Buchprojekt der NS-Dokumentationsstelle Krefeld: Freunde nach erbitterter Feindschaft

Krefeld · Emma und Léon sind Kinder, die den Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Emma im deutschen Krefeld, Léon im besetzten französischen Dünkirchen. Die beiden Städte haben schon vor Jahren eine Partnerschaft geschlossen, pflegen seitdem eine Freundschaft, obwohl sie im Krieg erbitterte Feinde waren.

 Peter Schmitz, Christoph Laugs, Dana Theussen, Sandra Franz und Thomas Gabelin präsentieren das neue Projekt „Emma und der Krieg“.

Peter Schmitz, Christoph Laugs, Dana Theussen, Sandra Franz und Thomas Gabelin präsentieren das neue Projekt „Emma und der Krieg“.

Foto: Andreas Bischof

Sie haben die tragische Zeit überwunden und arbeiten sie noch heute auf, indem sie an die Geschichte erinnern.

In Dünkirchen entstand 2020 deshalb das Arbeitsbuch „Le Carnet de Léon“. Die Krefelder waren von Léons Notizbuch begeistert und zogen nach. Ihre Version heißt „Emma und der Krieg“ und ist gerade erschienen. Das Werk erzählt von fiktiven Personen, lässt aber auch Zeitzeugen zu Wort kommen.

„,Emma und der Krieg` richtet sich an Kinder und Jugendliche zwischen zehn und vierzehn Jahren“, erklärt Sandra Franz, die Leiterin der NS-Dokumentationsstelle der Stadt als Herausgeber. „Im Krieg standen sich die beiden Staaten feindlich gegenüber. Es ist gerade in der jetzigen Zeit wichtig, ein Erinnerungsprojekt zu haben.“

Das Buch brauchte bis zum Druck ziemlich viel Zeit und zahlreiche Protagonisten. Es wird nicht nur durch Emma lebendig und greifbar, sondern auch durch die Zeitzeugen in beiden Städten, die aus ihren Erfahrungen oder Berichten der Eltern berichten.

Da ist auf deutscher Seite Thomas Gabelin, der aus Erzählungen der Mutter viel erfahren hat. „Als meine Familie nach Theresienstadt deportiert wurde, war meine Mutter mit mir schwanger“, berichtet er. „Mein Vater stand zweimal auf der Transportliste ,nach Osten‘, konnte aber bleiben und wir kamen zurück nach Krefeld. Im August 1945 erfuhren wir von 65 Familienangehörigen, die umgekommen waren.“ Das Bild von ihm, seiner Mutter und Bruder Richard von 1946 ziert die Titelseite und macht das Werk authentisch.

Gabelin hat erzählt und die Geschichten wurden aufgeschrieben und formuliert. „Ich bin von Material und Inhalt, von Sprache und Zeichnungen von Emma und ihrer Familie beeindruckt. Sie ist eine gute Identifikationsfigur. Es gibt ganz viele Themen, nicht nur Bomben und Krieg.“

Dazu sagen Dana Theußen und Christoph Laugs als Projektleiter, dass sie Wert daraufgelegt hätten, dass die Texte kurzgehalten und auch für Kinder verständlich sind, die Schwierigkeiten mit der Sprache haben, auch weil sie nicht in Deutschland geboren sind.

Laugs: „Wir haben es uns nicht einfach gemacht. Das Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Krefeld war daran beteiligt und hat die Texte in einfache Sprache übersetzt, nachdem es sie lektoriert hat.“ Schülerinnen und Schüler der Marienschule agierten als Testleser.

Die Macher standen in Kontakt mit Illustrator Peter Schmitz: „Ich fand es spannend, mich in die Situation zur Geschichte reinzuversetzen. Das Buch ist ein historisches Dokument. Kinder und Jugendliche haben perfekten Zugang.“

Es gibt aber nicht nur Kapitel über die Geschichte des Nationalsozialismus zu erleben, die insgesamt eine gute Balance halten, nicht erschlagend sind. Franz: „Die jungen Leser können außerdem Rätsel und Aufgaben bearbeiten, deren Lösung auf der Website der Villa Merländer stehen. Sie haben die Möglichkeit, am 20. August und 15. Oktober an einer Geschichtsrallye teilzunehmen und die Ausstellung zu besuchen, die mit kleinen Videos in der Villa gezeigt wird.“    

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