Krefelder Wahrzeichen Keine Schluff-Fahrten in diesem Jahr

Krefeld · Aufgrund der Corona-Krise ist der Betrieb der historischen Eisenbahn nicht möglich. Für Fans ist das schade, finanziell aber eher ein Vorteil.

 Anke Friedrichs organisiert normalerweise die Fahrten der historischen Eisenbahn. Aktuell bleibt der Schluff im Depot. 

Anke Friedrichs organisiert normalerweise die Fahrten der historischen Eisenbahn. Aktuell bleibt der Schluff im Depot. 

Foto: Andreas Bischof

Jeden Sonntag ist normalerweise zwischen St. Tönis und Hülser Berg das charakteristische Dampf-Geräusch des Schluff zu hören, der dort gemütlich über die Gleise rollt. In diesem Jahr bleibt es allerdings still. Die Bahngleise sind teilweise mit Unkraut überwuchert – und der Schluff hält auch im Sommer Winterruhe in der Werkstatt auf dem Betriebshof der Stadwerke-Krefeld-Mobil an der St. Töniser Straße.

„Unser Schluff gehört aufgrund seines hohen Alters auch zur Corona-Risikogruppe“, sagt SWK-Mobil-Geschäftsführer Guido Stilling, der gleichzeitig auch Geschäftsführer des Schluffvereins ist. Tatsächlich kann Corona der alten Eisenbahn nichts anhaben – den Fahrgästen und Helfern allerdings schon. Daher wurde die Schluff-Saison in diesem Jahr abgesagt, bevor sie überhaupt begonnen hat.  Denn in den historischen Waggons ist nur begrenzt Platz, alle Fahrgäste und Helfer hätten also eine Maske tragen müssen. „Wir sind auf die Hilfe von Ehrenamtlern angewiesen, viele von ihnen gehören zur Risikogruppe, das wollten wir denen einfach nicht zumuten,“ sagt Stilling.

Seit Nikolaus ist der Dampfkessel nun kalt

Mehrere Vereine unterstützen den Schluff, darunter auch die Lebenshilfe in Krefeld. Sie schenken unter anderem Getränke aus, viele Rentner verkaufen die Tickets. All’ das wäre zur Zeit von Corona nicht möglich. Aus Hygieneschutzgründen müsste man sich dann zum Beispiel eine Online-Lösung für den Ticketkauf überlegen. „Das wäre für uns einfach zu aufwändig und entspricht auch nicht dem Charakter des Schluffs“, sagt Stilling. Zudem könnten nur weniger Tickets verkauft werden, um den Abstand zwischen den Plätzen zu gewährleisten.

Auch bei den beliebten Nikolausfahrten, bei denen die Plätze oft weit im Voraus ausgebucht sind, müsste auf viele Programmpunkte verzichtet werden: Wäre es überhaupt möglich, Glühwein auszuschenken? Kann überhaupt ein Nikolaus durch den Zug gehen, muss er dann vielleicht sogar Maske tragen?  Dürfen die Kinder frei rumtoben? Fragen, auf die Stilling aktuell keine genauen Antworten weiß. „Das ist natürlich sehr bedauerlich, auch für die Vereine. Die wollen den Schluff natürlich rollen sehen, aber sie können unsere Entscheidung nachvollziehen.“

Das alles ist besonders traurig, da doch in diesem Jahr das 40-jährige Schluff-Jubiläum gefeiert werden sollte. 1980 hat der Schluff seine erste Fahrt absolviert.  Die große Feier muss ausfallen, soll aber im nächsten Jahr nachgeholt werden. „Wir gehen im Moment fest davon aus, dass wir die Saison im nächsten Jahr ganz normal am 1. Mai 2021 starten“, sagt Stilling. Dann vielleicht mit einem besonderen Programm und einer Sonderausstellung im angrenzenden Schluff-Museum auf dem SWK-Mobil-Gelände. Auch das ist aufgrund der Coronakrise geschlossen.

Fans der historischen Eisenbahn müssen sich also momentan mit den Erinnerungen an die Schluff- Fahrten aus den vergangenen Jahren begnügen. „Der Schluff ist ja schon ein gewisses Wahrzeichen für Krefeld. Da ist das schon bedauerlich, dass das nicht klappt“, sagt Stilling. Viele begeisterte Schluff-Fans würden sonntags an der Strecke stehen und der vorbeirauschenden Lok zuwinken, jetzt starren sie auf leere Gleise.

Damit für den Start im nächsten Jahr alles bereit ist und der Schluff sich seinen Weg nicht durch dichte Dornenhecken bahnen muss, werden die Gleise regelmäßig freigeschnitten. Der alten Lok selbst scheint die Zwangspause wenig auszumachen. „Die wird froh sein, dass sie sich mal erholen konnte“, meint Stilling.  Einige Jahre hat sie ja auf dem Buckel. In Vergessenheit gerät sie allerdings in ihrer Werkstatt mit Sicherheit nicht. Regelmäßig wird sie von Technikern gewartet, eingefettet und geölt. Und auch wenn sie jetzt lange tatenlos ’rum stehen muss, bewegt werden muss sie nicht: „Das ist bei der alten Lok auch alles aufwändiger. Bevor sie rollen kann, müsste der Dampfkessel erst mal drei Stunden aufgeheizt werden.“ Deswegen ist der Kessel seit der letzten Nikolausfahrt im Dezember kalt geblieben.

Arbeitslos sind die Lokführer und Techniker aber dennoch nicht. Stilling erklärt: „Die haben alle noch normale Jobs, meistens beim Rheinhafen oder als Mechaniker bei den SWK, die fahren dann nur freiberuflich sonntags den Schluff.“ Auch finanziell sorgt der Stillstand der Eisenbahn nicht für Probleme – im Gegenteil. Es gäbe ohnehin nur wenige Tage, an denen der Erlös höher sei als die Betriebskosten der alten Eisenbahn. „Jede ausgefallene Schluff-Fahrt bringt uns eher einen finanziellen Vorteil“, gibt Stilling zu.

Trotzdem bleibt bei ihm und vielen Kollegen der SWK-Mobil ein weinendes Auge. Viele sind ebenfalls Mitglied des Schluffvereins und haben sich an das Tuten und Pfeifen vom Hof gewöhnt. Aber der Weg in die Werkstatt ist nicht weit, und die Lok kann sich in diesem Sommer bestimmt über den einen oder anderen Besucher aus dem Team freuen.

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