Architektur: Mies van der Rohe und seine Liebe zu Krefeld

Lange und Esters: Villenbesitzer mussten abends mit Vorhängen „verdunkeln“.

Architektur: Mies van der Rohe und seine Liebe zu Krefeld
Foto: Andreas Bischof

Berlin, Chicago, New York — in diese Aufzählung der Metropolen scheint Krefeld nicht zu passen. Und doch hat Ludwig Mies van der Rohe in der Samt- und Seidenstadt Architekturgeschichte geschrieben. Zehn Jahre arbeitete er in Krefeld. „So eine lange Zeitspanne hat er sonst nirgendwo geschafft“, erzählt Katja Bernert. Anlässlich der 10. Krefelder Architekturtage führte die Architektin am Wochenende durch die Häuser Lange und Esters, weihte in ihre Geschichte ein und widmete sich ihrer Konstruktion und Ästhetik.

„Die Verbindung zwischen Mies van der Rohe und Krefeld bestand bis zu seinem Tod. Er sprach gerne von seinen Krefelder Freunden.“ Einer dieser Freunde war Hermann Lange, der Gründer der Verseidag. „Lange und Esters machten viel Geld mit Seide, aber sie wollten aus dem Tuch-Image raus, waren an Kunst und Avantgarde interessiert“, berichtet Katja Bernert weiter.

Anfang der 20er Jahre lernten sich Mies van der Rohe und Lange in einer Berliner Galerie kennen. Lange nutzte die Gelegenheit, holte den Bauhaus-Architekten an den Niederrhein und gewann ihn für mehrere Aufträge. In den Jahren von 1927 bis 1930 entstanden die benachbarten Privat-Villen der befreundeten Textilfabrikanten, mit je 1200 Quadratmeter Wohnfläche.

Der Architekt Mies van der Rohe brauchte keine vier Wände, um ein Dach zu halten. Er machte sich die Kenntnisse der modernen Tragwerksplanung zunutze und gestaltete seine Häuser mit Stahlstützen. Erste Vorprojekte zeigen noch komplett verglaste Häuser. „Lange pfiff Mies zurück, er akzeptierte den offenen Grundriss, wollte aber noch Wände für seine Kunst haben“, sagt Bernert.

Ganz konventionell verdunkelte die Familie abends die deckenhohen Fenster zur Straßenseite mit Vorhängen. Die dank Stahlträger maximal großen Fenster zur Südseite lassen sich per Knopfdruck elegant bis in den Keller versenken. Der Raum öffnet sich zum Garten hin, die Trennung von Innen und Außen ist aufgehoben.

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