Kunst Kunst im Industrie-Denkmal

Krefeld · Wegen der Corona-Regeln sind die eigenen Räume zu klein: 29 Künstler der GKK stellen im Mies-van-der-Rohe-Businesspark aus.

 Barbara Freundlieb in der Ausstellung, im Hintergrund  rechts ihr Bild "N° 2002".

Barbara Freundlieb in der Ausstellung, im Hintergrund  rechts ihr Bild "N° 2002".

Foto: Bischof/Andreas Bischof

29 Künstler und damit mehr als die Hälfte aus der Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK) stellen zum ersten Mal gemeinsam an einem fremden Ort aus. Dieser besitzt selbst einen musealen Charakter. Es ist das Café Ludwig im Ludwig Mies-van-der-Rohe-Business-Park. Es befindet sich wiederum im früheren Herstellungsort für Herrenfutterstoffe, dem HE-Gebäude. Und so trägt die Gastausstellung auch den Titel: „Gestern Herrenfutterstoffe — heute Raum für Kunst und Kultur.“

Die Künstler freuen sich über die Möglichkeit, dort auszustellen: „Der Ausstellungsort kam überraschend und wurde von allen Beteiligten mit großem Enthusiasmus aufgenommen und realisiert“, berichtet GKK-Vorsitzende Edith Stefelmanns. „In unserem städtischen Haus an der St.-Anton-Straße sind die Räume für Ausstellungen in der Corona-Zeit zu klein. Deshalb haben wir alle Veranstaltungen in diesem Jahr abgesagt. Es könnten nur jeweils zwei Personen in einem Raum sein.“ Nun im HE-Gebäude zu sein, sei ein wunderbares Angebot.

Hausherr Wolf Reinhard Leendertz berichtet, dass das HE-Gebäude für das Jubiläum 100 Jahre Bauhaus fit gemacht worden sei, es zu Corona-Zeiten jedoch kaum ein Konzept dafür gab. „Wenn wir es jetzt zur Verfügung stellen, können wir Krefeld etwas zurückgeben.“ Marketing-Chef Matthias Berghaus erklärt: „Wir freuen uns, hier jetzt langsam Fahrt aufnehmen zu können. Im Bauhaus-Jahr haben wir die Rekonstruktion der Kantine, wie sie vor 80 Jahren existierte, durchgeführt.“ Selbst der Blick durch die Fenster sei originalgetreu, erklärt er.

Die Firmengebäude für die Vereinigten Seidenwebereien AG (VerSeidAG) in Krefeld von 1931 waren die letzten von Ludwig Mies van der Rohe realisierten Projekte in Deutschland vor seiner Auswanderung in die USA. Mit dem kubischen, weißen Baukörper und den langgestreckten Fensterfronten steht das HE-Gebäude bis heute für eine funktionale Industriearchitektur im Geist der Moderne.

Der lichte große Raum, der in Grau-Weiß gehalten ist, ist für großformatige Arbeiten geradezu geschaffen. „Es ist super schön, dieses Gebäude für die bildende Kunst schnell und unkompliziert zu bekommen“, findet auch Gabriele König, die Fachbereichsleiterin Kultur der Stadt. „Menschen brauchen Kunst und Kunst braucht Menschen.“ Für diese Gastausstellung wurde kein bestimmtes Thema vorgegeben. Großformate boten sich an. Es sind rund 50 Skulpturen, Fotografien, Installationen, Holzschnitte und Öl- und Acryl-Gemälde zu sehen, die direkt neben dem Café zur Geltung kommen.

Da sind beispielsweise die beiden Arbeiten auf Holz — je 20 Kilogramm schwer — von Ivica Matijevic. Der Künstler bohrt Löcher, teils präzise systematisch, teils intuitiv gesetzt, in den hölzernen Bildträger. In die Löcher setzt er neben kleinen Dübeln nach dem Zufallsprinzip gesägte Buntstifte ein. Der Bildträger, vorher einige Male übermalt, wird mit Hilfe von Sandpapier oder Schleifmittel teilweise wieder abgetragen. Matijevic nennt sein Werk „Triptychon“.

Für die Ölmalerei ihrer Wasserbilder nutzt Ilse Gabbert die Natur als Quelle künstlerischer Inspiration. „Statement Wasserbilder“ nennt sie ihr Werk. Nur was real vorhanden sei, könne sich im Wasser spiegeln, erklärt sie. „Nie gleichen sich die Reflektionen auf der Wasseroberfläche. So stehen diese Bilder auch für die Unwiederbringlichkeit des Moments.“

Die beiden Tableaus mit Bildgruppen von jeweils zehn beziehungsweise sechs schwarz-weißen Fotografien sind im März entstanden, also recht bald nach Beginn der Pandemie in Deutschland.„Corona hat mich zu diesem Zeitpunkt massiv ausgebremst, steckte ich doch gerade in den Vorbereitungen für eine Ausstellung, die Ende April in den Räumen der GKK stattfinden sollte“, schreibt Paul Maaßen. „Darauf wollte ich durch diese beiden Bildsequenzen direkt reagieren, denn mir war völlig unklar, wie meine fotografische Arbeit in den nächsten Monaten aussehen. So benutzte ich spontan recht zufällige, durch Jahreszeit und Sonnenstand bedingte Lichtprojektionen in einer Ecke meines Arbeitszimmers für die Darstellung der ,Light Infections`.“

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