Kammermusik in Krefeld Auftakt der Serenaden: Ein Festival der 30-Jährigen

Krefeld · Das „Oreneta Quartett“ eröffnet eindrucksvoll die neue Saison der Kammermusikreihe im Rittersaal der Burg Linn in Krefeld.

 Das „Oreneta Quartett“, bestehend aus (v.l.) Pierre Alvarez, 1. Violine, Tatia Gvantseladze, 2. Violine, Hanna Breuer, Viola, und Arnau Rovira i Bascompte, Violoncello, spielte bei dem Serenaden-Konzert.

Das „Oreneta Quartett“, bestehend aus (v.l.) Pierre Alvarez, 1. Violine, Tatia Gvantseladze, 2. Violine, Hanna Breuer, Viola, und Arnau Rovira i Bascompte, Violoncello, spielte bei dem Serenaden-Konzert.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Beethoven war 30 Jahre alt, als er um 1800 sein Streichquartett B-Dur Op.18 Nr. 6 komponierte. Debussy war ebenfalls 30 Jahre alt, als er 1893 sein Streichquartett Op. 10 niederschrieb. Und die vier Musiker Pierre Alvarez, 1. Violine, Tatia Gvantseladze, 2. Violine, Hanna Breuer, Viola, und Arnau Rovira i Bascompte, Violoncello, verkündeten stolz, dass auch sie um die 30 Jahre alt sind. Die Rede ist vom 1. Serenaden-Kammermusikkonzert 2021/2022, das vom „Oreneta Quartett“ im Rittersaal der Burg Linn musikalisch eindrucksvoll dargeboten wurde.

Mit dem Rittersaal hat Krefeld ein wunderschönes Ambiente für Kammermusikkonzerte. Zwei ebenso dynamisch-emotionale wie zerbrechlich-sensible Werke von zwei Komponisten, die mit ihren Werken ihre noch traditionell geprägte Ausbildungsphase überwanden, indem sie kreativ bis revolutionär einen neuen Stil ihrer Zeit kreierten.

Beethoven, der in dieser Schaffensperiode bereits unter starken Hörproblemen litt, löste sich von seinen „Lehrmeistern“ Haydn und dem zu früh verstorbenen Mozart, indem er polyphone Strukturen mit dialogisierender Stimmführung schuf. Im zweiten Satz „Adagio ma non troppo“ kreierte er zudem neuartige Klangfarben und Klangflächen, die es bis dahin so noch nicht gab.

Das „Oreneta Quartett“, das in der letzten Phase seiner Ausbildung in der Kammermusikklasse der Kölner Musikhochschule bei Harald Schoneweg (ehemaliges Mitglied des „Cherubini-Quartetts“) sich den letzten Schliff an Präzision, Stilsicherheit und Interpretation abholt, setzte mit einer überzeugenden musikalischen Reife diese Umbruchphase Beet-
hovens um. Der ausgewogene homophone Klang des zweiten Satzes, die transparente Dynamik im zügigen, aber nie überhasteten „Scherzo Allegro“, die ohne Metrum frei atmenden Pausen am Ende des Finalsatzes: Das war geniales Musizieren von jungen Musikern, denen die Zukunft gehört.

In Debussys Streichquartett, das ähnlich wie bei Beet-
hoven die Frische des experimentellen Umbruchs atmet, wurde die Diversität der klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten großartig umgesetzt. Auch hier beeindruckte die Interpretation mit expressivem Sprachgestus im ersten Satz „Animé et très décidé“, mit harmonisch erweiterten Klangflächen, die sowohl schwebend als auch kraftvoll die Experimentierfreude Debussys widerspiegelten. Im dritten Satz „Andantino, doucement expressif“ erweist sich Debussy als Meister der Klangfarbgestaltung – meisterlich zart und zerbrechlich umgesetzt vom „Oreneta Quartett“, dessen Namen man sich merken sollte.

„Pink Panther“ von Mancini in einem humorvollen Arrangement für Streichquartett gab es als Zugabe, dazu herzlichen Applaus.

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