Glauben Wenn Ostern die Kirchen leer bleiben müssen...

Krefeld · Ostern, das höchste Fest der Christen, stellt die Evangelische und die Katholische Kirche in Corona-Zeiten vor große Herausforderungen. Es gibt kreative Lösungen – und manche sehen in der Situation sogar eine Chance.

 Auch die Bänke von St. Dionysius bleiben in diesem Jahr leer, Ostern muss zuhause gefeiert werden. Die Kirchen bieten dafür kreative Möglichkeiten an. 

Auch die Bänke von St. Dionysius bleiben in diesem Jahr leer, Ostern muss zuhause gefeiert werden. Die Kirchen bieten dafür kreative Möglichkeiten an. 

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Ostern ist das höchste christliche Fest – doch in diesem Jahr müssen ausgerechnet dann die Kirchen geschlossen bleiben. Keine leichte Situation für die Katholiken und Protestanten in Krefeld. Mit viel Kreativität und Gottvertrauen versuchen die Vertreter beider Konfessionen, das Beste aus der Lage zu machen.

„Die jetzige Situation gibt auch die Gelegenheit, den Glauben neu zu entdecken. Denn er wird breiter ins Bewusstsein gerückt“, sagt Doerthe Brandner, Pfarrerin aus Hüls. Ostern gäbe es ohne den Karfreitag nicht, an dem Ostern und die Auferstehung aber noch nicht sichtbar gewesen seien. In diesem Sinne könne man auch durch die Corona-Krise hindurch gehen.

Dass man nicht persönlich mit der Kirchengemeinde in Hüls feiern könne, versuche man ein bisschen aufzufangen. Deshalb werden die Gottesdienste an den Feiertagen über die Homepage der Gemeinde (www.kreuzkirche-huels.de) übertragen: Am Karfreitag um 10 Uhr, am Ostersonntag um sechs Uhr (Ostermorgenfeier) sowie um 10 Uhr (Familiengottesdienst). Aufgezeichnet wurden sie schon in dieser Woche, was für die Beteiligten „etwas merkwürdig“ sei, so die Pfarrerin. Auf Details wurde aber geachtet. So fand die Aufzeichnung der traditionellen Ostermorgenfeier ebenfalls um sechs Uhr in der Früh statt.

Die Kreuzkirche bleibt nicht völlig geschlossen: Am Karfreitag, 15 bis 16 Uhr, steht sie maximal zwei Personen gleichzeitig zum Gebet offen. Für diesen Tag sammelt Doerthe Brandner auch Gebetsanliegen aus der Kirchengemeinde, die sie mitnehmen wird. Sie können per Mail ([email protected]) oder Post (Bonhoefferstraße 31, 47839 Krefeld) geschickt oder auch telefonisch (731600) durchgegeben werden.

Am Ostermorgen, 9.30 bis 10 Uhr, wird die Osterkerze im Eingangsbereich der Kirche stehen. Es besteht dann für die Hülser die Möglichkeit, ihre eigenen Osterkerzen dort zu entzünden – mit dem notwendigen Abstand zueinander.

„Ich freue mich auf die Ostertage“, bekennt die Pfarrerin trotz aller Schwierigkeiten. Mit der Gemeinde an den Feiertagen nur übers Internet in Kontakt treten zu können, kennt sie auch aus dem privaten Umfeld: Ihr ältester Sohn lebt in Kanada, mit ihm habe die Familie noch zu Weihnachten via Skype gemeinsam gegessen – in Hüls gab es abends Fondue, in Kanada wurde gleichzeitig gefrühstückt.

Christine Grünhoff, Pfarrerin an der Luther- und an der Markuskirche, hat mit ihren Kollegen von den Evangelischen Kirchengemeinden Krefeld-Süd und Oppum für die Ostertage Andachten von 15 bis 20 Minuten Länge aufgezeichnet. Diese können über die Homepage (www.evangelischimsueden.de) gestreamt werden. Die technische Unterstützung dazu kam von der Evangelischen Jugend der Gemeinde, die den eigenen Youtube-Kanal „The Church Project“, kurz TCP, betreibt. Sie werden ab dem Einstellungszeitpunkt maximal 72 Stunden zu sehen sein. Abrufbar sind sie am Karfreitag ab 10 Uhr sowie am Ostersonntag ab 9 Uhr.

Darüber hinaus werden auch Telefonandachten zum Anhören unter 02151/1509 456 und -556 angeboten. „Sie richten sich vor allem an diejenigen, die nicht im Internet unterwegs sind“, so Christine Grünhoff. Darüber hinaus zählen Andachten zum Lesen und Herunterladen zum Angebot. Und auch Osterbriefe werden an Menschen ab 75 Jahren verteilt.

