ihr auch ein raues Timbre verpassen. Sie begleitet sich auf verschiedenen afrikanischen Daumenklavieren und der Shrutibox, einem indischen Bordun-Instrument. Decker spielt meist Bassklarinette, ab und zu greift er auch zur Melodica.

Die beiden starten unisono mit einer schlängelnden Bebop-Melodie, über Deckers Basslinie gibt es dann im Anschluss eine schöne Scat-Improvisation von Gojo. Jazz kann sie also schon mal, im Folgenden kommen noch mehr Einflüsse zum Tragen. Die stellen sich schon durch das exotische Instrumentarium ein. Afrika und Indien lassen grüßen, und wenn Gojo im Voralberger Dialekt vom Baumhaus aus Kindertagen zu den Klängen des Daumenklaviers Sansula träumerisch singt, verschmilzt regionale Folklore mit Weltmusik zu einer sehnsuchtsvollen Mischung.

Freie und gebundene Formen, modale Improvisationen und solche über Akkordschemata, in Maßen geräuschhafte und dann wieder wohlklingende Klänge — Gojo und Decker mischten vieles sehr sicher und drängten sich mit ihrer Musik nie auf, sondern luden auch mit extrem leisen Passagen zum Zuhören ein.

Ob Ludwig van Beethoven das gebraucht hätte? Pianist Marcus Schinkel, wie der große Komponist aus Bonn, brauchte es aber offensichtlich. Die Rede ist davon, den großen Meister zu verjazzen. Bei Bach kennt man es schon lange von Jacques Loussier, bei Beethoven kann sich Schinkel als Vorreiter sehen.

Er habe sich schlecht zwischen Jazz und Klassik entscheiden können, erzählt Schinkel in einer seiner manchmal etwas zu langen Conférencen, nun mache er halt beides. Die Umwandlung des Klassikers ins Jazzidiom gelingt überwiegend über harmonische Veränderungen und aufwendige Arrangements, gleichwohl bleibt sehr viel Beethoven-Melodik erhalten.

Das pianistische Rüstzeug für dieses Crossover hat Schinkel ohne jeden Zweifel, und Fritz Roppel am Bass und Wim de Vries am Schlagzeug sind exzellente Begleiter. Das Spontane, formal Offenere kommt bei aller Kunstfertigkeit ein wenig zu kurz, das Publikum ließ sich aber vom artistischen Vermögen des Trios einfangen.

Zum guten Schluss gab es dann noch eine Gemeinschaftsdarbietung des Schinkel-Trios mit Gojo und Decker. Den Jazzstandard „Peace“ von Horace Silver interpretierten die Fünf im zeitlosen Modern-Jazz-Idiom, Gojos Gesangspart war zum Hinknien schön.

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