Interview mit Paul Keusch „Das Geschäft liegt am Boden, der Verlust ist höher als geplant“

Krefeld · Paul Keusch über Corona, die Pinguine und warum Krefeld eine neue Halle braucht.

 Paul Keusch, Geschäftsführer der Seidenweberhaus GmbH.

Paul Keusch, Geschäftsführer der Seidenweberhaus GmbH.

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

Herr Keusch, wie hat Corona Ihre Arbeit verändert?

Paul Keusch: Wir haben seit dem 9. März so gut wie keine Veranstaltungen mehr. Zwei Drittel von insgesamt 26 Mitarbeitern sind in Kurzarbeit. Die übrige Mannschaft arbeitet an Konzepten, um Veranstaltungen unter Beachtung von Hygiene- und Abstandsregeln möglich zu machen. Denn die meisten Events wurden nicht abgesagt, sondern nur verschoben.

Wann zieht das Geschäft wieder an?

Keusch: Veranstaltungen mit bis zu 300 Personen sind ohne Genehmigung im Seidenweberhaus machbar. Aber die Tickets und Sitzplätze müssen personalisiert sein, um eine Kontaktverfolgung zu ermöglichen. Ab 300 Teilnehmern braucht es ein Hygienekonzept und eine Genehmigung durch die Behörden. Eine Vollauslastung gibt es aber nicht. Unter diesen Bedingungen kann es sich aber für die Veranstalter nicht rechnen. Also liegt das Geschäft am Boden. Der Gastronom im Seidenweberhaus hat mir gesagt, dass er die Situation nur noch bis November durchhält. In der Yayla-Arena dürfen bis Ende Oktober, wie in der ganzen Republik überhaupt, keine Großveranstaltungen stattfinden. Was danach geschieht, ist offen.

Erwarten Sie in diesem Jahr Eishockey mit Zuschauern in Krefeld?

Keusch: Wir hoffen auf den Deutschland-Cup im November. Und wir sind zuversichtlich, dass danach die Deutsche Eishockey Liga mit den Pinguinen wieder an den Start geht.

Die Pandemie trifft die Seidenweberhaus GmbH als Betreiberin von zwei Hallen besonders hart. Wie groß wird der Verlust in diesem Jahr sein?

Keusch: Geplant haben wir ohne Corona mit einem Betriebsverlust von 3,2 Millionen Euro. Darin enthalten sind auch die Zahlungen von jährlich 1,8 Millionen Euro an die städtische Bau GmbH für die Yayla-Arena. Das läuft noch bis 2034, dann ist die Halle, die 2004 für etwa 30 Millionen Euro errichtet wurde, abbezahlt. Wie hoch der zusätzliche Fehlbetrag durch Corona ausfällt, wissen wir noch nicht. Aber wir werden in jedem Fall einen Nachtragshaushalt brauchen, weil es mehr als 130 000 Euro sind, die laut Geschäftsordnung ohne Zustimmung des Aufsichtsrates erlaubt sind.

Wie viele Veranstaltungen hätte es denn gegeben?

Keusch: In beiden Häusern zusammen zwischen 200 und 250, darunter 26 Heimspiele der Pinguine und etwa 25 große Events in der Yayla-Arena. Da geht viel Umsatz verloren. Aber wir sparen auch Geld, denn wir beschäftigen aktuell keine Aushilfen mehr und nutzen bei Festangestellten die Möglichkeit der Kurzarbeit.

Was braucht die Veranstaltungswirtschaft?

Keusch: Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass die Branche einmal derart unter Druck geraten könnte, weil die Menschen das Live-Erlebnis auf dem Eis oder auf der Bühne lieben. Aber mit den strengen Hygieneauflagen funktioniert das Geschäft nicht richtig. Wir werden erst dann wieder Fahrt aufnehmen, wenn es eine Impfung gegen Corona gibt oder wirksame Medikamente.

Der Abriss des Seidenweberhauses ist beschlossen. Wie lange ist ein Betrieb noch möglich?

