Belebung von Friseursalon : Dieser Salon bringt den Hauch eines Szeneviertels ans Inrath
Krefeld Mit ihrer „Haarmanufaktur“ belebt Friseurin Nadine Obermeyer-Mamdhooh einen leerstehenden Salon im Stadtteil. Bislang ist das Projekt ein Erfolg – samt Abschied von der Dauerwelle.
Nadine Obermeyer-Mamdhooh öffnet die Tür zu ihrem Ladenlokal und plötzlich ist Inrath ein Berliner Szenebezirk. Zwischen Stadtteil-Gaststätte und leerstehendem Geschäft hat die Friseurmeisterin etwas geschaffen, das für Aufsehen sorgt. Ein Salon, der so lässig ist, dass sich der Besucher vergewissern muss, ob er noch im Postleitzahlbereich „47…“ liegt.
Alles neu an der Inrather Straße. Das schwarze Mobiliar, die hellen Wände, die Bar als Kassentheke sowie der Glaskübel mit hausgemachtem Eistee fallen sofort auf. „Wir wollten es hochwertig gestalten und gleichzeitig Wohnzimmer-Atmosphäre schaffen“, sagt Obermeyer-Mamdhooh. „Die Herren bekommen beispielsweise ein Pils oder ein Alt vom Schlüffken.“
Beide Friseurinnen haben zuvor
in Kempen gearbeitet
Anfang August hat die 34-Jährige ihre „Haarmanufaktur“ eröffnet. Neben einer modernen Gestaltung setzt sie auf ein ökologisch nachhaltiges Angebot. Eine Kombination, die selten ist und mit der besonders am Inrath nicht mehr viele gerechnet haben. Etwa 20 Jahre gab es am Standort den „Salon Ilona“. Nach der Schließung stand das Geschäft viele Monate leer, die Friseure im Stadtteil wurden rar. „Inrath ist ja generell ein bisschen vernachlässigt“, sagt Obermeyer-Mamdhooh. Trotz dieser Erkenntnis tritt sie den Beweis an, dass ein unscheinbarer Standort kein Hindernis für eine gute Idee sein muss.
Jeden Tag sei sie an der verschlossenen Tür des alten Salons vorbeigekommen, als sie ihren Sohn von zu Hause zur Tagesmutter gebracht habe. Im Frühjahr entschied sie sich, den eigenen Laden zu eröffnen und kam gleich mit dem Vermieter in Kontakt. Im Rückblick sei alles sehr schnell passiert, sagt Obermeyer-Mamdhooh. Ihre Anstellung bei einem Kempener Friseur gab sie auf. „Ich bin gerne unabhängig“, sagt sie. Von dort brachte sie auch ihre Mitarbeiterin Svenja Stroemer mit. Die Gesellin hatte sie dort schon ausgebildet, nun verwirklichen sie sich gemeinsam. Eigentlich wollte die 22-jährige Stroemer komplett aus der Branche aussteigen. „Ich wollte zwischenzeitlich beim Zoll anfangen“, sagt Stroemer. „Doch jetzt ist der Salon hier mein Plan A“, sagt die junge Frau und lacht herzlich.
Auf Laufkundschaft kann
die Inhaberin verzichten
So fröhlich Obermeyer-Mamdhooh und Stroemer über ihr Projekt reden, so ernst sind sie bei den Arbeitsbedingungen ihres Gewerks. Wenig Verantwortung im Betrieb und schlechte Bezahlung – aufgrund solcher Missstände sei es schwierig, junge Leute für den Friseurberuf zu begeistern, sagt Obermeyer-Mamdhooh. Um tatsächlich etwas zu ändern, muss die Unternehmerin mit Gewissheiten mancher Kunden brechen. Zehn-Euro-Schnitte lehnt sie ab. „Bei Preisen unter 20 Euro pro Schnitt lassen sich faire Löhne nicht finanzieren“, sagt Obermeyer-Mamdhooh.