Krefelder Sportvereine fühlen sich von Stadt ausgebremst

Sport- und Bürgervereine im Nordwesten sind beim Sportkonzept für den Nordwesten enttäuscht von der Verwaltung.

Krefelder Sportvereine fühlen sich von Stadt ausgebremst
Foto: Dirk Jochmann

Die Gemüter kochen über. Sowohl bei den Verantwortlichen der drei Sportvereine Preussen 1855, SC Viktoria 09 und VfR 1920 als auch bei ihren Kollegen der Bürgervereine Inrath und Kliedbruch. Seit November 2016 haben sie an einem Konzept für die Sportstätten im Krefelder Nordwesten gearbeitet, im vergangenen August übergaben sie es der Verwaltung und Politik. „Aber selbst ein Kammmolch, der bei einem Autobahnbau entdeckt wird, bekommt mehr Aufmerksamkeit als das, was Tausende betrifft — das wird nicht gehört“, formuliert Preussen-Präsident Albert Höntges seinen Frust über die Erfahrungen der vergangenen Monate.

Zu dem Papier habe es zunächst wohlwollende Rückmeldungen aus allen Parteien gegeben. Die Stadtsportbund-Spitze habe von einem „Leuchtturmprojekt“ gesprochen, erinnert sich Peter Gerlitz vom Bürgerverein Kliedbruch. Was sich aus der vereinsübergreifenden Zusammenarbeit gebildet hat, habe es „so bis dato noch nicht gegeben“, sagt der Inrather Bürgervereinsvorsitzende Rolf Hirschegger: „Es gibt unterschiedliche Schwerpunkte, aber die Vereine verzahnen sich.“

Peter Gerlitz über seine Sorgen beim Sportstättenkonzept

Man sei mit der vereinsübergreifenden Arbeitsgruppe, zu der auch der Bezirksvorsteher für den Norden, Ralph-Harry Klaer (SPD) gehört, dem Aufruf der Stadtverwaltung gefolgt, dass die Vereine Input für das in der Entwicklung befindliche gesamtstädtische Sportkonzept liefern.

Gespräche über ihr Konzept konnten die Ehrenamtlichen mit der Verwaltung allerdings nicht führen. „Man versucht, uns nicht wahrzunehmen“, kritisiert Gerlitz. Sein Inrather Pendant Hirschegger klagt: „Wir werden als Arbeitskreis abgekanzelt. Jetzt wird uns gesagt, wir seien nicht das Plenum, mit dem die Verwaltung sprechen wird. Wir hätten ja kein Mandat.“ Den Beteiligten sei laut Gerlitz wichtig, „dass die Verwaltung erstens Klartext redet, was ihre Vorstellungen zum Sportkonzept in Krefeld sind, und wir zweitens mit ihnen arbeiten wollen und nicht gegen sie“. Man wolle diskutieren, Lösungen finden und sei zu Kompromissen bereit, sagt er über das Konzeptpapier, in dem unter anderem die nach ihrer Ansicht nötigen Investitionen in die drei Sportstätten Kaiser-Wilhelm-Park, Hubert-Houben-Kampfbahn und Schroersdyk aufgelistet sind (die WZ berichtete).

„Das sind keine Forderungen. Wir haben etwas vorgelegt, über das wir reden wollen“, sagt Gerlitz: „Wir wollen mitgestalten. Und das tun wir ja, indem wir viel Arbeit in die Vereine stecken. Wir wollen nicht nur die Deppen sein.“

Die Tatsache, dass bisher kein Sportkonzept von der Stadt vorgelegt worden ist, bringe die Vereine in eine schwierige Situation, erläutert Markus Eitner, Erster Vorsitzender des SC Viktoria 09: „Wir können uns nicht weiter entwickeln, nicht weiter planen, weil wir nicht wissen, was passiert.“ So gebe es weiter Buschfunk, nach dem auf Teilen der Sportanlagen des VfR Wohnbebauung geplant sein könnte.

Auch Albert Höntges ist nicht sicher, dass die Idee von Häusern auf dem Preussen-Ascheplatz gegenüber der Hubert-Houben-Kampfbahn am Appellweg wirklich vom Tisch ist. Nach massiven Bürgerprotesten sollte nur noch eine Kindertagesstätte neben dem Fußballplatz entstehen. Weil sich in dieser Sache nichts tue, habe er ein komisches Gefühl.

Vieles deute nach Ansicht der Arbeitsgruppe darauf hin, dass die Verwaltung bei der Frage, welche Sportanlagen in Zukunft geschlossen werden beziehungsweise nicht mehr gepflegt werden, nicht auf deren Nutzung und Bedeutung blickt. „Da wird über Bodenrichtwerte gesprochen“, sagt Gerlitz. Es gehe laut seiner Einschätzung primär um die Frage der Vermarktbarkeit der Flächen, zum Beispiel für Wohnbebauung. Die einhellige Meinung seiner Mitstreiter: „Was auf den ersten Blick wie ein ökonomischer Vorteil erscheint, erweist sich aus unserer Sicht als langfristiger Schaden für unsere Stadt.“

Alle drei Sportvereine wachsen: Mit insgesamt rund 1800 Mitgliedern sei fast jeder zehnte Bewohner im Norden Krefelds Mitglied bei Preussen, VfR oder Viktoria. Zudem nutzten die Nachbarn die Sportstätten für Freizeit und Erholung. Bürgervereine und Schulen organisierten hier Feste und vieles mehr.

Sorgen machen sich die Vereinsvertreter über ein Gerücht aus der Verwaltung, dass statt mit den gesamten Sportvereinen mit einzelnen Abteilungen — also Sportarten — gesprochen werde. Die Befürchtung ist, dass solchen Gruppen „interessante Angebote“ gemacht werden würden, diese auf andere Sportstätten abwandern und damit die Vereine, wie sie dann übrig blieben, geschwächt seien. „Das wirkt wie bei Heuschrecken-Investoren, die Unternehmen aufkaufen, um sie dann zu zerschlagen — auf Kosten der betroffenen Menschen“, sagen die Arbeitsgruppen-Mitglieder. Preussen-Präsident Albert Höntges vermutet sogar, dass dem Verein auf der Hubert-Houben-Kampfbahn bewusst Schwierigkeiten gemacht werden.

Preussen will zwei Boulebahnen bauen, hatte den Antrag im April 2017 gestellt und eine Genehmigung bekommen. Eine Firma ist beauftragt, das Material bestellt. Nun habe es bei einem Ortstermin vom Grünflächenamt geheißen, „dass die Bahnen unter den großen Bäumen wegen der Baumsatzung nicht gebaut werden dürfen“. Gerlitz: „Wir haben die Vermutung, dass man diejenigen, die nicht nach der Pfeife tanzen, am langen Arm verhungern lässt.“

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