Stadtplanung Architekt Eberlein: „Bäume sind so wichtig, wir müssen sie schützen“

Der 54-Jährige spricht sich für ein Umdenken bei Bauprojekten aus. Wie schwierig das allerdings ist, erfuhr er selbst, als er alte Gehölze auf einem Grundstück an der Uerdinger Straße in ein Projekt integrieren wollte.

 Architekt Ingolf Eberlein im Besprechungsraum seines Büros in Uerdingen.

Architekt Ingolf Eberlein im Besprechungsraum seines Büros in Uerdingen.

Foto: Andreas Bischof

Ingolf Eberlein ist in der dritten Generation Architekt in Krefeld. Er kennt somit allein schon aus der Familienhistorie jene Zeiten, in denen es niemals möglich gewesen wäre, den alten Baumbestand von Grundstücken in die architektonische Gebäudeplanung einzubeziehen statt ihn abzuholzen.

Und auch an seine Vergangenheit als angestellter Architekt kann er sich in diesem Zusammenhang erinnern. Er wäre nach eigenen Angaben vom Hof gejagt worden, wenn er dieses Ansinnen artikuliert hätte: „Die Frage stellte sich gar nicht. Damit wäre das Projekt für uns tot gewesen.“

Heute ist eine andere Zeit angebrochen, müsste man meinen. Doch der 54-Jährige schaut sein Gegenüber mit jenem Blick an, der da vermitteln will: Wie naiv bist du eigentlich?! „Bei der Bauträgermentalität geht es um den höchsten Grad der Nachverdichtung“, sagt er deshalb unzweideutig. Auch wenn es in seiner Zunft sehr wohl auch eine innovative Weitsicht gebe. „Ich glaube, dass wir sehr gute Architekten haben. Aber sie müssen mutiger werden und sagen: Wir wagen das!“

Doch selbst Eberlein hat als angesehener, selbstständiger Experte mit seinen Vorstellungen „grüner Architektur“ auf Granit beißen müssen – ausgerechnet bei der Stadt. Als er an einem Workshop der Wirtschaftsförderung Krefeld (WFG) zum Thema „Healthy Building Network“ (ein Innovationsnetzwerk und eine Wissensplattform, die auf gesundes Bauen spezialisiert ist) teilgenommen hatte, sei er von einem potenziellen Investor angesprochen worden, der auf der Suche nach einem Grundstück für einen modernen Büroneubau in der Innenstadt gewesen sei.

Eberlein wusste von einem Grundstück an der Uerdinger/Ecke Dürerstraße in städtischem Eigentum. Seine Frage dazu: „Warum ist solch ein Grundstück in dieser Lage seit 70 Jahren unbebaut?“ Und natürlich hat er auch die Antwort parat: „Grund können nur die Bäume sein.“

Bürogebäude ist in den Baumbestand eingebettet

Also entwickelte er ein Bürogebäude und integrierte den Baumbestand in seine Pläne. Auch eine zweizügige Kita hätte dabei verwirklicht werden können, nicht aber eine vierzügige, wie sie die Verwaltung gefordert habe. „Dann hätten wir den Baukörper verändern und viele alte Kastanien geopfert werden müssen. Mindestens die Hälfte der Bäume müssten weg“, glaubt er. Insgesamt steht dort nach seiner Angabe etwa ein Dutzend Bäume. „Wenn sie klassisch bauen möchten, geht es nicht anders, als sich von den Bäumen zu verabschieden. Aber eigentlich haben wir an dieser Stelle die beste Möglichkeit zu zeigen, dass es auch anders geht.“ Eberlein zog die Pläne zurück, vermutet nun aber, dass genau dies bei künftigen Planungen so kommen wird.

Auf seinen Plänen sieht der Betrachter, wie das Gebäude harmonisch in die vorhandene Baumlandschaft eingebettet ist und die Fassaden recht nah an den Gehölzen stehen. Beschädigt durch den Baukörper würden die Wurzeln nicht. Warum das so ist, will der Uerdinger Architekt nicht verraten. „Das ist Teil meines Geheimnisses.“

Auch Ingolf Eberlein hat früher eher auf klassische Architektur gesetzt – abgesehen von seinem bunten Wohnhaus in Oppum (siehe Kasten). Nach dem Studium des Buches „Das Geheime Netzwerk der Natur“ habe aber bei ihm ein Umdenken eingesetzt. „Ich habe eine neue Sichtweise auf die Natur bekommen. Bäume sind so wichtig, wir müssen sie schützen. Die monetären Interessen müssen zurückgestellt werden.“ Eberlein geht sogar noch einen Schritt weiter: „Unser Lebensraum wird immer mehr eingeschränkt. Ich glaube, dass Bäume Allgemeinwohl sind.“

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