Intelligente Technik Wie eine Schülerin trotz Krebsbehandlung am Unterricht teilnehmen kann

Krefeld · Eine Spende macht es möglich: Eine Schülerin in Krefeld kann trotz Krebsbehandlung im Helios ihre Schule besuchen – per Roboter.

Der Förderverein zugunsten krebskranker Kinder Krefeld macht es möglich: Cintia und Midya holen per Avatar ihre erkrankte Mitschülerin aus der Klinik in den Klassenraum.

Der Förderverein zugunsten krebskranker Kinder Krefeld macht es möglich: Cintia und Midya holen per Avatar ihre erkrankte Mitschülerin aus der Klinik in den Klassenraum.

Foto: wz/Bildquelle: Förderverein zugunsten krebskranker Kinder Krefeld

Eine Spende des Fördervereins zugunsten krebskranker Kinder Krefeld macht es möglich: Durch den Einsatz eines kleinen Roboters (Avatar), kann eine krebskranke Schülerin, die im Helios-Klinikum Krefeld behandelt werden muss, am Unterricht teilnehmen.

Das Mädchen geht in die 9. Klasse in der Anne-Frank-Gesamtschule Viersen. Dort haben sich die Schüler an diesem Tag zum Matheunterricht eingefunden. In der ersten Reihe sitzen Midya und Cintia. Auf dem Tisch vor ihnen steht ein weißer Roboter. Er sieht aus wie eine Büste, nur dass sich der Kopf nach oben und unten bewegen und sich der Rumpf drehen kann. Und der Roboter kann sprechen. Wie aus dem Nichts ertönt plötzlich eine Stimme: „Hallo, hier ist Sarah, ich habe mich dazugeschaltet.“

Sarah (Name von der Redaktion geändert) kann seit einem halben Jahr nicht zur Schule gehen, weil sie vor den Herbstferien die Diagnose Krebs bekommen hat und deshalb immer wieder im Helios-Klinikum Krefeld behandelt werden muss. Durch den Avatar in der Klasse und ihr Tablet zu Hause kann sie sich jetzt mit ihren Mitschülern verbinden und am Unterricht teilnehmen. Es ist ein Pilotprojekt für Krefeld und den Kreis Viersen, das durch Mittel des Fördervereins zugunsten krebskranker Kinder Krefeld ermöglicht wird.

Stephan Kröll vom Vorstand des Fördervereins, dessen Sohn eine Leukämie-Erkrankung mittlerweile überwunden hat, war im vergangenen Jahr durch einen Fernsehbeitrag auf den Schul-Avatar aufmerksam geworden und erzählt: „Ich habe gleich meinen Sohn gefragt, wie er es damals gefunden hätte, wenn er einen solchen Avatar hätte nutzen können. Er fand das toll und hätte sich darüber gefreut. Daraufhin habe ich Informationen bei der Herstellerfirma eingeholt und sie meinen Vorstandskollegen vorgestellt.“ Gleichzeitig suchte er den Kontakt zu Boris Bertram (Leiter Christophorus-Schule der Städtischen Klinikschule im Helios-Klinikum Krefeld), um zu erfahren, wie er dazu stehe. Nach mehreren Informationen und einer Präsentation konnte sich Bertram ein Pilotprojekt vorstellen und fand in der an Krebs erkrankten Sarah aus Viersen, die von seinem Kollegium im Krankenhaus beschult wurde, und deren Eltern begeisterte Partner, die die Chance nutzen wollten, sich ein Stück weit aus der unfreiwilligen Einsamkeit zu befreien.

Erst Bedenken wegen des Schutzes der Privatsphäre

Erste Bedenken des Kollegiums von Sarahs Stammschule in puncto Datensicherheit und Schutz der Privatsphäre wurden beigelegt, denn die Software ist sicher: Weder Lehrer noch Schüler müssen Angst vor Überwachung haben. „Außer der Klasse kann sich kein Dritter dazuschalten, man kann keine Screenshots machen und auch nichts aufzeichnen. Der Hersteller hat einfach alle sensiblen Punkte bedacht, sodass wir unseren geschützten Raum behalten und wir keine Sorge haben müssen, dass Unterrichtsstoff ungefiltert in die Öffentlichkeit gelangt“, betont Schulleiter Martin Landman.

Im Februar wurde der Avatar „eingeschult“, und Sarahs Mitschüler haben bislang nichts zu meckern. Im Gegenteil: Das Verbinden zwischen Schulroboter und Tablet klappt gut und sie können ihre Mitschülerin gut verstehen. Sobald sich Sarah mit dem Avatar verbunden hat, kann sie ihre Mitschüler und Lehrer sehen und hören und auch den Kopf und den Rumpf des Roboters bewegen. Die Klasse dagegen kann nur Sarahs Stimme hören – ein wichtiger Punkt, um die Privatsphäre des erkrankten Mädchens zu schützen. „Am Anfang haben wir uns erschrocken, als wir plötzlich Sarahs Stimme hörten“, sagt Cintia. Und wie erlebt Sarah das neue Miteinander? „Ich finde es einerseits komisch, aber andererseits auch sehr schön, den Kontakt zu meiner Klasse zu haben“, schreibt sie in einer E-Mail und fügte hinzu: „Mit dem Avatar kann ich am besten in Deutsch und Gesellschaftslehre mitmachen.“

Immer wenn sich Sarah fit für die Teilnahme am Unterricht fühlt, informiert sie das „Helferteam“, das aus drei Mitschülerinnen besteht. Die kümmern sich dann darum, dass der Avatar aus seinem Schrank geholt und in die jeweilige Klasse gebracht wird. Beim Unterricht haben sie ihn im Blick, damit sie sehen, ob Sarah sich „meldet“. In dem Fall erscheint ein grünes Lichtsignal und sie kann sich aktiv beteiligen. Das tut sie in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch, Biologie und Gesellschaftslehre.

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