André Parfenov: Ein Mann für alle Piano-Fälle

André Parfenov ist Repetitor am Gemeinschaftstheater. Aber auch Solopianist und Komponist — zum Beispiel beim Ballett.

Krefeld. Einen Mann für alle Fälle, den hätte mancher gern. Das Theater Krefeld Mönchengladbach leistet sich einen, allerdings mit einer kleinen Einschränkung. Ein Klavier muss schon im Spiel sein, damit André Parfenov zur Tat schreitet. Vor 15 Jahren bereits hat der Russe mit deutschen Wurzeln hier als Repetitor angefangen. Solopianist ist er auch noch, und beide Tätigkeiten übt er in Schauspiel, Oper, Ballett und Konzertwesen aus, also in allen Sparten.

Gerade erregt er wieder einmal überregional Aufmerksamkeit. Die Ballettmusik zur Choreographie „Verlorene Kinder“ von Ballettchef Robert North stammt aus seiner Feder. Das Stück zur Flugzeugkatastrophe von Überlingen, bei der 2002 71 Menschen, darunter 49 Kinder, ums Leben kamen, hat er sogar angeregt. Zurzeit ist es in Mönchengladbach zu sehen, in der nächsten Spielzeit kommt es nach Krefeld.

Parfenov wurde 1972 in Kaliningrad als Sohn einer deutschstämmigen Mutter und eines russischen Vaters geboren. Die Mutter ist Ingenieurin, der Vater Physiker. „Woher meine musikalische Begabung kommt — ich weiß es nicht“, sagt Parfenov mit einem Schmunzeln.

Als der Familie ein Klavier geschenkt wird, setzt sich der kleine André jedenfalls sofort an die Tasten und beginnt zu improvisieren. Sein Talent ist offenbar groß, es reicht, um von der Musik-Spezialschule in Ufa, über 2500 Kilometer vom Geburtsort entfernt, aufgenommen zu werden. Da ist er zehn Jahre alt.

Mit 14 Jahren zieht er nach Moskau um, seine Ausbildung setzt er dort am Musikkolleg Gnesinych mit den Fächern Komposition und Klavier fort. Das letzte Jahr der Kollegzeit muss Parfenov aber gewissermaßen „in der Verbannung“ verbringen. Der Schulleitung gefällt nicht, dass Parfenov beim Komponieren religiöse Formen wie Choräle und Messen bevorzugt.

„Ich kam nach Elektrostal, das ist eine Stunde von Moskau entfernt“, erzählt Parfenov. Am dortigen Kolleg nimmt er dann auch noch den Job des Nachtwächters an. „Da habe ich natürlich die ganze Nacht geübt“, sagt Parfenov. Es hat wohl genutzt, denn 1991 gelingt ihm die Aufnahmeprüfung am Moskauer Tschaikowski-Konservatorium, der renommiertesten Musikhochschule des Landes.

Als die Familie Parfenov 1994 aufgrund der deutschen Wurzeln der Mutter nach Deutschland zieht, muss er sein Studium in Moskau abbrechen. Sein Konzertexamen legt er schließlich 2001 an der Essener Folkwang-Schule ab. Schon vor dem Ende des Studiums beginnt er am Theater als Repetitor.

Mit der Violinistin Juliana Münch bildet Parfenov seit 2009 ein Kammermusikduo, mit dem der Pianist auch außerhalb des Theaters den Erfolg sucht. Im Repertoire findet man nicht nur „gängige“ Komponisten wie Bach, Chopin oder Liszt — nein, Parfenov und Münch spielen auch Parfenov. Ein Instrumentalvirtuose, der seine eigenen Werke spielt, das ist im Klassikbetrieb eher eine Ausnahme.

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