Kabarett So war der Auftritt von Hazel Brugger in Krefeld

Krefeld · Hazel Brugger brilliert im Seidenweberhaus mit Schlagfertigkeit und Spontaneität – wenn man sich auf den trockenen Humor einlässt.

 Hazel Brugger lockte mit ihrem neuen Soloprogramm so viele Besucher an, dass die Kulturfabrik den Auftritt ins Seidenweberhaus verlegen musste.

Hazel Brugger lockte mit ihrem neuen Soloprogramm so viele Besucher an, dass die Kulturfabrik den Auftritt ins Seidenweberhaus verlegen musste.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Wer Hazel Brugger aus der Heute-Show als rotzfreche Außenreporterin kennt und liebt, die Politiker mit überraschenden Fragen satirisch aufs Kreuz legt, ist am vergangenen Freitagabend im Seidenweberhaus zunächst vielleicht etwas enttäuscht. Erst bei der Zugabe ihres zweiten Soloprogramms Tropical, als sie das Publikum zum Fragen animiert, brilliert sie mit all ihrer Schlagfertigkeit und Spontaneität.

Zunächst muss man sich jedoch erst einmal auf ihren trockenen unaufdringlichen Humor einlassen, der mal vermeintlich infantil, dann wieder hintersinnig, aber stets treffsicher um die Ecke kommt. Denn die in den USA geborene und in der Schweiz aufgewachsene Slam-Poetin, Stand-up-Komödiantin, Kabarettistin, Moderatorin und Autorin besitzt die in der Szene eher seltene Gabe, mit Geist statt flachen Witzen oder gar Star-Allüren zu agieren.

Das Publikum kennt sie aus „Heute-Show“ und „Die Anstalt“

Es braucht seine Zeit, bis sich das Publikum auf den höflichen Charme und den etwas spröden Humor der Schweizerin mit der Schnodderigkeit der in Köln wohnenden Rheinländerin arrangiert. Brugger tickt mit ihren erst 25 Jahren völlig anders als ihre Altersgenossen. Ihr rutscht allenfalls ein altersgemäßes „cool“ heraus. Ansonsten spricht sie in wohlfeinem Deutsch, absichtlich gewürzt mit Dialekten wie Kölsch.

Von der Reife und selbstverständlichen Lässigkeit her wirkt sie wie ein langjähriger Profi mit der Aura einer 40-Jährigen. Eine, die ihr Publikum stets im Griff hat. Extrem selbstbewusst, tiefenentspannt, abgeklärt und frei von jeglicher nervtötenden Hektik. Aber eben nicht frei von Hirn, weshalb sie in anspruchsvollen TV-Sendungen regelmäßig ran darf. Neben der Heute-Show zum Beispiel als Gast in der ZDF-Satiresendung Die Anstalt.

Schon in jungen Jahren ist sie dekoriert mit Titeln wie dem Deutschen Comedy-Preis, dem Deutschen Kleinkunstpreis, dem Kabarett-Preis Salzburger Stier als jüngste Gewinnerin, sowie dem Swiss Comedy Award. Mit den vielen Auszeichnungen kleiner regionaler Bühnen gibt sie sich gar nicht erst ab. Schon mit 17 stand sie auf einer Poetry-Slam-Bühne im Schweizerischen Winterthur. Zwei Jahre danach wurde sie Schweizer Meister im Poetry-Slam. Ihr Studium der Philosophie und Literatur gab sie auf.

Wegen der großen Nachfrage einen zweiten Auftritt vereinbart

Derzeit tourt sie durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Mit Erfolg. In Krefeld wurde wegen der großen Nachfrage gleich ein zweiter Auftritt vereinbart, den die Kulturfabrik ins Seidenweberhaus verlegen musste, damit 900 Besucher dort einen Platz fanden.

Solche Vorschusslorbeeren muss man sich allerdings zunächst einmal verdienen, was Brugger denn auch tut. Im Mittelpunkt ihrer One-Woman-Show steht sie selbst. Als Tochter eines Schweizer Neuropsychologen und einer Englischlehrerin sowie Schwester zweier Brüder gibt sie einen Einblick in Erziehung und Familienleben. „Unser Verhältnis liegt zwischen Liebe und Erpressung“, sagt sie. Und: „Meine Eltern lieben Kinder. Das habe ich aber erst jetzt festgestellt, als mein Bruder Nachwuchs bekam“, sagt sie und bemerkt, dass sie nun entthront wurde.

Auch zu anderen Verhältnissen nimmt sie Stellung. „Deutschland tut oft so, als wäre die Schweiz ein Hämorrhoiden-Säckchen, was daran baumelt“, heißt es da. Auch die Katholische Kirche kriegt ihr Fett weg: „Der Papst würde sich nie auf ein Date mit mir einlassen. Ich bin 20 Jahre zu alt – und weiblich.“ Dem ein oder anderen Besucher bleibt bei solchen Sprüchen schon einmal die Luft weg.

Großartig ist ihr pantomimisches Talent, mit dem sie ihre intelligenten, oft bissigen Wortspiele unterstützt. „Dort, wo es wehtut, fängt das echte Lachen doch erst richtig an.“ Am Ende gibt es Beifall pur.

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