Lebensraum für Insekten Blühende Wiesen aus dem Automaten

Verberg · In Verberg hat die Imkerin Sandra Marzian den ersten Bienenfutterautomaten Krefelds aufgestellt. Der soll schon bald Nachahmer finden.

 Sandra Marzian freut sich über das Interesse an ihrem Bienenfutterautomaten, der am Haus an der Straße Am Kalverpesch steht.

Sandra Marzian freut sich über das Interesse an ihrem Bienenfutterautomaten, der am Haus an der Straße Am Kalverpesch steht.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

„Lass deine Stadt aufblühen“ regt der Aufkleber den Betrachter an. Eine Biene lächelt die Passanten an. Bunte Blüten sind daneben zu sehen. Knallgelb ist der Kasten ansonsten, den man noch aus früheren Jahren allzu gut kennt. Einst warf man hier ein paar Münzen ein und erhielt im Handumdrehen Kaugummi. Heute kann man auf diese Weise ein Stück Natur kaufen. In erster Linie für Wild- und Honigbienen, denn statt Kauware purzelt nun Saatgut für eine kleine Blumenwiese à ein bis zwei Quadratmeter aus der Öffnung heraus. Verpackt ist es in Kapseln, nicht größer als 32 Millimeter.

Den ersten Bienenfutterautomat gab es 2019 in Dortmund

Die Verbergerin Sandra Marzian hat sich einen solchen Bienenfutterautomaten angeschafft und bei sich vor das Haus Am Kalverpesch gestellt. Den eigenen Garten hat sie schon üppig mit den Saaten bepflanzt und ist sehr angetan: „Man sieht, wie eine Kaskade auf den Weg gebracht wird. Die Natur kehrt zurück.“ Den ersten Bienenfutterautomaten gab es im Herbst 2019 in Dortmund mit Samenmischungen und Blumenzwiebeln zum Ziehen. Sebastian Everding hatte die Idee dazu geliefert. Er fertigte die Kästen für die Aktion der Bienenretter an – ein Projekt des Vereins Frankfurter Institut für nachhaltige Entwicklung, der die die Bildungs- und Ökologie-Arbeit leistet. 2011 war das Vorhaben Bienenretter ins Leben gerufen worden. Ziel ist es, eine Blütenvielfalt für heimische Bestäuber-Insekten in die Städte zu bringen. 20 bis 50 Cent kostet so eine Kapsel. Seit 2020 gibt es die gelben Kästen nun für ganz Deutschland zu bestellen, um „alle Orte in Deutschland aufblühen zu lassen“, wie die Initiative schreibt. Die Manufaktur der Bienenretter liefert die Füllware für die Kapseln. Die sozialtherapeutische Werkstätten Gottessegen in Bochum und Dortmund sind in den Prozess eingebunden.

Die Resonanz sei schon groß, wie Sandra Marzian erfahren hat: „Ich werde oft angesprochen. Auch andere Leute wollen nun einen solchen Automaten aufstellen.“ Für die Bienen und Insekten ist bei ihr längst ein gutes Umfeld entstanden. Gegenüber hat der Naturschutzbund mit der dortigen Kindertagesstätte ein Insektenhotel errichtet. Marzian erzählt, wie die Kinder zu ihrem Automaten kämen und Saatgut zögen. Die leeren Kunststoffhüllen sollen im Rückgabe-Fach am Automaten eingesammelt und wiederverwendet werden.

Die Imkerin vertreibt auch Flugzettel mit Infomaterial, wie man Bienen richtig im eigenen Garten beherbergen kann. Was nicht jeder weiß: „Viele Wildbienen nisten in der Erde. Sie bohren sich Gänge ins Erdreich“, sagt Marzian. Die Imkerin aus Verberg verfolgt das Ansinnen mehr Blühflächen zu schaffen, denn eine Wildbiene beschränke sich nur auf einen Lebensraum von höchstens 200 Meter Radius. Weite Strecken lege sie also nicht zurück, anders als ihre Artgenossin, die Honigbiene. Viele Leute legen sich heute jedoch Steingärten an, drängen Wiesen und die wilde Natur immer mehr zurück. Das widerstrebt Marzian total: „Es gibt heutzutage eine Armut an Lebensraum für Insekten. Die Nahrungsgrundlage ist gering. Die Wildbiene braucht ein Angebot“, fordert sie. Die Frau des Krefelder Imkervereins empfiehlt punktuellen Wildwuchs zuzulassen, Beete zu schaffen oder Kübel auf Balkonen zu bepflanzen. Die Saatgut, die in den Kapseln aus dem Automaten fällt, sei genau für die Region am Niederrhein abgestimmt und damit besser geeignet als ähnliche Ware aus dem Supermarkt.

„Die Zeit ist reif für solche Themen. Es ist eine ideale Möglichkeit, die Leute aufmerksam zu machen“, sagt auch Bernhard Ruppert, Vorsitzender des Krefelder Imkervereins: „Die Biene ist angesagt.“ Noch ist der Automat von Sandra Marzian in Verberg der erste seiner Art in Krefeld. In Moers sind bereits derer zwei aufgestellt, in Mönchengladbach einer. Duisburg verfügt ebenfalls über zwei dieser gelben Kästen, Düsseldorf einen. Doch hört man Sandra Marzian und Bernhard Ruppert zu, dann hat die Bewegung gerade erst so richtig Fahrt aufgenommen. Kann gut sein, dass die kleinen Kapseln voller Saatgut bald an mehreren Ecken Krefelds zu haben sind.

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