Polizei ermittelt So wurde eine Krefelderin von falschen Kammerjägern reingelegt

Vermeintliche Schädlingsbekämpfer haben in Krefeld zugeschlagen. Eine Betroffene berichtet, wie sie um rund 1300 Euro erleichtert worden ist.

 Wespennester sind nicht immer willkommen. Um sie versetzen oder entfernen zu lassen, braucht es aber eine Genehmigung der Stadt.

Wespennester sind nicht immer willkommen. Um sie versetzen oder entfernen zu lassen, braucht es aber eine Genehmigung der Stadt.

Foto: dpa-tmn/Patrick Pleul

Zwei vermeintliche Kammerjäger entfernen ein Wespennest an einem Einfamilienhaus und verlangen plötzlich dafür mehr als das Zehnfache des sonst üblichen Preises: 1300 Euro. Sandra Roeren hat das Geld bezahlt. „Hätte ich gesagt, ich rufe jemanden, weiß ich nicht, wie sie reagiert hätten“, sagt die 41-jährige Krefelderin. Sie sei schließlich alleine mit ihren beiden Kindern zu Hause gewesen. Nach dem Vorfall am Montag hat Roeren eine unruhige Nacht. Sie recherchiert, weil sie nicht schlafen kann und stößt im Internet auf ähnlich dubiose Rechnungen und Fälle. Und sie ärgert sich über sich selbst. Denn die 41-Jährige ist offenbar auf Betrüger reingefallen.

Davon geht auch die Krefelder Polizei aus. Am Dienstag warnen die Beamten vor „betrügerischen Kammerjägern“. Denn neben dem Fall am Immenhofweg im Stadtteil Inrath/Kliedbruch ist aus Bockum ein ähnliches Vorgehen gemeldet worden. Dort verlangten die mutmaßlichen Schädlingsbekämpfer nach ihrer Arbeit bei einer Anwohnerin der Glockenspitz sogar 1450 Euro. Keine Einzelfälle in NRW, auch wenn der finanzielle Schaden außergewöhnlich zu sein scheint: Die Verbraucherzentrale hatte bereits Mitte Juli vor betrügerischen Schädlingsbekämpfern gewarnt. Um Wespennester zu entfernen, seien Preise zwischen 80 und 150 Euro inklusive Anfahrt üblich. Den Verbraucherschützern seien aber Fälle bekannt, bei denen bis zu 700 Euro berechnet wurden.

Der dubiose Wespen-Einsatz dauert nur 30 Minuten

Auch am Haus der Familie Roeren dauerte der Wespennest-Einsatz nicht länger als 30 Minuten. Doch wie ist es überhaupt dazu gekommen? Sandra Roeren und ihre Familie finden nach einem Urlaub immer wieder lebendige und tote Wespen im Haus. Dann entdeckt die 41-Jährige ein Nest an Gaube des Kinderzimmers. Ihr Mann kennt einen Schädlingsbekämpfer in der Region, die 41-Jährige gibt den Namen bei der Suchmaschine Google ein – und wählt die erste Rufnummer, die ihr angezeigt wird. Erst nach dem Betrug fällt ihr auf, dass der Eintrag, der als Anzeige gekennzeichnet ist, nichts mit dem eigentlich gesuchten Unternehmen zu tun hat. „Schädlingsbekämpfung Krefeld – Professionelle Hilfe“ ist zu lesen. Dazu wird eine Handynummer angezeigt.

Zunächst hören sich die Kosten, die der 41-Jährigen genannt werden, auch noch einigermaßen überschaubar an. 49 Euro für die Anfahrt und eine Einsatzpauschale in Höhe von 249 Euro. Später erklärt das Duo, dass die Materialkosten für „die Kartuschen“ bei vier Mal 199 Euro liegen würden. „Habe ich Ihnen doch gesagt“, habe einer der Männer gesagt. Dazu sei ihr eine verdächtige Rechnung vorgelegt worden. Darauf vermerkt ist unter anderem eine „kostenlose Nachuntersuchung innerhalb von zwei Wochen“ und „zwei Jahre Garantie“. Roeren bezahlte schließlich mit einer EC-Karte, ein entsprechendes Lesegerät hatten die mutmaßlichen Kammerjäger dabei.

„Die 1300 Euro sind wohl weg“, sagt Sandra Roeren einen Tag später. Ihr Mann habe einen Anwalt eingeschaltet. Die 41-Jährige hatte nach dem Vorfall die Polizei informiert, ihre EC-Karte sperren lassen und sich bei einem seriösen Schädlingsbekämpfer erkundigt. Der bestätigte, dass der Einsatz maximal 150 Euro gekostet hätte und dass normalerweise die Kosten in Rechnung gestellt und nicht vor Ort per EC-Karte bezahlt würden.

Auch wenn sie das Wespennest entfernt hätten, hätten die beiden Männer gleich zu Beginn schon „dubios“ gewirkt. Unter einer Art Imker-Kleidung hätten einer eine lange und einer eine kurze Jogginghose getragen, erklärt Roeren. Die Polizei habe ihr bestätigt, dass sie mit Ihrer Anzeige „alles richtig“ gemacht habe. Die Beamten ermitteln wegen des Verdachts auf Wucher, erklärte eine Sprecherin der Polizei gegenüber unserer Redaktion. Sandra Roeren wolle in Zukunft vorsichtiger sein. Sie hoffe, dass durch die Veröffentlichung ihres Falls weitere Betrügereien verhindert werden können.

Die Verbraucherzentrale NRW hatte zuletzt geraten, Anbieter mit einer Festnetznummer aus der Region zu wählen. 0800-Nummern und Handynummern sollten gemieden werden. Außerdem solle niemals sofort bezahlt werden. Kunden hätten das Recht, die Rechnung überprüfen zu lassen. Wespen stehen unter Artenschutz und ihre Nester dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen vom Fachmann entfernt werden. Dazu erteilt die Stadt Krefeld Genehmigungen. „Die meisten Nester stellen keine Gefahr dar, auch wenn sie zum Beispiel ein Fliegengitter oder ähnliches nötig machen“, heißt es bei der Stadt. Experten beraten am „Wespen-Telefon“ unter 02151 864488. Erst wenn nichts anderes mehr geht, werde ein Nest umgesetzt.

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