Krefeld verliert den Anschluss

Die hiesige Industrie- und Handelskammer hat eine Studie zur Wirtschaft am Niederrhein vorgestellt. Krefeld braucht neue Gewerbeflächen, urteilen die Experten.

Krefeld verliert den Anschluss
Foto: Andreas Bischof

Krefeld, Mönchengladbach, der Kreis Viersen und der Kreis Neuss entwickeln sich weniger dynamisch als vergleichbare Regionen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. Demnach liegt die Region bei Faktoren wie der Arbeitslosenquote und dem Wirtschaftswachstum hinter deutschen Spitzenregionen und auch hinter dem nordrhein-westfälischen Durchschnitt.

In ihrer Analyse „Der Mittlere Niederrhein im Regionenvergleich“ nimmt die hiesige IHK ihren Kammerbezirk — also eben Krefeld, Mönchengladbach und die Kreise Viersen und Neuss — unter die Lupe und vergleicht ihn anhand von 24 volkswirtschaftlichen Indikatoren mit anderen deutschen Regionen ähnlicher Größe. „Das Ergebnis zeigt, dass der Niederrhein zwar großes wirtschaftliches Potenzial hat“, erläutert IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Wenn wir mit deutschen Spitzenregionen mithalten wollen, müssen wir allerdings die Bedingungen weiter verbessern. Die Region kann mehr.“

Nach Ansicht der Wirtschaftsexperten gibt es aber auch positive Erkenntnisse. So zeichne die Unternehmen am Niederrhein eine überdurchschnittliche Produktivität aus. „Das bedeutet, dass die Betriebe effizient arbeiten und gut aufgestellt sind“, sagt Steinmetz.

Die Studie mache andererseits aber auch deutlich, dass die Region bei der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts sowohl gegenüber den Vergleichsregionen als auch dem bundesdeutschen Durchschnitt Boden verloren habe. „Selbst NRW insgesamt weist ein höheres Wirtschaftswachstum auf“, sagt Steinmetz. Daher fordert die IHK eine stetige Weiterentwicklung der guten Verkehrsinfrastruktur.

Positiv schneidet Krefeld bei der Einzelhandelszentralität ab. Das heißt: Die Stadt lockt immer noch Kunden aus dem Umland an. Was die Krefelder selbst angeht, ist das Thema Kaufkraft aber zum Teil schwierig. Immer noch gibt es einen nicht für diese Menschen persönlich, sondern auch für die Wirtschaft schwierigen sozialen Aspekt: Arbeitslosigkeit bleibt ein Problem.

Das Bild bei der Lage auf dem Arbeitsmarkt ist dabei ambivalent. „Die Beschäftigtenzahl steigt, und die Arbeitslosigkeit sinkt“, erläutert Steinmetz. Im Schnitt sei die Entwicklung in den Vergleichsregionen sowie in Deutschland insgesamt allerdings besser. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit am Mittleren Niederrhein ist laut IHK sogar höher als in NRW. Das habe auch eine überdurchschnittlich hohe Sozialhilfequote zur Folge. Besonders die Zahl der jungen und älteren Langzeitarbeitslosen sei in der Region hoch.

Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK

Auch im Hinblick auf öffentliche Haushalte beschreibt die IHK-Studie Licht und Schatten. „Gerade die regionale Wirtschaft sorgt durch ihre Steuerzahlungen dafür, dass die Region kein Einnahmeproblem hat“, betont Steinmetz. Dennoch machen die Kommunen überdurchschnittlich hohe Schulden. „Für die Wirtschaft ist es wichtig, dass die Städte und Gemeinden solide Finanzen aufweisen, sonst können wichtige Infrastrukturprojekte nicht realisiert werden“, erklärt Steinmetz.

Im Vergleich zu anderen Standorten seien die Arbeitsmarktlage und das Wirtschaftswachstum in Krefeld wenig erfreulich. „Das Bruttoinlandsprodukt ist seit 2007 nominal zurückgegangen“, erklärt Steinmetz. Die Arbeitslosenquote war im Jahresdurchschnitt 2016 höher als in Mönchengladbach. Vor einigen Jahren lag Mönchengladbach noch zwei Prozentpunkte über dem Krefelder Wert.

„Das hat auch damit zu tun, dass in der Stadt jahrelang keine vorausschauenden Gewerbeflächenpolitik betrieben wurde“, ist Steinmetz überzeugt. Dabei sei Krefeld aus Sicht des IHK-Hauptgeschäftsführers eigentlich ein „hervorragender Wirtschaftsstandort“.

„Die Seidenstadt benötigt Gewerbeflächen“, bezieht er Stellung. Im Hinblick auf das geplante interkommunale Gewerbegebiet mit Meerbusch, müssten verbindliche Verabredungen getroffen werden, damit in die konkrete Planung eingestiegen werden könne. „Der erste Spatenstich sollte 2025 sein.“ Red

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