Keusch: Die Stadt gibt jährlich 500 000 bis eine Million Euro dafür aus, dass hier alles betriebsfähig ist. Das lässt sich noch einige Jahre fortsetzen, obwohl die Szene auf dem Theaterplatz Veranstalter abschreckt. Eine Option als neuer Standort ist ja bekanntlich das Kesselhaus. Daneben gibt es nach meiner Kenntnis drei Interessenten, die eine Halle in Krefeld bauen möchten, wenn die Stadt sie dann wie bei der Feuerwache langfristig mietet. Denkbar ist, Stand heute, dass die Halle 2025 steht.

Wo sollte denn eine neue Veranstaltungshalle ihren Platz finden. Was wäre der ideale Standort in Krefeld?

Keusch: Viele sagen, dass der Willy-Brandt-Platz am Südausgang des Hauptbahnhofes ideal geeignet ist. Entscheidend ist, dass das Haus sich gut vermarkten lässt, dass es eine tolle Architektur hat. Das muss nicht unbedingt mitten in der Stadt sein. Mehr will ich dazu nicht sagen.

Braucht Krefeld eine solche Halle mit etwa 1000 Sitzplätzen überhaupt?

Keusch: Auf jeden Fall. Wo soll denn der Karneval stattfinden, wo Comedy, Parteitage, Tagungen? Das Theater macht Hochkultur. Wir sind für die Trivialkultur und andere Genres zuständig. Auch das gehört zur Daseinsvorsorge und Standortqualität einer Stadt. Deshalb sind auch die Betriebsverluste kein Grund zur Kritik. Unser Defizit im laufenden Geschäft ist für beide Häuser mit etwa 1,3 Millionen Euro im Jahr nicht hoch. Das müssen Sie suchen in Deutschland.

Zwischen der Seidenweberhaus GmbH und den Pinguinen gibt es zur Nutzung der Yayla-Arena einen Vertrag, der bis Mitte 2022 läuft. Was zahlen die Pinguine als Ankermieter pro Jahr?

Keusch: Früher gab es eine Zahlung im mittleren sechsstelligen Bereich. Jetzt gilt eine Summe im höheren fünfstelligen Bereich, also erheblich weniger. Es ist in Krefeld politisch gewollt, den Pinguinen auf diese Weise zu helfen.

Fließt denn jetzt Geld oder heißt es von den Pinguinen mit Verweis auf Corona, wir zahlen nichts mehr?

Keusch: Überhaupt nicht. Das Verhältnis zu den neuen Gesellschaftern ist gut. Das Geld kommt pünktlich, ich habe keinen Grund zur Beschwerde.

Wie läuft die Kooperation mit dem Arena-Partner Yayla?

Keusch: Wir arbeiten seit 2018 zusammen. Die Kooperation ist noch intensiver, als sie mit König Pilsener war. Yayla ist ein familiengeführtes Krefelder Unternehmen, die Nähe ist groß, sehr persönlich. Mitglieder der Familie sind regelmäßig als Besucher in der Halle, sie haben auch eine Eishockey-Loge. Der Vertrag läuft fünf Jahre mit der Option auf zwei Jahre Verlängerung.

Ihr Vertrag wurde jüngst bis Ende 2026 verlängert. Was haben Sie noch vor in Krefeld?

Keusch: Ich bin fast 30 Jahre in der Veranstaltungsbranche tätig. Und es macht mir noch jede Menge Spaß. Ich möchte in Krefeld noch mal richtig durchstarten. Es ist noch nicht alles erledigt, vor allem die Gestaltung des neuen Hauses reizt mich.

Es heißt, Sie seien an Corona erkrankt gewesen. Stimmt das? Und wie geht es Ihnen?

Keusch: Ja, ich habe mich am 8. März bei einem Abendessen angesteckt, zu dem eine Freundin meiner Frau eingeladen hatte. Diese Freundin war am Vortag aus Ischgl gekommen. Wie waren zehn Leute, neun haben sich infiziert. Meine Schwiegermutter, die herzkrank ist, Gott sei Dank nicht. Mir geht es gut, aber so fit wie vor der Infektion bin ich noch nicht wieder.

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