Start-up Weltenweber Eine Reise durch die Jahrzehnte mit der Virtual-Reality-Brille

Am Donnerstag veröffentlicht das Start-up Weltenweber sein neues Projekt. Hinter der Digital-Animation steckt viel analoge Arbeit.

 Die Projektarbeit läuft auch mit Hilfe realer Dokumente und Bilder, hier bei Lukas Kuhlendahl sind es historsiche Aufnahmen der Oberrealschule Neuss für ein VHS-Projekt.

Die Projektarbeit läuft auch mit Hilfe realer Dokumente und Bilder, hier bei Lukas Kuhlendahl sind es historsiche Aufnahmen der Oberrealschule Neuss für ein VHS-Projekt.

Foto: Andreas Bischof

Hinterher wirkt alles so leicht und selbstverständlich. Ansonsten wäre die Arbeit der Weltenweber auch umsonst gewesen. Das junge Unternehmen animiert virtuelle Welten für Unternehmen, Museen und andere Einrichtungen. An diesem Donnerstag, 26. September, stellen die vier jungen Leute ihr neues Projekt vor: Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Volkshochschule Neuss haben sie Räume des Hauses aus verschiedenen Jahrzehnten nachgebildet. Wer sich eine Virtual-Reality-Brille überstreift, wandert durch die Volkshochschule im Stil der Gründungszeit, kann in die Nachkriegszeit und später in die 1980er-Jahre wechseln. Das ist so detailgetreu und realistisch, dass die Besucher der fiktiven Welt ihre tatsächliche Umgebung völlig ausblenden.

Was nun so beeindruckend wirkt, war viel Arbeit. Doch was müssen die Weltenweber für ein erfolgreiches Projekt eigentlich tun? Sitzen sie einfach ein paar Monate in ihrem Büro im K2-Hochhaus an der Kleinewefersstraße und klimpern auf der Computer-Tastatur rum? Der Start so einer Zusammenarbeit laufe ziemlich analog, sagt Lukas Kuhlendahl. Er ist Projektmanager des Weltenweber-Teams.

Viele Unternehmen wüssten zwar bereits, wie ihnen virtuelle Realität helfen kann. Sie haben oft erste Erfahrungen mit der Technik. Kunst- und Kultureinrichtungen wissen hingegen erst mal: Wir wollen irgendwas mit virtueller Realität. So ähnlich lief es mit der Neusser Volkshochschule. In Gesprächen mit den Auftraggebern arbeitet das Gründer-Team heraus, was gewünscht ist. „Wir wollen Virtual Reality mit Mehrwert schaffen“, sagt Kuhlendahl. „Etwas, das man nicht anders darstellen kann.“ Das heißt in diesem Fall: Wissen innovativ vermitteln. Zum einen, indem die verschiedenen Räume die Entwicklung der Lehreinrichtung nachzeichnen. Zum anderen, indem Infotexte in die Animation integriert sind.

Steht fest, was gewünscht ist, werden die Weltenweber zu Detektiven der Geschichte. „Wir sind erstmal ins Neusser Stadtarchiv gefahren“, sagt Kuhlendahl. „Wir suchen zum Beispiel historische Aufnahmen von den Dingen, die wir nachbilden wollen.“ Auch Zeichnungen und Grundrisse helfen. „Es geht darum, ein Gefühl für den Raum zu entwickeln“, sagt Kuhlendahl. „Für fast jedes Projekt haben wir einen Außeneinsatz.“ Wenn noch existente Anlagen ein virtuelles Pendant bekommen sollen, schauen sich die studierten Gamedesigner das Original vor Ort an. Das ist freilich etwas einfacher, als nach historischen Dokumenten zu fahnden.

Beim neuesten Projekt für die Neusser Volkshochschule haben die Weltenweber zudem mit Schülern zusammengearbeitet. Gemeinsam haben sie bei einem Workshop in den Ferien Ideen für den 80er-Jahre-Raum entwickelt und diesen animiert.

Bilder aus den 1920er-Jahren
leben am Computer auf

Alle anderen Zimmer animiert das junge Unternehmen Weltenweber im Krefelder Büro. Kuhlendahl hat auf seinem Computerbildschirm die Vorlage für den 20er-Jahre-Raum: das schwarz-weiße Foto eines Klassenzimmers einer Neusser Schule. Dort bot die Volkshochschule in der Anfangszeit ihre Veranstaltungen an. Auf dem Bild drängen sich Kinder in den aufgereihten Schulbänken. An der Wand stehen Holzschränke, daneben ein paar ausgestopfte Tierköpfe.

Kuhlendahl deutet auf den Bildschirm seiner Kollegin Dominica Wester. Darauf ist der Raum noch einmal zu sehen, farbig und dreidimensional. Die Schüler an den Tischen fehlen, ansonsten stimmt die Animation mit vielen Details der historischen Vorlage überein. „Um das zu übertagen, braucht es vor allem ein gutes Augenmaß“, sagt Wester. „Wir gehen Element für Element durch und bauen es nach.“ Wester erklärt es am Schrank. Sie öffnet ein Spezialprogramm und lässt sich einen grauen Würfel auf dem Bildschirm anzeigen. Dann zieht sie mit vielen Mausklicks Ecken und Kanten des Würfels in die passende Form.

Bald ist der rechteckige Schrank samt seinem flach zulaufenden Fuß zu erkennen. Der Entwurf erinnert an das letzte Bild einer Bauanleitung. Noch fehlen die Farben. „Dabei können wir viele Einzelheiten bestimmen: Zum Beispiel, wie abgenutzt oder rau das Holz aussehen soll“, sagt Wester. So ein Schrank ist das Brot- und Butter-Geschäft für die Profis. Doch die Summe der Details nimmt trotz der Routine bei der Tätigkeit am Bildschirm viele Arbeitstage in Anspruch.

Immer wieder ziehen die Weltenweber während der Arbeit selber die Virtual-Reality-Brillen an, um zu testen, ob alles passt. Verschiedene Modelle der klobigen Geräte liegen im Büro rum. Je nach Typ unterscheiden sich die Anforderungen und Möglichkeiten der Darstellung. „Wenn man selber testet, stellt man zum Beispiel fest, dass Größenverhältnisse zwischen Gegenständen noch nicht stimmen“, sagt Wester. Das wichtigste sei, dass das Bild nicht ruckle. Sonst wird den Nutzern schlecht.

Für das neue Projekt in Neuss stimmen nun alle Details. Die Reise durch die Jahrzehnte kann beginnen.

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