Natur und Umwelt Krefeld und Forstwald — ein Bund fürs Leben

Forstwald · Der Landschaftspark im Südwesten der Stadt bietet viele Wege und viel Grün für eine längere Erholungstour.

 Im Forstwald gibt es ein Hochzeitswäldchen, in dem Brautpaare einen Baum pflanzen können.

Im Forstwald gibt es ein Hochzeitswäldchen, in dem Brautpaare einen Baum pflanzen können.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Ein „Hochzeitswäldchen“ begrüßt den Besucher, bevor er über die Plückertzstraße kommend den Forstwald betritt. Frisch Vermählte können sich hier verewigen. Auch diejenigen, die eine besondere Verbundenheit mit ihrem Hain verspüren. Mehrere Bäume sind schon in Reih’ und Glied gepflanzt. Manchen ist die andauernde Trockenheit anzusehen, andere haben ihr nun braunes Laub des Vorjahres gar nicht erst abgeworfen. Diejenigen, die erblühen, sind aber in der Überzahl. Wenn man die kahlen Gestrüppe daneben sieht, so hofft man, dass die Liebe der Spender noch nicht erloschen sein möge.

Der Bund fürs Leben, der hier im „Hochzeitswäldchen“ zur Schau gestellt wird, lässt sich auch gut und gerne auf die Bewohner des Krefelder Stadtteils übertragen, die sozusagen mit der Natur und ihrem Hauswald eine Symbiose eingegangen sind, wie auch Michael Gobbers, Vorsitzender des Bürgervereins, glaubt: „Die Menschen bleiben hier wohnen bis es nicht mehr geht.“ 3700 sind es derzeit. Mit hoher Wahrscheinlichkeit trifft man sie beim Spaziergang durch den Wald. 70 Prozent der regelmäßigen Besucher wohnen in einem Kilometer Entfernung. Die Randlage, die Abgeschiedenheit, die knappe Infrastruktur. Man muss das Leben am Waldesrand schon mögen.

Unbenutzt: Überreste
eines Trimm-Dich-Pfades

Gleich zu Beginn des Forstwaldes wenige Meter hinter dem „Hochzeitswäldchen“ aber kreuzt erst einmal ein Wanderweg, der vor allem auch für Läufer und Spaziergänger, aber auch für Radfahrer und Reiter genutzt wird. Der Blick nach rechts und links ist für jeden Jogger hier bereits gang und gebe. In beiden Richtungen führt der Wanderweg hinein in das Unterholz. Er schlängelt sich vorbei an breiten Bäumen. Hier und da liegen geschlagene meterdicke Stämme am Wegesrand. Entlang der Straße dienen sie auch als Planken gegen Parker. Irgendwo kann man noch die Überreste eines früheren Trimm-Dich-Pfades erkennen. Dieser wird aber schon lange nicht mehr genutzt.

Der Wind rauscht durch das Laub, die Sonnenstrahlen haben Mühe, ihren Weg durch die Wipfel zu bahnen. Wer abends schon einmal im Forstwald unterwegs war, der weiß, wie schnell es finster werden kann, weil nicht einmal der Mondschein eindringen kann. Die Lichter der Häuser in der Ferne dienen dann als Orientierung wie die Leuchtfeuer für Seefahrer, wenn man sie gerade noch erspähen kann. Die Wege führen kreuz und quer durch das Unterholz. Wie Kapillaren durchziehen sie den Wald. Trampelpfade hier, weite Schotterwege dort. Alleine ist man tagsüber im Forstwald nie. Die Spuren des Menschen sind überall. Auf den Streifen erblickt man Wanderer, Läufer oder Hundehalter, die ihre Vierbeiner ausführen. 40 bis 90 Minuten, so hat es der frühere Stadtförster Arno Schönfeld-Simon in einem Bericht 2018 geschrieben, hält sich der durchschnittliche Waldgänger hier bei einem Besuch auf. Kommen, um zu bleiben. Das trifft nicht nur auf die Einwohner des kleinen Stadtteils zu.

In diesen Frühjahrstagen erstrahlt der Forstwald in einem frischen Grün — soweit das Auge reicht. Das Spiel von Licht und Schatten, die saubere Luft — wer Erholung sucht in diesem Hain, wird sie problemlos finden. Anders als der Stadtwald ist der Forstwald nicht weitflächig mit Gastronomie und Freizeitangeboten kombiniert. Nicht-Ortskundige können sich auf den vielen Pfaden und Weggabelungen auch bei Tageslicht verirren.

An anderer Stelle, dort wo früher die britischen Soldaten am Stockweg kaserniert waren, erobert sich der Wald sein Territorium nach und nach zurück. Das Gelände liegt brach. Das Tor rostet vor sich hin. Innen schießen Sträucher, Büsche und Unkraut ungestört in die Höhe. Alte Masten säumen die Forstwalder Straßen und leiten den Strom in die Siedlungen, die den Hain abrupt beenden. Überhaupt gilt: Die Grenzen des Waldes sind wie mit dem Lineal gezogen. In der Zivilisation scheint er nur geduldet.

Der Forstwald ist keineswegs ein Naturwald, sondern eine Kulturlandschaft, die Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt wurde. Der Krefelder Kaufmann Gerhard Schumacher beauftragte den Architekten Maximilian Friedrich Weyhe 1822 mit der Errichtung eines Landschaftsparks. Das Forsthaus baute Schumacher als seinen Jagd- und Sommersitz. Erst entstand ein Kiefernwald, der aber wenige Jahre später den Flammen zum Opfer fiel. Ab 1850 wurde dann ein Mischwald aufgeforstet. Erst 1894 war die Umwandlung der früheren Heide in einen Wald abgeschlossen. Der Name Forstwald soll auf einen Ursprung als „Vorster Wald“ zurückgehen. Auch heute liegen Teile des Gehölzes noch auf Willicher und Tönisvorster Gebiet. 133 Hektar macht der Hain im Westen der Stadt aus.

Auch heute steht die Erholungsfunktion für die Stadtmenschen an oberster Stelle. Sternförmig gehen die Alleen vom Forstwaldhaus aus in alle Richtungen. Auf den Spaziergängen kann man auch Jahrhunderte alte Befestigungen erkunden. Die Landwehr, noch aus dem Spätmittelalter zur Wahrung des Landfriedens errichtet, hatte einst bis zu fünf Meter Differenz zwischen Wall und Graben. Heute dient sie Kindern mitunter als Abenteuer-Piste mit ihren Fahrrädern. Die Wehr steht unter Denkmalschutz. In den Kämpfen am 23. Juni 1758 („Schlacht um Crefeld“) und schon in den Gefechten um 1642 im Dreißigjährigen Krieg diente sie den Verteidigern als Schutz.

Der Wald soll in Zukunft etwas ausgedünnt werden, erzählt Michael Gobbers. Das Unterholz soll liegen bleiben und das Leben anderer Arten gewährleisten. Wer aber den Forstwald schon zur Genüge kennengelernt hat, der solle doch bitte auch mal ein paar hundert Meter weiter gehen. In den Südpark, auf der anderen Seite der Hückelsmay. Ein Waldstück, das auch einige Spazierwege bietet, aber „noch ein Schattendasein führt“, wie Gobbers meint.

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