La Traviata Aktion in Krefed: Oper am Brunnen statt auf der Bühne

Krefeld · Der Verein Music to go lockte mit kompakter Version von „La Traviata“ am Freitag Hunderte an den Schwanenmarkt.

 Carlos Moreno Pelizari übernahm die Rolle von Alfredo Germont, Désirée Brodka war Violetta Valéry. Nicht im Bild ist Agris Hartmanis als Giorgio Germont. Unterstützt wurden die Sänger von einem Streichquartett.

Carlos Moreno Pelizari übernahm die Rolle von Alfredo Germont, Désirée Brodka war Violetta Valéry. Nicht im Bild ist Agris Hartmanis als Giorgio Germont. Unterstützt wurden die Sänger von einem Streichquartett.

Foto: Lothar Strücken

Kaum erklingt die Ouvertüre zu Guiseppe Verdis Oper La Traviata, da füllt sich der gut besuchte Platz am Schwanenbrunnen vollends. Neben den Besuchern, die eigens wegen des Theaters gekommen sind, schauen nun andere ganz zufällig vorbei, herbeigelockt von der Musik. Einige hundert Besucher lauschen am frühen Freitagabend letztendlich der dramatischen Geschichte der Hauptfigur Violetta Valéry. Der gemeinnützige Verein Music to go präsentiert die Oper im Espresso-Format – und der Wettergott muss ein Opern-Fan sein.

Kein Ticket, kein Preis, keine Platzreservierung. Jeder, der mag, kann in den Genuss der Oper kommen. Schon 40 Minuten vor Beginn sind die bereitgestellten Bänke besetzt. Andere sitzen auf den Brunnenstufen, den Geschäftstreppen oder auf dem Pflaster. Viele müssen stehen. Sogar diejenigen, die nichts sehen können, lauschen zufrieden.

Zwangloses Lauschen
bei den Zuschauern

Karin Bolduan Me Loch hat vom Termin in der Zeitung gelesen und ist zeitig vor Ort. „Ich liebe die Opernmusik, gehe in Krefeld und Düsseldorf ins Theater. Diese Vorstellung ist gut. Ich war schon in Italien, habe dort Verdis Aida gesehen und hatte einen Picknickkorb dabei. Nächstes Mal bringe ich auch hierher etwas mit.“ Manche Leute im Publikum halten die Wasserflasche in der Hand, andere ein Eishörnchen. Es geht zwanglos zu, aber immer mit Blick auf das Geschehen auf der Platzseite. Es zeigt sich: Große Gefühle brauchen keine große Bühne. Das Bühnenbild ist minimalistisch, aber durchaus ausreichend.

Hildegard Eichner singt selbst im Chor und kennt die Arien aus La Traviata. „Hier ist volles Haus und gute Stimmung. Die Solisten werden sich ins Zeug legen, um für das Theater Werbung zu machen. Sie bringen die Oper zu den Menschen.“ Ute Osthöver ist wegen der Oper auf dem Platz am Schwanenbrunnen und hat sich eine Sitzgelegenheit mitgebracht. „Ich gehe hin und wieder ins Theater. La Traviata habe ich noch nicht gesehen. Wir freuen uns“, sagt sie und bezieht ihre Freundin mit ein.

Das ist jetzt das vierte Mal, dass der gemeinnützige Verein Music to go in Krefeld gastiert. Zum ersten Mal mit einer Oper. Intendantin und Hauptdarstellerin Désirée Brodka ist vor dem Beginn – schon im schönen, weißen Ballkleid – entspannt. „Es ist herrlich, hier zu sein und die Leute, die noch nicht so offen für die Oper sind, glücklich zu machen“, sagt sie. „Draußen zu singen, ist eine größere Herausforderung als im Theatersaal.“ Dieser Aufgabe werden die drei Solisten vollends gerecht. Die schönen Stimmen tragen weit über den Platz in die Stadt hinein.

Brodka beginnt im Hinblick auf die Wettervoraussagen etwas früher: „Wir wollen vor den Wölkchen fertig sein.“ Sie moderiert die Handlung über die gesundheitlich angeschlagene, begehrte Violetta Valéry, Freundin des Barons Douphol, die bei einem Fest in Paris ihren heimlichen Verehrer Alfred Germot kennenlernt, der ihr seine Liebe gesteht. Beeindruckt und zum ersten Mal in ihrem Leben ebenfalls verliebt, schenkt sie ihm eine Kamelie und verspricht ihm, ihn wieder zu treffen, wenn die Blume verwelkt ist. „Das ist bald“, erklärt die Moderatorin. „Kamelien welken schnell.“ Das Publikum lauscht bis zum letzten Takt. Dann erst beginnt der Regen.

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