"African Moon": Reise an den Ort der Sehnsucht

Das Stück feiert am Samstag seine Uraufführung in der Fabrik Heeder.

Krefeld. Klischees gehen immer mit auf Reisen — ob an den Ballermann oder nach Bali. Das war auch bei Schauspieldirektor Matthias Gehrt so, als er Mitte der 1990er Jahre erstmals nach Nigeria kam, um dort „König Ödipus“ zu inszenieren. „Eigentlich habe ich Afrika immer gemieden, ich dachte, es sei schwierig, wenn man dort niemanden kennt“, sagt er. „Doch dann habe ich mich diesem Land erstaunlich nah gefühlt.“

Nigeria war in dieser Spielzeit im Fokus des „Außereuropäisches Theaters“ — mit „Hagel auf Zamfara“ von Sefi Atta, einem Stück, in dem eine Frau auf ihre Hinrichtung wartet. Am Sonntag gibt es mit „African Moon“ eine weitere Uraufführung zu sehen. Und auch diesmal geht es um den schwarzen Kontinent.

Gehrt versteht diese Studioproduktion als Ergänzung zu der internationalen Reihe. Der Regisseur will mit „African Moon“ aber einen anderen Blick auf die fremde Kultur werfen — nämlich einen europäischen. Sein guter Freund Gabriel Gbadamosi, ein Dichter, Dramatiker und Radiojournalist aus Großbritannien, hat das Stück für das Theater Krefeld und Mönchengladbach geschrieben.

Gbadamosi — halb Ire, halb Nigerianer — ist in London aufgewachsen und beschäftigt sich in seinen Werken mit dem Thema Migration und Fremdheit. „Das ist sein Lebensthema“, sagt Gehrt. „Er weiß schließlich, wie es sich anfühlt, zwischen den Welten zu stecken. Und er schreibt immer wieder über diese Nahtstelle.“

Für „African Moon“ haben sich Gehrt und Gbadamosi von „Herz der Finsternis“, einer Erzählung von Joseph Conrad, inspirieren lassen. „Darin fährt ein Mann den Fluss Kongo hoch und trifft auf seinem Weg viele irre Weiße“, erklärt Gehrt. „Das Buch diente auch als Vorlage für den Film ,Apocalypse Now’.“

Um eine Reise in unbekanntes Terrain geht es auch bei der Uraufführung am Sonntag. Nora (Marianne Kittel) begibt sich nach Afrika, um Paul (Joachim Henschke), den Onkel ihrer verstorbenen Lebensgefährtin Amy, ausfindig zu machen. Der leitet dort seit vielen Jahren ein abgelegenes Krankenhaus. Afrika war immer Amys Sehnsuchtsort, der Onkel eine idealisierte Vaterfigur. Doch als Nora dort ankommt, trifft sie auf drei europäische Männer, deren Ideal von Afrika längst in Schutt und Asche liegt.

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