Krefelds Bäume Verein warnt vor Baumsterben in Krefeld: „Das ist eine Abwärtsspirale“

Die Bürgeraktion Baumschutz fürchtet um Krefelds grünen Bestand. Wenn die Stadt nicht konsequent handelt, werde es im Zuge des Klimawandels in zehn Jahren keine großen, alten Bäume mehr in der Stadt geben.

 Bernd-Dieter Kraft (l.) und Uwe Wolniewiez setzen sich für Krefelds Bäume ein.

Bernd-Dieter Kraft (l.) und Uwe Wolniewiez setzen sich für Krefelds Bäume ein.

Foto: Dirk Jochmann

42 abgestorbene Bäume müssen in den kommenden Wochen allein im Schönwasserpark, im Crönpark und im Zoo gefällt werden. Das hat die Stadt vor Kurzem mitgeteilt. „Überall ist derzeit zu sehen, dass bei der langen Trockenheit auch die Altbäume an ihre Grenzen kommen. Auch mit tiefreichenden Pfahlwurzeln erreichen sie oft nicht mehr das Grundwasser“, teilten Kommunalbetrieb und Stadt auf Nachfrage mit. Tausende Bäume sind in Folge der Dürre durch den Klimawandel vom Absterben bedroht. Die WZ sprach mit Bernd-Dieter Kraft und Uwe Wolniewiez von der Bürgeraktion Baumschutz über die Situation und mögliche Maßnahmen.

Was ist das Besondere der Stadtbäume?

Uwe Wolniewiez: Stadtbäume sind die Klimaschützer in der City. Sie schlucken Feinstaub, Schadstoffe und Lärm. Sie spenden Schatten, kühlen ihre Umwelt und erhöhen die Luftfeuchtigkeit. Bäume sind von existenzieller Bedeutung für das Wohlbefinden und die Lebensqualität in der Stadt.

In welchem Zustand sind Krefelds Bäume?

Wolniewiez: Sie sind in einem sehr schlechten Zustand. Durch den Klimawandel ist es wärmer geworden, Hitze und Trockenheit bereiten ihnen Stress und setzen ihnen zu und sie werden anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Aber auch durch schlechte, unsachgemäße Pflege leiden die Bäume in Krefeld.

Bernd-Dieter Kraft: Die Allee- und Straßenbäume sind nach unserer Beobachtung besser in Schuss und gepflegt als die Bäume in Parks und Randstreifen – zum Beispiel auf dem Mittelstreifen des Europarings.

Woran liegt das Ihres Erachtens?

Kraft: An unsachgemäßer, schlechter Pflege; die damit beauftragten Leute machen oftmals den Eindruck, dass die dazu nicht ausgebildet sind.

Können Sie Beispiele dafür nennen?

Kraft: Ja. Zum Beispiel katastrophale Baumschnitte, Da werden Gehölze mit der Motorsäge 50 Zentimeter vor dem Boden abgeschnitten. Das ist kein Gehölzschnitt, sondern Vandalismus. Wenn Äste gekappt werden müssen, wird auf Astring geschnitten, die vorhandene Schutzzone bleibt erhalten und es bleiben keine „Kleiderhaken“ stehen. Die sterben ansonsten ab und dienen Bakterien als Eintrittspforte in den Baum.

Wolniewiez: Auch werden Bäume oftmals zu hoch aufgeastet. Besonders im Straßenbereich ist das Freihalten des Lichtraumprofils zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht notwendig. Dabei werden zumeist ganze Astpartien entnommen. Im Fußgängerbereich gilt 2,50 Meter als Maß, die werden in Krefeld vielerorts nicht erfüllt. Werden zu viele untere Äste abgenommen, können sich die Bäume nicht mehr selber beschatten und sie kriegen Sonnenbrand. Wie bei vielen Buchen derzeit. Ihre Rinde stirbt ab und die Bäume sterben.

Kraft: Eine falsche Baumpflege verursacht neue Kosten und Schäden, das ist eine Abwärtsspirale.

Was erwarten Sie von Krefelds neuem Klimaschutzkonzept, das im Herbst vorgestellt werden soll?

Kraft: Nicht viel. Im Entwurf steht zwar als Forderung die Aufstockung des Grünflächenunterhalts zur Gewährleistung/ Verbesserung der personellen und materiellen Ausstattung, aber keine konkreten Handlungsvorgaben. Baumpflege ist Klimaschutz, die ist aber nicht im Klimaschutzkonzept enthalten.

Was können die Stadt und Oberbürgermeister Frank Meyer, der die Stadt noch grüner machen will, zum Erhalt der Bäume tun?

Wolniewiez: Die richtige Fragestellung lautet nicht, was können sie tun, sondern was müssen wir machen, damit wir unser Grün erhalten. Bei solchen Sommern, wie in den vergangenen zwei Jahren, werden wir in fünf bis zehn Jahren unsere Parks nicht wiedererkennen. Nach den Baumfällungen in den kommenden Monaten werden die verbleibenden Bäume noch stärker der Sonne und Hitze ausgesetzt sein, weil die ihnen bislang Schatten spendenden Nachbarn fehlen. Das bedeutet noch mehr Stress für sie. Das grüne Erbe der Samt- und Seidenbarone verpflichtet, da muss die Stadt was für tun.

Und was?

Kraft: Den Etat für die Baumpflege aufstocken und gutes Personal einstellen, um die Missstände abzubauen. Es müssen zur Bewässerung mehr Tankwagen angeschafft werden oder das Bewässern noch mehr an Fremdfirmen vergeben werden.

Eigentümer der 75 000 Stadtbäume ist die Stadt, die Untere Naturschutzbehörde vergibt die Aufträge, der neue Kommunalbetrieb Krefeld als reiner Dienstleister führt die Grünpflege aus. Funktioniert diese Aufgabenverteilung?

Kraft: Beide Stellen brauchen einfach mehr Personal: der KBK, um die Pflegearbeiten ordnungsgemäß ausführen zu können, die Untere Naturschutzbehörde, damit sie die Grünpflege wie auch die Bauarbeiten, die von der KBK ausgeführt werden, kontrollieren können.

Woran machen Sie das fest?

Kraft: Erst gerade sind bei Baggerarbeiten an der Friedrich-Ebert-Straße die Wurzeln von Schnurbäumen beschädigt worden. Dabei war im Auftrag Handschachtung vorgegeben, die beauftragte Firma ist aber mit dem Bagger rangegangen. Kein Einzelfall. Die Stadt kann derzeit diese notwendigen Kontrollen personell gar nicht leisten.

Was ist das Ziel Ihres Vereins?

Kraft: Der Verein hat sich der Rettung und dem Schutz von Bäumen verschrieben. Wir kämpfen für die Erhaltung des Baumbestandes unserer Stadt und um die Erhaltung möglichst vielfältiger Grünflächen – zur Erholung und zum Wohl aller Bürger unserer Stadt. Die Verschiebung der Klimazonen stresst unsere heimischen Bäume hier, vor allem die Fichte, Buche, Bergahorn, Birke, Eschen, Kastanien und Platanen.

Wolniewiez: Durch eine schlechte und unsachgemäße Pflege haben die Bäume es noch schwerer. Durch ein Sparen bei der Baumpflege am falschen Ende wird der Schaden immer größer und wir werden die großen Bäume verlieren. Deshalb kämpfen wir um jeden Baum.

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