Ausstellung im Haus Esters: Jenseits der Bildgrenzen

Im Museum Haus Esters kann man erleben, wie aus Videos faszinierende Skulpturen werden.

Krefeld. Wenn Museen zu Kinos werden, macht sich oft Langeweile breit. Wer stundenlang auf Leinwände starren möchte, schaut in der Regel lieber auf professionell erzählte Geschichten als auf verquast künstlerische Bild-Meditationen.

In Haus Esters bemühen sich Beate Ermacora und Sylvia Martin, die Vizechefin der Krefelder Kunstmuseen, um einen anderen Blickwinkel auf die Videokunst. Sie untersuchen am Beispiel von acht meist jungen Künstlern, inwiefern das bewegte Bild auch zur Skulptur werden kann. Den Titel ihrer Schau haben sie bei Bernd und Hilla Becher entliehen, die das gleiche Thema 1989 in Bezug auf die Fotografie erkundet haben: "Anonyme Skulpturen".

Das Ergebnis ist faszinierend, weil es die üblichen Grenzen der Videokunst sprengt, selbst wenn die nur im Kopf des Betrachters existieren. Schon im ersten Raum wird das imposant deutlich. Die Schwedin Nathalie Djurberg lässt ihren Kurzfilm "Johnny" auf den Boden projizieren. Der Titelheld aus Plastilin beobachtet im Wald drei nackte Frauen beim Baden, wird erwischt, gefesselt und kurzerhand verbrannt. Um die Projektion hat Djurberg kahle Bäume aufgestellt: Man wird selbst zum versteckten Voyeur - oder landet gar mitten im Geschehen.

Nebenan tritt der Besucher in eine Bibliothek, die Zilla Leutenegger gestaltet hat. Der gemütliche Lesesessel ist leer. Aber nicht im Schattenwurf an der Wand: Dank geisterhafter Projektion ist das Sitzmöbel in seinem Abbild doch besetzt. Ein verblüffender Effekt, der sich bei Tony Ourslers gruseliger Installation "Fear" fast zum Schock steigert. Im abgedunkelten Nebenraum der Küche liegt eine Puppe quer auf einem Kinderstuhl. Auf ihr Gesicht wird ein Videobild projiziert - eine Szene wie aus einem Horrorfilm.

Spannend auch die Arbeiten, die der Natur des Mediums an sich nachspüren. Bei Paul Pfeiffer wird ein Camcorder zum Ausstellungsobjekt in einer Vitrine, Fiona Tan hat ihre beiden Söhne in einem schwarzen Rahmen an der Wand porträtiert. Erst auf den zweiten Blick bemerkt man, dass man nicht auf ein Foto der beiden schaut, sondern auf ein Video. Erwartungen sind wohl dazu da, immer neu überprüft zu werden.

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