Leben in der Innenstadt Kein Autoverkehr auf Museumsplatz

Krefeld · Unterstützt von 90 überwiegend Anwohnern des Karls- und Joseph-Beuys-Platz wollen SPD und Grüne die Verkehrsführung dauerhaft ändern. Wegen der neuen politischen Mehrheiten stehen die Chancen dafür gut.

 Der Joseph-Beuys- und der Karlsplatz sind im September der Öffentlichkeit übergeben worden. Für den Verkehr ist der Museumsplatz gesperrt.

Der Joseph-Beuys- und der Karlsplatz sind im September der Öffentlichkeit übergeben worden. Für den Verkehr ist der Museumsplatz gesperrt.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

In aller Stille ist coronabedingt der umgestaltete Karls- und Joseph-Beuys-Platz vor dem Kaiser-Wilhelm-Museum eröffnet worden. Auch ohne viel Öffentlichkeit nehmen die Menschen der Innenstadt das neue Angebot an, sitzen erzählend zu Zweit im gebührenden Abstand auf den Bänken, bei noch wärmeren Temperaturen rannten Kinder durch die Wasserfontänen und Besucher tranken einen heißen Kaffee an einem der Tische des Bioladens „Karl’s Naturkost“. Kein Auto fuhr auf der östlichen Seite in Richtung St.-Anton-Straße. Das soll nach Willen von SPD und Grünen auch so bleiben – und damit eine fünfjährige kontroverse Diskussion über die Verkehrsführung auf dem Platz enden.

Bioladen und neue Gastronomie wollen den Platz beleben

Mit neuen politischen Mehrheiten im Stadtrat packen die beiden Fraktionen unterstützt von den Linken das heiße Thema wieder an. „Die Sperrung der östlichen Seite für den motorisierten Verkehr hat für den Verkehrsfluss in diesen Bereich keinerlei negative Folgen gezeigt“, resümiert Bürgermeister Karsten Ludwig (Bündnis 90/Die Grünen), der neu in die Bezirksvertretung Mitte gewählt worden ist. Die Sperrung würde nach seinen Worten die Möglichkeit eröffnen, den Platz für attraktivere Nutzung wie beispielsweise Gastronomie zu erschließen und ihn weiter zu beleben. 

Rückendeckung bekommt er unter anderem von Rachid Kayhil, dem Betreiber des Bioladens: „Das wäre schön, dann wäre viel mehr möglich auf dem Platz; bislang mussten die Gäste und ich immer in die Mitte des Platzes laufen, aber dann könnten sie auch vor dem Laden sitzen.“ In Kürze soll in dem Eckhaus zur Marktstraße ein weiteres Café entstehen, das ebenso gerne den Platz für Außengastronomie nutzen möchte, sobald es – abhängig von der Entwicklung der Corona-Pandemie und vom Wetter – wieder möglich ist.

„Der Platz wird erst zum richtigen Platz, wenn der Autoverkehr außen vor bleibt“, erklärt Brigitta Heidtmann, Künstlerin und Anwohnerin, die gemeinsam mit Gaby Baltha einen offenen Brief zum Thema „kein Autoverkehr auf dem Museumsplatz“ an Politik und Verwaltung verschickt hatte. Unterzeichnet ist er von etwa 90 Krefeldern, die dort zumeist wohnen oder ihre Geschäfte haben. Sie alle sprechen sich dafür aus, dass der Platz nun konsequenterweise, entgegen der alten Beschlusslage des Stadtrates, vom Autoverkehr beidseitig und auf Dauer freigehalten sein sollte.

Nur so könne man in ihren Augen verhindern, dass der Platz zugeparkt werde oder schneller als Tempo 10 dort gefahren würde. Als Beispiele nennen sie die Virchowstraße vor der Fabrik Heeder und den Platz An der Alten Alten, beide als Spielstraße ausgewiesen. „Dennoch halten sich die dort durchfahrenden Autos weder an Tempo 10 noch an Parkverbote, Eingänge werden zugeparkt, Passanten der Weg versperrt, Außengastronomie behindert und Radfahrer verdrängt“, so Brigitta Heidtmann. Sie spricht sich für eine „fahrradgerechte Stadt“ aus. Die Künstlerin hatte sich mit zahlreichen Anwohnern und Bürgern dafür eingesetzt, dass der Museumsplatz für den Verkehr geschlossen wird; während eine andere Anwohner-Initiative sich vehement dafür eingesetzt hat, dass der Westwall – so ihre Argumentation – wieder vollständig für den Verkehr freigegeben werden müsse. Der nun Umwege fahrende Schleichverkehr sei eine Zumutung für das Viertel.

Der Umgestaltung des Karlsplatzes ist eine jahrelange Diskussion voran gegangen. Das im Herbst 2015 vorgestellte Planungskonzept des Büros Kraft.Raum hat keine Mehrheit in den politischen Gremien gefunden. Vor allem die komplette Schließung des Platzes vor dem Kaiser-Wilhelm-Museum stieß auf weitreichende Ablehnung sowie der angedachte neue Standort der Kaiser-Wilhelm-Statue an die Ecke Marktstraße sowie die goldgelbe Bänderung im Pflaster – in Erinnerung an einen Seidenteppich.

Der städtische Fachbereich Tiefbau hatte daraufhin kurzerhand die Planung selber übernommen und die gewünschten Änderungen der Politik eingearbeitet. Im November 2016 stellte die Verwaltung die geänderte Planung im Bauausschuss vor und wies darauf hin, dass die Aufenthaltsqualität nur erhöht werden könne, wenn der Verkehr deutlich eingeschränkt werden würde.

Ihr Vorschlag: Auf der östlichen Fahrspur (vom Südwall aus Richtung Nordwall) soll nur noch Schrittgeschwindigkeit gelten; auf der gegenüberliegenden Seite vor dem Museum kein Verkehr mehr zugelassen sein.

Der Vorlage der Verwaltung wurde nur mehrheitlich zugestimmt, weil die SPD eine weitere Verkehrsprüfung ein Jahr nach Eröffnung des neuen Platzes vorgeschlagen hatte. Davon ist nun nicht mehr die Rede. Nur die FDP in der Bezirksvertretung Mitte fordert noch die Erstellung eines Verkehrskonzeptes für den gesamten Westwall.

Dass der neue Museumsplatz für den Verkehr dauerhaft geschlossen werden könnte, hatte im vergangenen Juli schon die neue Wählergemeinschaft „wir Krefeld“ vermutet. Sabine Höntzsch hatte darauf hingewiesen, dass der gesamte Platz einschließlich beider früherer Fahrspuren mit einem Edelstahlband durchzogen worden ist, obwohl der früheren politischen Beschlüsse nur die Platzmitte damit ausgelegt werden sollte.

Zu dem von ihr geforderten damaligen Baustopp ist es allerdings nicht gekommen. Und im nächsten Jahr folgt aufgrund der politischen Mehrheiten vermutlich auch die dauerhafte Schließung für den motorisierten Verkehr. 

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