Krefeld Was wird aus dem Fahrrad-Chaos am Hauptbahnhof?

Der Verstoß gegen das Abstellverbot ist die Regel. Doch geahndet werden die Vergehen nicht. Neue Abstellmöglichkeiten sollen im kommenden Jahr geschaffen werden.

 Fahrräder am Hauptbahnhof in Krefeld: Schilder der Deutschen Bahn machen darauf aufmerksam, dass dort eigentlich keine Fahrräder abgestellt werden dürfen.

Fahrräder am Hauptbahnhof in Krefeld: Schilder der Deutschen Bahn machen darauf aufmerksam, dass dort eigentlich keine Fahrräder abgestellt werden dürfen.

Foto: Sebastian Paschold

Ein ganz normaler Werktag mitten in der Woche. Auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs scheint so ziemlich jede Möglichkeit, ein Fahrrad anzuschließen, ausgereizt. Im Bereich Kino und Taxistand sind die Verkehrsschilder besetzt. An einer Laterne vor dem Gebäude ist ein Verbotsschild der Deutschen Bahn angebracht. „Fahrrad abstellen verboten, bitte nutzen Sie die Radstation“, ist dort zu lesen.

Der Text wirkt angesichts der zahlreichen Zweiräder wie ein Witz. Seit Jahren ist der Bereich wohl nicht frei von Fahrrädern gewesen. Wer an der Reihe der Räder entlang geht, könnte auf den Gedanken kommen, dass manches Exemplar dort schon länger steht. „Die Situation vor dem Hauptbahnhof (Haupteingang) zeigt deutlich, welcher Mindestbedarf an Fahrradabstellanlagen dort besteht“, sagt Andreas Domanski, Vorsitzender des Kreisverbandes des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Krefeld-Viersen. Aber wo können Radfahrer ihr Gefährt abstellen und was ist für die Zukunft geplant? Fragen und Antworten zum Thema.


Drohen Strafen? Laut Aussage der Stadt müssen Radfahrer nicht mit Strafen rechnen, wenn sie ihr Zweirad vor dem Hauptbahnhof abstellen. „Sie können nicht verwarnt werden, da der Eigentümer nicht ermittelt werden kann“, teilt ein Stadtsprecher gegenüber unserer Redaktion mit. Solange die Fahrräder keine Rettungswege versperren oder Blindenleitspuren zustellen, gebe es auch keine rechtliche Handhabe, das Fahrradparken zu unterbinden, erklärt Andreas Domanski. „Die Bahn wäre außerdem schlecht beraten, restriktiv gegen ihre eigenen Kunden vorzugehen“, so der Vorsitzende des ADFC.


Wen stört das „wilde Fahrrad-Parken“?
Für blinde oder sehbehinderte Menschen können die Fahrräder, die an der Absperrung zur Straße „Am Hauptbahnhof“, in Richtung Hansa-Centrum, stehen, eine Gefahr darstellen, da dort entlang die Blindenleitspur verläuft, erklärt Monika Freyer, zweite Vorsitzende des Blinden-Fürsorgevereins in Krefeld. Darauf macht auch ein Hinweisschild aufmerksam: „abstellen verboten — Blindenleitspur“.


Welche „offiziellen“ Abstellmöglichkeiten gibt es?

Die durch die Diakonie betriebene Radstation bietet rund 350 Plätze für Fahrräder. Ein Tagesticket kostet ein Euro, eine Monatskarte zehn und ein Jahresabo 90 Euro. Die Auslastung liegt bei 80 bis 85 Prozent, erklärt Ludger Firneburg, Geschäftsführer der Diakonie Krefeld und Viersen. Viele der Kunden seien Berufspendler. Am Südausgang sind einige Fahrradständer zu finden, außerdem sind dort — wie in vielen Stadtteilen auch — Boxen von „Dein Radschloss“ aufgestellt worden. Am Hauptbahnhof sind es 24, teilt die Stadt mit. Interessierte können einen „trockenen und sauberen Abstellplatz“ mit erhöhtem „Diebstahlschutz“ buchen, heißt es auf der Internetseite von „Dein Radschloss“. Ein Tag kostet ein Euro, ein Monat 15, ein Jahr 90 Euro. Der Vorteil: Die Anlage kann rund um die Uhr per Pin oder Chipkarte genutzt werden. Die Radstation hat zurzeit montags bis freitags von 5.30 bis 22 Uhr geöffnet. Bietet aber auch persönlichen Kontakt, Fahrradverleih und einen Werkstatt-Service an. Eine „Dein Radschloss“-Box können Interessierte im Internet buchen.


Was ist in Zukunft geplant?
Die Stadt plant, 65 Fahrradständer für 130 Fahrräder auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs zu installieren. „Die endgültige Genehmigung durch die Deutsche Bahn steht jedoch noch aus“, teilt Stadtsprecher Manuel Kölker dazu mit. Eine entsprechende Anfrage unserer Redaktion bei der Deutschen Bahn blieb zunächst unbeantwortet. Im Jahr 2020 sollen aber auch noch andere Planungen beginnen. Dann sei die Planung einer „Mobilitätsstation“ am Südausgang vorgesehen, „so dass dann die Krefelder Radstation dahin umsiedeln kann“, kündigte Stadtplaner Norbert Hudde an. Ein Umzug sei auch nötig, macht Ludger Firneburg von der Diakonie deutlich. Unter anderem gebe es in einem Tunnel, der ebenfalls genutzt werde, Probleme mit Schimmel und Feuchtigkeit.

Was sagt die Diakonie als Betreiber zu den Plänen?

2018 hatte die Diakonie erklärt, aus wirtschaftlichen Gründen, ohne weitere Unterstützungen der Stadt, schließen zu müssen. Monate später gab es die Entwarnung, es gab eine Einigung mit der Stadt. Im Rahmen der Planungen für die neue Mobilitätsstation werde es erneut Gespräche geben, erklärt Ludger Firneburg. Gerne würde man weiter eine Radstation betreiben — unter räumlich besseren Bedingungen, man sei zuversichtlich. Die Station bietet arbeitslosen Menschen die Chance der Qualifikation, eine Steigerung des Selbstwertgefühls und die Erhöhung der Chance auf eine Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Der persönliche Kontakt zu zum Beispiel Pendlern, die täglich kommen, sei für die Mitarbeiter ein wichtiger Aspekt. Menschen, die in der Langzeitarbeitslosigkeit „unsichtbar“ seien, bekämen so Anerkennung. Und auch Kunden würden den Service schätzen. Bei der Planung einer neuen Station könnte die Diakonie mit Erfahrungen helfen — etwa bei der Frage der benötigten Räumlichkeiten. Nach Monaten der Suche sei zuletzt die Werkstatt wieder mit einem Zweiradmechaniker besetzt worden. Die seien gar nicht so einfach zu finden, erklärt Karsten Ludwig, Sprecher der Diakonie Krefeld-Viersen. Zudem gebe es den Kundenwunsch, das die Öffnungszeiten ausgeweitet werden. Dafür sei zurzeit allerdings nicht genug Personal finanzierbar, erklärt Ludger Firneburg weiter. Der Geschäftsführer der Diakonie würde bei einer neuen Radstation mehr Kapazitäten einplanen, weil er glaube, dass der Radverkehr zunehme. Zudem soll auch die Krefelder Promenade in Zukunft am Südausgang entlang führen. Und: „unter Klimaaspekten“ wäre es „wünschenswert eine Radstation zu betreiben“, die kostenlos genutzt werden kann, so Firneburg.

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