Debatte um Rassismus Straßennamen mit NS-Bezug sind in Krefeld bis heute zu finden

Krefeld · Straßennamen mit Verbindungen zur Zeit des Nationalsozialismus sind in Krefeld noch einige zu finden. Der Umgang damit kann umstritten sein.

 Die Rembertstraße in Bockum erinnert an den Geschichtsschreiber und Heimatkundler Karl Rembert. Ein Zusatzschild verrät, dass er auch rassistische Schriften verfasst hat.

Die Rembertstraße in Bockum erinnert an den Geschichtsschreiber und Heimatkundler Karl Rembert. Ein Zusatzschild verrät, dass er auch rassistische Schriften verfasst hat.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

In der benachbarten Kreisstadt Viersen soll eine Kommission prüfen, ob Straßen oder Plätze nach „historisch fragwürdigen Persönlichkeiten“ benannt sind. Bündnis 90/Die Grünen haben das vor dem Hintergrund der weltweiten Debatte um Rassismus beantragt, die im Mai nach dem gewaltsamen Tod des US-Amerikaners George Floyd entbrannt ist. In Krefeld gibt es bereits seit 2012 eine solche Kommission.

„Sie hat verschiedene Benennungen geprüft und dem Rat Empfehlungen unter anderem für Umbenennungen bzw. Zusatzschilder gegeben“, berichtet Dirk Senger vom Presseteam der Stadt. Im Fokus standen bei den Überprüfungen Namen und Vergehen aus der NS-Zeit. „In drei Fällen wurden Zusatzschilder montiert“, berichtet Senger. So beim Heimatschriftsteller Otto Brues, der 1933 das „Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler“ unterzeichnete und für die nationalsozialistische Kulturzeitschrift „Rheinische Blätter“ tätig war. Der Axel-Holst-Weg (benannt nach einem Turnierreiter, der auch SS-Sturmführer war) wurde gestrichen, der Carl-Diem-Weg (der prominente Sportfunktionär schwärmte im Zweiten Weltkrieg vom „Sturmlauf“ durch Frankreich) wurde als einzige Straße umbenannt – heute ist es der Hubert-Houben-Weg. Ein Zusatzschild gab es auch für die Rembertstraße: Benannt ist sie nach dem ehemaligen Leiter des Museums Burg Linn, Karl Rembert, der laut Senger eine national-konservative Gesinnung hatte.

Der Auftrag an die Kommission wurde im Mai 2019 erweitert: Es soll eine Liste verdienter Persönlichkeiten erstellt werden, die im Zuge künftiger Namensgebungen von Straßen, Gebäuden und Einrichtungen geehrt werden können. Dies soll möglichst gleichmäßig nach Frauen und Männern geschehen. Die bisherigen Aufgaben der Kommission sollen dabei weitergeführt werden. Der interfraktionelle Antrag wurde damals einstimmig beschlossen.

Die erweiterte Kommission unter der Leitung von Archivleiter Olar Richter hat ihre Arbeit mittlerweile aufgenommen. Sie tagt nach Auskunft von Dirk Senger alle zwei, drei Monate. Es werden von ihr neue Vorschläge für Straßennamen sowie vorhandene Straßennamen diskutiert und auch einer historischen Analyse unterzogen. „Namen mit einem Bezug zur Kolonialzeit sind nicht bekannt“, berichtet Dirk Senger.

Düsseldorf streicht den Straßennamen, Krefeld nicht

Anders als in Düsseldorf ist in Krefeld die Hans-Günther-Sohl-Straße im Gewerbegebiet Fichtenhain nicht umbenannt worden. Der spätere Thyssen-Chef, seit 1933 NSDAP-Mitglied, war 1942 zum „Wehrwirtschaftsführer der Reichsvereinigung Eisen“ ernannt worden. Die Krefelder Kommission hatte sich 2015 gegen eine Umbenennung ausgesprochen, da Sohl als Mitläufer eingestuft wurde.

Umstritten können auch Persönlichkeiten sein, die mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun hatten. Genannt sei etwa Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852), nach dem die Vater-Jahn-Straße benannt ist. Der „Turnvater“ strebte eine Förderung der physischen und moralischen Kraft des deutschen Volkes im Kampf gegen Napoleon an – er war aber auch ein Nationalist, der gegen die „Überfremdung“ durch Juden und Ausländer wetterte.

Dass Umbenennungen keine einfache Sache sind, darauf hat schon 2012 das Buch „Schildbürger“ aufmerksam gemacht, das Georg Opdenberg in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv verfasst hatte. Oft werde dabei mit zweierlei Maß gemessen, heißt es darin. So wurde die 1919 so getaufte „Hindenburgstraße“ in Krefeld gestrichen – „Am Feierabend“ durfte dagegen bleiben, obwohl damit an eine Unterorganisation der Deutschen Arbeitsfront erinnert wird. Und Kaiser Wilhelm, dessen Namen das Kunstmuseum trägt, prägte den Satz: „Gegen Demokraten helfen nur Soldaten.“

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