Schüler schreiben an Ministerin Abiturienten kritisieren fehlende Chancengleichheit durch Corona

Uerdinger Oberstufen-Schüler richten E-Mail an Ministerin Gebauer. Jeder müsse selbst entscheiden dürfen, ob er das Abitur schreiben wolle.

 In dieser Woche soll auch in NRW die Entscheidung fallen, wie es nächste Woche mit den Schulen und den Abiturprüfungen weiter geht.

In dieser Woche soll auch in NRW die Entscheidung fallen, wie es nächste Woche mit den Schulen und den Abiturprüfungen weiter geht.

Foto: dpa/Felix Kästle

Schüler der Stufe Q2 des Gymnasiums am Stadtpark in Uerdingen haben eine E-Mail an Landesbildungsministerin Yvonne Gebauer geschrieben. Formuliert hat ihn Felix Heilemann „in enger Absprache mit dem größten Teil meiner Stufe“. In dem Schreiben betonen die Schüler vor dem Hintergrund der Corona-Maßnahmen und der vor einem Monat verhängten Schulschließungen: „Von Chancengleichheit und fairen Bedingungen kann nicht im Ansatz gesprochen werden. Daher sind wir der Meinung, dass jeder von uns selbst entscheiden sollte, ob er das Abitur schreiben sollte oder nicht.“ Bis zu 1000 Schüler aus halb NRW haben sich der Forderung schon angeschlossen.

Zur Begründung führen die Schüler unter anderem aus, dass man durch Corona unter enormem Druck stehe: Täglich bestehe die Gefahr, sich selbst zu infizieren. Zudem habe man eine Verantwortung den Älteren, Schwächeren, der Familie gegenüber. Das bringe die Abiturienten in eine Situation, „welche mit anderen Jahrgängen nicht zu vergleichen ist“.

Zweiter Punkt: „Die Vorbereitung in den Schulen auf das Abitur in NRW ist in der aktuellen Lage unzureichend.“ Unter anderem verweisen die Schüler auf die drei Wochen Unterricht, die vor den Ferien ausgefallen sind. Der teilweise angebotene Online-Unterricht sei je nach Schule und technischer Ausstattung unterschiedlich gewesen und mit keinem vollwertigen Unterricht zu vergleichen.

„Wir sehen die Chancengleichheit in der aktuellen Situation als nicht gegeben an“, betonen die Schüler. Denn die Vorbereitung in den Schulen sei sehr unterschiedlich: Unterricht nach den Osterferien sei wegen der damit verbundenen gesundheitlichen Risiken „als durchaus riskant anzusehen“. Auch sei die Ausgangslage nicht überall gleich. Einige seien mehr, andere weniger von dem Leben mit der Pandemie betroffen. Schüler mit schlechter technischer Ausstattung daheim – oft aus ärmeren, sozial schwachen Haushalten – würden benachteiligt, die Bildung von Lerngruppen zur Vorbereitung auf das Abitur sei nicht möglich.

Das gesundheitliche Risiko wäre nach Meinung der Unterzeichner der E-Mail hoch, wenn nächste Woche 88 000 Abiturienten wieder in die Schule kommen. „Enge Flure und schultypisch größtenteils eher unhygienische Sanitäranlagen sehen wir als Hauptaspekte, warum trotz aller Vorsicht keine effektiven Hygienemaßnahmen getroffen bzw. eingehalten werden können“, heißt es mit Blick auf das Gymnasium am Stadtpark. Auch der Schulweg – gerade über öffentliche Verkehrsmittel – stelle immer ein Risiko dar, durch das sich viele Schüler verunsichert fühlten. Ein hundertprozentiger Schutz könne nicht gewährleistet werden.

In der E-Mail wird zudem fehlende Planungssicherheit kritisiert. Seit Beginn der Schulschließungen habe es immer wieder neue Aussagen zu den Abiturprüfungen gegeben – „auch von Ihnen“, wie es an die Adresse von Gebauer heißt. Das sorge für Verwirrung, weshalb es schwer falle, sich zielorientiert auf die Prüfungen vorzubereiten.

Aus Sicht der Unterzeichner wäre eine Bewertung schon jetzt möglich, da bereits zwei Drittel der Leistungen erbracht wurden. „Da wir uns aber auch darüber bewusst sind, dass für manche Schüler die Prüfungen – und vor allem Vorabiklausuren, die noch nicht überall geschrieben wurden – essentiell sein können, schlagen wir als Kompromiss vor, dass wir Schüler selber entscheiden können“, erklärte Felix Heilemann am Montag gegenüber unserer Zeitung.

Allein 45 Schüler des Gymnasiums am Stadtpark, „ein Großteil der Oberstufe“, werden in der Mail an Gebauer als Unterzeichner namentlich genannt. Hinzu kommen bis zu 1000 weitere Unterstützer von anderen Schulen – „pro Minute kommen fünf weitere dazu“, so Heilemann. Aufgezählt werden neben Krefelder Schulen auch solche aus Tönisvorst, Willich, Moers, Nettetal, Grefrath, Viersen, Hilden, Neuss, Mönchengladbach, Duisburg, Essen, Aachen, Düsseldorf, Düren, Eschweiler, Rees und Kamp-Lintfort.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort