Kommunalwahl 2020 Von Corona-Folgen bis zum alten Stadtbad

Wegen der Corona-Pandemie musste die Volkshochschule Krefeld ihren geplanten Polit-Talk zur Kommunalwahl kurzfristig umbauen. Statt vor Publikum im Muchesaal ging er als Livestream via Internet über die Bühne.

 Benedikt Winzen, SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat und kommissarischer SPD-Chef in Krefeld: „Helfen und handeln hat viel bewirkt.“

Benedikt Winzen, SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat und kommissarischer SPD-Chef in Krefeld: „Helfen und handeln hat viel bewirkt.“

Foto: Andreas Bischof

Doch das Format hat Zukunft: Zeitweise bis zu 100 Zuschauer waren dabei, als sich Benedikt Winzen (SPD), Jürgen Wettingfeld (CDU), Heidi Matthias (Grüne), Joachim C. Heitmann (FDP) und Stephan Hagemes (Linke) einen verbalen Schlagabtausch lieferten. Von der Möglichkeit, den Politikern Fragen per Internet zu stellen, wurde recht rege Gebrauch gemacht.

Die Folgen der Corona-Pandemie bestimmen den Abend

 Heidi Matthias, Grünen-Fraktionschefin: „Autofahren darf nicht mehr so viel Spaß machen.“

Heidi Matthias, Grünen-Fraktionschefin: „Autofahren darf nicht mehr so viel Spaß machen.“

Foto: Andreas Bischof

Corona bestimmte nicht nur das Format des Abends, den die Redaktionsleiter Annette Ludwig (WZ) und Jens Voss (RP) moderierten. Schon in der ersten Gesprächsrunde, bei der es um die zentralen Themen der kommenden fünf Jahre ging, war die Pandemie immer wieder Thema. „Die Corona-Folgen sind nicht abzusehen“, erklärte Benedikt Winzen. Zum Glück sei es vor dieser „Mammutaufgabe“ gelungen, die Stadtfinanzen in Ordnung zu bringen.

 Für Stephan Hagemes, Linke, ist Geld genug da, nur nicht dort, wo es hingehöre.

Für Stephan Hagemes, Linke, ist Geld genug da, nur nicht dort, wo es hingehöre.

Foto: Andreas Bischof

Jürgen Wettingfeld forderte eine „kluge Politik“ ein und stellte unter anderem die Weiterführung der „Krefelder Promenade“ in Frage: Er sei zwar ein überzeugter Anhänger der Radtrasse, aber allein ein 1,7 Kilometer langer Abschnitt koste 24 Millionen Euro. Hier müsse man kostengünstigere Lösungen finden und zum Beispiel die Radverbindungen nach Mönchengladbach und Willich vorziehen.

Für Jürgen C. Heitmann fehlt es in der Stadt oft an der notwendigen Prioritätensetzung. Von nicht unbedingt notwendigen Ausgaben müsse man sich derzeit verabschieden. Kritik übte er daran, dass die Stadt das Schlagloch-Problem nicht in den Griff bekomme. Die Gründung des Kommunalbetriebs Krefeld (KBK) sei vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss gewesen, eine Rückkehr zu einem klassischen Fachbereich Tiefbau sei möglich.

OB-Kandidat: Die FDP hat sich noch nicht entschieden

Kann sich Krefeld den Klimaschutz derzeit noch leisten? Aus Sicht der Grünen unbedingt. Heidi Matthias hob die notwendige Umsetzung der Klimaschutz- und Mobilitätskonzepte hervor, forderte einen Verzicht auf Flächenversiegelungen und den Ausbau erneuerbarer Energien. Krefeld müsse zur wirklichen Fahrradstadt werden – „Autofahren darf nicht mehr so viel Spaß machen“. Der grüne OB-Kandidat Thorsten Hansen könne hier Akzente setzen.

Apropos OB-Kandidat: Die FDP will laut Heitmann im Juni entscheiden, ob sie einen solchen aufstellen oder eine Wahlempfehlung aussprechen wird. Aller Voraussicht keinen eigenen Kandidaten wird es nach Auskunft von Hagemes von den Linken geben. Und auch eine Empfehlung werde man wohl nicht aussprechen, da man den „Kuschelkurs“ gegenüber dem Wirtschaftssystem nicht mittragen wolle. Geld sei in Krefeld genug da – nur nicht dort, wo es hingehöre.

Nach der Abwahl von Beate Zielke geht ein „Ruck durch die CDU“

Der Ratsentscheid vom vergangenen Montag, bei dem eine Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken die Wiederwahl von Stadtdirektorin Beate Zielke (CDU) verhindert hatte, schlug bei der Diskussionsrunde nochmals Wellen. Laut Wettingfeld gehe dadurch jetzt „ein Ruck durch die CDU“, man freue sich auf den Wahlkampf mit der eigenen OB-Kandidatin Kerstin Jensen. Die SPD müsse jetzt schauen, wie sie eine Mehrheit für den Haushalt hinbekomme.

Winzen wirkte nicht beunruhigt, sprach von „projektbezogener Arbeit“. Die SPD wolle mit Themen überzeugen (er nannte etwa ein Mobilitätskonzept mit Quartiersgaragen entlang der Ringe) und könne den Wählern mit OB Frank Meyer ein sehr gutes Angebot machen.

SPD setzt weiter auf einen Drogenkonsumraum

Inhaltlich blickte der SPD-Fraktionsvorsitzende auf den Theaterplatz. Eine Verdrängung löse das Problem der Drogen- und Alkoholikerszene nicht. Ordnungspolitisch habe die Stadt mit „Helfen und handeln“ viel bewirkt, die „sozialpolitische Seite ist noch nicht da, wo wir hin müssen“, gab er zu. Einrichtungen wie den Drogenkonsumraum müsse es geben – und auch der angedachte Neubau eines Technischen Rathauses auf dem Theaterplatz könne Teil der Lösung sein.

Haben die Grünen ein Konzept für die Innenstadt? Laut Heidi Matthias sei dieser nicht erst durch Corona eine riesige Konkurrenz durch das Online-Shopping entstanden. „Wir müssen es schaffen, Einkaufen wieder zu einem sinnlichen Erlebnis zu machen“, erklärte sie. Notwendig sei eine veränderte Ladenstruktur, weg von Billigläden und Filialen irgendwelcher Ketten. Einzelhandel und Hausbesitzer müssten mitziehen, um Kreative, Künstler und Startups zu etablieren.

Jürgen Wettingfeld hob für die CDU aber auch die Notwendigkeit hervor, die Großen der Innenstadt (C&A, Kaufhof, Primark) zu erhalten – und P&C anzusiedeln. Ebenso wolle sich seine Fraktion für die Belebung der kleinen Plätze in der City sowie für eine verkehrliche Entlastung von Fischeln einsetzen.

Benedikt Winzen, Heidi Matthias und Stephan Hagemes hoben die Bedeutung der Wiederbelebung des Stadtbads Neusser Straße hervor. Am weitesten in ihren Visionen ging dabei die Grüne, die sich auf dem Gelände ein Gründerzentrum, Schwimmmöglichkeiten, Startups, Gastronomie, Gartenbau und von der Wohnstätte Krefeld gebaute Appartments vorstellen kann. Apropos Visionen: Jürgen C. Heitmann schwebte bei der Entwicklung von Wohnbauflächen ein „grünes Bauhaus“ vor.

Von einem „spannenden, gelungenen Experiment“ sprach am Ende des Livestreams VHS-Direktorin Inge Röhnelt. Wer möchte, kann sich die knapp zweistündige Veranstaltung nach wie vor komplett im Internet anschauen.

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