Ehrenamt So helfen Ehrenamtler im Stadtarchiv

Krefeld · Zwei Männer unterstützen bei Arbeiten, die sonst niemand machen würde – und entdecken sich dabei selbst.

Ob für Kinder oder Senioren, im Bereich Umwelt oder Kultur – man trifft sie immer wieder: die Ehrenamtler. Doch welche Rolle spielen sie in den Krefelder Institutionen? Der stellvertretende Leiter des Stadtarchivs, Christoph Moß, lässt Wilfried Sahlmann und Thomas Sieben von ihren Erfahrungen berichten. Im Archivwesen ist der Einsatz von ehrenamtlichen Kräften mittlerweile sehr verbreitet. Sahlmann ist einen Tag pro Woche vor Ort, während Sieben an seinen freien Tagen etwa fünf bis sechs Stunden da ist.

Ohne Ehrenamtler würden viele Aufgaben liegen bleiben

Das Archiv kann als das Gedächtnis der Stadt gesehen werden. Altes Schriftgut, Unterlagen von Vereinen, Parteien, Unternehmen und Verbänden sowie Nachlässe bedeutender Persönlichkeiten – dort werden die Vergangenheit und Gegenwart der Stadt gebündelt. So auch die Reden früherer Bürgermeister, wie Dieter Pützhofen von der CDU, aus dessen Amtsjahren 1982 bis 1989 und 1994 bis 2004. Ihre Archivierung ist nun Sahlmanns Aufgabe. 17 Jahre hat er bereits geschafft. Er kann die Reden auch als Ergänzung seiner eigenen Erinnerungen verwerten. Seit 1980 lebt er in Krefeld: „Ich finde heraus, was ich damals nicht wahrgenommen habe, beziehungsweise die Sicht der Politik dazu.“ Mit Pützhofens Reden existiert eine zentrale Quelle der Nachkriegszeit, sagt Moß.

Mit Sahlmann konnte das Archiv einen früheren IT-Berater für sich gewinnen. Im Zuge seiner Pensionierung wuchs das Interesse, sich jetzt ehrenamtlich einzusetzen. Im Gepäck hat er sein Vorwissen in puncto Datenverarbeitung. Im März 2019 verwirklichte er seinen Wunsch mit Unterstützung des Freiwilligenzentrums Krefeld und kam zum Stadtarchiv – für ihn ein noch recht unbekannter Ort.

Indes war Sieben, bis 2020 noch Lehrer an der Freien Waldorfschule, immer wieder ein Gast des Archivs: „Hier konnte ich meiner Freude an Fotos nachgehen, in erster Linie mit Motiven zu Eisenbahnen oder Straßen.“ Er erinnert sich, dass es teilweise schwierig war, Fotos zu finden – das ändert sich. Heute dokumentiert er die fotografische Vergangenheit von Axel Gayk. Über 30 Jahre war der Fotograf auch für die WZ auf Achse. 2011 überreichte Gayk rund eine Million Negative an Olaf Richter vom Stadtarchiv. Sieben digitalisiert die Zelluloid-Aufnahmen und versieht sie mit Schlagworten. Zu jedem Bild sucht er die jeweilige Tageszeitung heraus, um die Informationen abzugleichen, denn Gayk hatte die Fotos nur grob nach Monaten sortiert. „Eine Fleißarbeit, die noch lange kein Ende finden wird“, sagte Moß. Siebens Liebe zur Heimatkunde fand ihren Anfang mit dem Buch „Krefeld. Vom Römerkastell zur Großstadt.“ Heute sind es Gayks Fotos, die ihm einiges vor Augen führen: „Krefeld ist unheimlich grün geworden.“ Als Beispiel nennt er die Hunzinger- und die Rheinstraße, die bei ihrer Entstehung noch unbepflanzt waren.

Die eigene Vergangenheit ist im Stadtarchiv dokumentiert

Eine freudige Überraschung: Sieben hat sich auf einem der Fotos selbst wiedergefunden. Darauf ist er als Kind auf dem Schoß einer Krankenschwester des St. Josefshospitals zu sehen. Das Bild stammt vom Martinstag im November 1958. „Ich kenne das Foto, wusste aber nicht, dass Gayk es aufgenommen hat.“

In den weiteren Fotos, Reden und Dokumenten finden die Ehrenamtler immer wieder Themen, die die Stadt schon damals bewegt haben: „Flüchtlingsdebatten, Sauberkeit oder Bauen – Themen die früher aktuell waren, sind es auch heute noch.“ Sahlmann ist aufgrund seiner ehrenamtlichen Tätigkeit außerdem „zu der Meinung gelangt, dass Archive ein elementarer Bestandteil zur Bekämpfung von Fake News sind. Denn hier wird die Entwicklung der Stadtgeschichte festgehalten und lässt den Fake News keinen freien Raum.“

In ihrem Freundes- und Bekanntenkreis wird das Ehrenamt im Stadtarchiv als „sehr ungewöhnlich“ angesehen, aber auch „als sehr wichtig“. Der stellvertretende Leiter Moß freut sich über die Unterstützung: „Die Arbeit, die die beiden Ehrenamtler ausüben, würde bei den Festangestellten sonst oft liegen bleiben.“ Derzeit sind es neun feste Mitarbeiter.

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