Medikamenten-Preisbindung Krefelder Apotheker kritisieren Urteil

Die Branche fürchtet um ihren Bestand, nachdem die Preisbindung für Medikamente in Deutschland zum Teil aufgehoben wurde.

Medikamenten-Preisbindung: Krefelder Apotheker kritisieren Urteil
Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Der Europäische Gerichtshof hat die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente gekippt. Die heimischen Apotheker freut das ganz und gar nicht. „Dieses Urteil ist für die Öffentlichen Apotheken ein schwerer Schlag“, erklärt Silke Völker, stellvertretende Pressesprecherin der Krefelder Apotheken. „Was den ausländischen Versandhandels-Apotheken als wettbewerbsfördernd uns gegenüber dargestellt wird, ist nun für Apotheken in Deutschland zu einem Wettbewerbsnachteil geworden. Denn uns ist es weiterhin untersagt, Rabatte auf verschreibungspflichtige Medikamente zu geben“, erläutert Völker.

Auch Karl Bedau, Kreisvertrauensapotheker, sieht das Urteil sehr kritisch. „Ein Versender in den Niederlanden versendet nach niederländischem Recht zu Lasten deutscher Krankenkassen und kann das deutsche Recht damit umgehen.“

Bedau sieht dies als klaren Wettbewerbsnachteil für die niedergelassenen Apotheken, weil der Preiskampf gegen die Versandapotheken gar nicht gewonnen werden kann. „Der niederländische Versender setzt auf die Geiz-ist-geil-Mentalität.“ Da die heimischen Apotheken mit Beratung punkten könnten und das Vertrauen ihrer Kunden genießen, bliebe dem „armen“ Versender nichts anderes übrig, als am Preis zu drehen. „Ich wundere mich, dass ein Gericht so viel Mitleid aufbringt“, sagt Bedau.

Silke Völker weist darauf hin, dass die Apotheken in Deutschland im Auftrag der Regierung die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln versorgen sollen. Dazu gehörten wichtige Aufgabenfelder wie die Notdienstversorgung rund um die Uhr, die Herstellung individueller Rezepturen, die pharmazeutische Betreuung der Patienten sowie eine gewisse Vorratshaltung für Notsituationen, wie Pandemien oder Stromausfallkatastrophen.

Um das sicherstellen zu können, sei ein hoher finanzieller und organisatorischer Aufwand notwendig. Da sei es nicht zu viel verlangt, einen gewissen Rückhalt von Seiten der Politik zu bekommen, findet Völker.

Ein Szenario macht Bedau besonders Sorgen: „Es wäre zu befürchten, dass jetzt Krankenkassen hingehen und massenhaft ihre Versicherten anschreiben und sagen: Geht mal alle schön zu einer Versandapotheke, da können wir Geld sparen, und dafür bekommt ihr einen Bonus.“ Die Versicherungsbeiträge würden im Inland erwirtschaftet werden, aber die Versandapotheken zahlten nicht in deutsche Sozialsysteme ein. „Wo zahlen die überhaupt die Mehrwertsteuer? Das hat mir auch noch keiner so richtig beantworten können.“

Der niederländische Mehrwertsteuersatz liege bei Arzneimitteln bei sechs Prozent, in Deutschland seien es 19 Prozent, alleine deshalb könnten die Versender schon 13 Prozent Preisvorteil bieten. Hoffnung mache den Apothekern die Aussage von Gesundheitsminister Gröhe. Dieser sagte kurz nach dem Gerichtsurteil: „Für die Menschen in unserem Land ist Qualität und Sicherheit in der Arzneimittel-versorgung unabdingbar mit einem flächendeckenden Netz wohnortnaher Apotheken verbunden.“

Genau dieses flächendeckende Netz sieht Bedau nun gefährdet. „Derzeit gibt es rund 60 Apotheken in Krefeld. Die Versorgung ist gut, wenn nicht sehr gut. In ein paar Jahren sind es vielleicht nur noch 30, 25 oder 20.“

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