„Es ist schon ganz anders, als mit der Gemeinde zu feiern“, berichtet die Pfarrerin von den Aufzeichnungen: „Es antwortet niemand.“ Resonanz sei gleichwohl da: Die erste Andacht dieser Art sei gut 200-mal aufgerufen worden. Darüber hinaus hätten sich auch Leute brieflich und telefonisch gemeldet. „Eine Frau berichtete ganz begeistert davon, dass sie auf der Terrasse sitzt und die Predigt hört.“ So etwas sei auch Ermutigung und Ansporn, der Herausforderung durch Corona mit einer ganz anderen Art des Gottesdienstes zu begegnen.

Medien können die persönliche Begegnung nicht ersetzen

Was bedeutet es für einen Katholiken oder gar einen Pfarrer, nicht mit der Gemeinde Ostern feiern zu können? Dazu erklärt Thorsten Obst, Pfarrer, Regionalvikar und Mitglied im Regionalteam: „Das Christentum ist eine Gemeinschaft – und gerade das Abendmahl eröffnet dem Glaubenden Teilhabe an dieser.“ Die persönliche Begegnung des Glaubenden in der unmittelbaren Gegenwart Christi könne durch Medien nicht ersetzt werden. „Von daher ist dies für viele ein schmerzlicher Verlust, dies gerade am Hauptfest der Christen nicht als Gemeinschaft feiern zu können.“

Auch in Zukunft sei es die persönliche Begegnung, die den Glauben trage. „Medien können unterstützen, die Gegenwart Gottes in der Eucharistie und der persönlichen Begegnung mit den Mitchristen aber nicht ersetzen. Die Erfahrung, die wir jetzt machen, stellt uns vor Aufgaben.“ Der kommende Priestermangel und die Frage, wie Gemeinden sonntags ohne Eucharistie zusammen feiern werden, deute sich hier an. Allerdings auch die Erfahrung, dass es ohne die Gemeinden vor Ort nicht gehen werde.

Laut Elisabeth Vratz, Mitglied im Regionalteam und Schulseelsorgerin, gehöre die gelebte Gemeinschaft wesentlich zur christlichen Religion. Für manche seien die TV- und Streaming-Gottesdienste ein guter Weg. „Wichtiger als diese Form der Gottesdienste sind für mich die familiären kleinen Hausgottesdienste. Dazu braucht es keine Priester, keine hauptamtlichen SeelsorgerInnen, denn jede und jeder getaufte und gefirmte Christ hat Anteil am Priestertum Christi; kann also beten, singen, das Wort Gottes lesen und verkünden, für sich deuten und einander segnen.“

Die Gegenwart Jesu lasse sich auch anders erfahren: „Gelebte Nächstenliebe in diesen Zeiten – Lebensmittelausgaben, Pflege- und Krankendienste, Hilfen in der Nachbarschaft – sind Zeichen von liebevoller Gemeinschaft. So geschieht Communio.“

Hans-Joachim Hofer, Mitglied im Regionalteam und Vorsitzender des Katholikenrates, bekennt: „Zur Gemeinschaft der Christen gehört auch die Sonntagspflicht mit der Feier der Eucharistie. Von daher fehlt mir und vielen praktizierenden Christen in der Zeit der Corona-Krise die Gemeinschaft miteinander.“

Im Osterfest feiere man den Tod und die Auferstehung von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Ostern sei zugleich ein Fest der Freude und der Gemeinschaft. Denn Jesus habe den Tod besiegt und sei auferstanden. „Das ist für uns Menschen Trost und Hoffnung zugleich auf ein ewiges Leben in der Herrlichkeit Gottes.“

Als Christen seien alle auch zur Solidarität verpflichtet. „Dazu gehört für mich, alles dafür zu tun, die Ausbreitung des Virus zu bekämpfen – zum Schutz der älteren, kranken, besonders gefährdeten und hilfebedürftigen Menschen, aber auch für meine Familie und mich selbst. Das fällt uns nicht immer leicht und macht viele von uns nachdenklich und sogar traurig.“

Andererseits gebe eine solche Krise auch die Möglichkeit, „mit Gebeten, Gesprächen und vielfältigen Hilfen neue Perspektiven für uns und andere zu entdecken“. In der vielfachen Medienlandschaft könne man an Gottesdiensten teilnehmen.

Er freue sich nicht zuletzt auf die Erste Heilige Kommunion nach der Corona-Pandemie. „Dabei denke ich auch an die Kinder, die in diesem Jahr nach langer Vorbereitung die Feier der Erstkommunion mit ihren Lieben verschieben müssen: Seid nicht traurig, sondern freut euch auf eine unbeschwerte und gesegnete Zeit in der Gemeinschaft Jesu Christi nach Corona!“

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