Abschieds-Gottesdienst Ruhestand für den Mann, der eine Familie vor der Abschiebung rettete

Cracau · Cornelius Schmidt ist Pfarrer der Kirchengemeinde „Erscheinung Christi“. Bekannt wurde er, weil er anderthalb Jahre Familie Manaz mit fünf Kindern, die alle in Deutschland geboren waren, Kirchenasyl gewährte.

 Pfarrer Cornelius Schmidt geht nach 40 Jahren in den Ruhestand. Sein Abschiedsgottesdienst findet in St. Stephan statt.

Pfarrer Cornelius Schmidt geht nach 40 Jahren in den Ruhestand. Sein Abschiedsgottesdienst findet in St. Stephan statt.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Er ist eine markante Erscheinung und kaum zu übersehen: Cornelius Schmidt misst stolze 194 Zentimeter und trägt gerne einen großen schwarzen Hut. Der Mann ist oft anzutreffen, denn er engagiert sich für Kirche und Stadt. Dass der Pfarrer der Alt-Katholischen Kirchengemeinde „Erscheinung Christi“ nach 40 Jahren und seinem wohlverdienten Dienstende nun in den Ruhestand geht, ist glücklicherweise nicht zu erwarten. „Ich mache dann das Gleiche wie jetzt, nur ohne Bezahlung“, sagt er.

Schmidt hat viel bewegt und geschafft in Sachen Kirche und deren Öffnung. So war er an der Einführung der vollen Gleichberechtigung von Frauen in der alt-katholischen Kirche maßgeblich beteiligt. „Seit 25 Jahren haben wir Diakoninnen und Priesterinnen. Wir mussten damals 15 Jahre lang gegen erhebliche Widerstände der Männer kämpfen“, erinnert sich der 67-Jährige. „Die erste Priesterin Deutschlands wurde in Konstanz geweiht.“ Da hinken andere Kirchen weit hinterher.

Der Vorgang habe ihm nicht nur Freude bereitet, erzählt er in der Kirchenbank des Gotteshauses an der Dreikönigenstraße. „Der Bischof nannte mich damals in einem Wutanfall einen ,Synoden-Manipulator`.“ Darüber kann Schmidt heute lächeln. Er hat den Saal unter der Kirche der Apostelin Junica gewidmet. „Im Leben Jesu gab es so viele Frauen, sein Dasein wäre ohne sie nicht vorstellbar gewesen.“

Mit einer Schrankwand wurde
ein kleiner Raum geschaffen

Kirche wurde dem Uerdinger in die Wiege gelegt: „Mein Vater Werner war mein Amtsvorgänger hier. Er hat ,Essen auf Rädern` deutschlandweit eingeführt. Ich war früh Messdiener, habe nach dem Besuch des Moltke-Gymnasiums in Bonn römisch-katholische Theologie studiert, in Heidelberg evangelische und in Bern altkatholische. Alles dauerte von 1971 bis 1978. An letzter Stelle habe ich meine Frau Lisa kennen gelernt und geheiratet.“

Durch die Mutter Berthilde, die ein Altenheim leitete, kam er schon früh mit älteren Menschen in Berührung. „Ich habe oft ihren Erzählungen von Krieg und Vertreibung zugehört und bekam großes Mitleid mit den Flüchtlingen.“ Dass er helfend eingriff, als eine türkische Familie — Mutter Sultan Manaz und ihre fünf in Deutschland aufgewachsenen Kinder — abgeschoben werden sollte, ist aus seinem elterlichen Erfahrungsschatz nur allzu begreiflich. „Sie haben hier eineinhalb Jahre im Kirchenasyl gelebt. Eine Schrankwand trennte einen Teil des Altars für sie ab. Besonders die Kinder hatten unter der Enge des Raumes zu leiden.“ Das Martyrium endete erst, als die Mutter einen Deutschen heiratete.

Durch diese Vorkommnisse erhielt Krefeld ein deutschlandweites Medieninteresse – und Cornelius Schmidt einen sehr hohen Bekanntheitsgrad. „Ich hätte hier lieber im stillen Kämmerlein gearbeitet“, sagt er heute. „Die Mädchen und der Junge waren für mich und meine Frau wie Pflegekinder.“ Zusammen zog das Paar vier eigene Kinder groß und hatte auch ein „richtiges“ Pflegekind.

Schmidt setzte sich in Krefeld für eine konfessionsübergreifende Friedens und Flüchtlingsarbeit ein. So engagierte er sich beim „Zug der Erinnerungen“, dem rollenden Museum. „Darin wurden die 60 Krefelder Kinder namentlich erwähnt, die während der NS-Zeit ermordet wurden.“ Dazu hat er eine Allianz aus Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und Bürgervereinen initiiert.

Mit seinem großen Hut auf dem Kopf wird er auch weiterhin die Bürgersteige rund ums Karree seiner Kirche fegen. Das hat einen Grund: „Ich lerne so die Menschen mit ihren Gedanken kennen, die niemals ins Pfarrbüro kommen würden. Viele meinen, ich hätte wohl nichts Besseres zu tun, als zu fegen“, sagt er und lächelt wieder. „Außerdem formuliere ich dann meine Predigten im Kopf.“

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