Haus der Seidenkultur Von der Kunst der Textilfärberei

Krefeld · Die Vernissage der neuen Ausstellung „Purpurschnecke und Färberwaid“ im Haus der Seidenkultur wird live übertragen.

 Kuratorin Ulrike Denter hinter einer Vitrine mit Färbeutensilien im Haus der Seidenkultur an der Luisenstraße.

Kuratorin Ulrike Denter hinter einer Vitrine mit Färbeutensilien im Haus der Seidenkultur an der Luisenstraße.

Foto: abi/Andreas Bischof

Das Plakat hat Signalwirkung. Es zeigt ein übergroßes Schneckenhaus, das von leuchtend rote in blaue Töne übergeht. „Purpurschnecke und Färberwaid“ heißt die neue Ausstellung im Haus der Seidenkultur. Sie zeigt die Entwicklung der Textilfärberei; angefangen von ersten Farbexperimenten in der Jungsteinzeit über die historische Farbküche des Mittelalters bis hin zu den ersten synthetisch hergestellten Farbstoffen ab Mitte des 19. Jahrhunderts.

Chemikerin und Textilforscherin Ulrike Denter hat die Exponate für das Haus kuratiert. In zwei Räumen sind in Vitrinen, auf Abbildungen und Dokumenten teils interessante und teils witzige Informationen zusammengetragen. Es gibt Indigo-Proben aus Indien, Bengalen und Java zu bestaunen und Model für den Stoffdruck. Manche Farbstoffe wurden aus Gewürzen gewonnen. Kurkuma oder Safran liegen in kleinen Schalen zur Ansicht bereit. Zu jedem Exponat weiß die Kuratorin etwas zu erzählen. „Der für die Purpurfärberei notwendige rote Stoff war die kostbarste Farbe des Altertums. Sie wurde aus den Drüsen der Atemhöhlen der Purpurschnecken, die im Meer leben, gewonnen“, erklärt Denter. Schon lange vor der Gründung Roms produzierte man Purpur im Mittelmeerraum, sicher schon um 1600 vor Christus.

Der Färberwaid ist eine alte Farbstoff-liefernde Pflanze für „Blau“. Bereits in der Jungsteinzeit wurde aus ihm der blaue Farbstoff Indigo hergestellt. Färberwaid wuchs in den Steppengebieten Südosteuropas und Westasiens. Interessant ist auch der Färberkrapp, aus dessen Wurzeln roter Farbstoff stammt. Denter: „Die Uniformhosen der Soldaten der französischen Revolution bekamen durch ihn ihre leuchtende Farbe.“

Ein besonderes Exponat der Ausstellung ist das Fragment einer koptischen Wolltunika, eine Decke, in die im siebten und achten Jahrhundert die Toten eingewickelt wurden. „Durch einen glücklichen Umstand ist dieses Exponat als Schenkung ins Haus der Seidenkultur gelangt.“ Als Färbemittel wurde vermutlich Krapp verwendet, dessen Färbungen in diesem alten Stück von trübem Rot bis Braun reichen.

Ursprünglich waren die Färber als Lohnwerker für die tuchverarbeitenden Zünfte tätig und somit strengen Regelungen unterworfen. „Hohe Strafen waren die Folge, wenn eine Färbung nicht den geforderten Qualitätsansprüchen genügte. Dies ging bis hin zum Abhacken einer Hand“, erklärt Denter.

In der „Vorschrift zum Färben von Krapp-Purpur“ geht es dann weniger blutrünstig, sondern eher witzig zu. „Die Wolle ist mit Waid vorgefärbt und wird mit Krapp überfärbt. Wenn die Wolle von der Blauküpe kommt, bestreue sie mit Asche und trample nach Handwerksbrauch darauf herum. Dann wasche die geblaute Wolle mit angeschlemmtem Töpferton. Anschließend wird sie in Brackwasser gespült und mit Alaun angesotten.“

Die Ausstellung wird — auch in diesen Zeiten — viele Leute erreichen. Dafür gehen die Macher im Haus der Seidenkultur (HdS) neue Wege, denn statt der üblichen 50 können nur 15 Besucher dabei sein: „Die Vernissage wird am 23. August ab 11 Uhr erstmals als Live-Stream im Internet übertragen. Wenn Corona bedingt nur wenige Leute ins Museum kommen können, kommen wir halt zu den Besuchern“, freut sich Dieter Brenner, Sprecher im Haus der Seidenkultur, über die Premiere einer Live-Übertragung. „Dazu stehen mehrere Kameras bereit.“ Der Covestro Foto-Film-Club ist mit seinem Vorsitzenden Wolfgang Volker vor Ort und wird nicht nur die Vernissage aufnehmen, sondern im Rahmenprogramm musikalische Höhepunkte letztjähriger HdS-Veranstaltungen, wie Bandoneon-Klänge, einspielen. Brenner: „Wir zeigen 90 kontrastreiche Minuten, live und in Farbe.“

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