Anliegerbeiträge Straßenbau: So sollen die Bürger entlastet werden

Krefeld · Die Änderung des Kommunalabgabengesetzes hat Auswirkungen auf Krefeld. Hausbesitzer zahlen weniger, Ratenzahlungen werden bis zu 20 Jahre möglich.

 Bei Fahrbahn- und Gehweg-Erneuerungen werden die Anwohner an den Kosten beteiligt. Unser Symbolbild zeigt die Baustelle Breiten Dyk.

Bei Fahrbahn- und Gehweg-Erneuerungen werden die Anwohner an den Kosten beteiligt. Unser Symbolbild zeigt die Baustelle Breiten Dyk.

Foto: Andreas Bischof

Es geht ums Geld: Der NRW-Landtag hat kurz vor Weihnachten 2019 mit den Stimmen von CDU und FDP eine Änderung des sogenannten „Kommunalabgabengesetzes“ beschlossen. Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich eine Regelung, die für Bürger richtig teuer werden kann. Das besagte Gesetz regelt nämlich über Paragraph 8, in welchem Umfang Grundstückseigentümer an den Kosten des Straßenausbaus vor ihrer Haustür beteiligt werden. Die voraussichtlichen Auswirkungen der Gesetzesänderung auf die Verfahrensabläufe in der Krefelder Stadtverwaltung, die Beitragserhebung und die Beitragspflichtigen stellt die Verwaltung am Mittwoch im Bauausschuss vor.

Warum ist das Kommunalabgabengesetz überhaupt geändert worden?

Ein Fahrbahnbelag oder ein Rad- und Fußweg werden erneuert. Andere Laternen mit moderner LED-Technik werden aufgestellt: In solchen Fällen werden die Anlieger über die Straßenausbaubeiträge an den Kosten beteiligt – und das Geschrei ist meistens groß. Denn nicht selten können fünfstellige Beträge auf die Bürger zukommen. Je nach Straßentyp und Art der Arbeit müssen in Krefeld die Anwohner zwischen 30 und 80 Prozent der Kosten tragen. Das sorgt seit Jahren für Protest. Kommunen wie Krefeld sind aber laut Gesetz dazu verpflichtet, diese Beträge zu erheben. Der Druck lastete deshalb auf der Landesregierung, daran etwas zu ändern. Diese hat dem Druck schließlich nachgegeben und eine Entlastung für die Bürger auf den Weg gebracht. Diese ist seit dem 1. Januar in Kraft. Im Vorfeld der Entscheidung hatten sich sogar mehr als 50 Bürgerinitiativen zusammengeschlossen und – vergeblich – die komplette Abschaffung der Beiträge gefordert.

In welchem Umfang übernimmt das Land die Ausbaubeiträge?

Die Förderung soll die Mindereinnahme der Gemeinde kompensieren, die durch eine Entlastung der Anlieger entsteht. Konkret übernimmt das Land die Hälfte des Aufwandes, der umgelegt wird. Das Land hat dafür im Haushalt 2020 eine Summe von 65 Millionen Euro eingeplant. Ob dies ausreichen wird, ist strittig. Krefelds SPD-Fraktionschef Benedikt Wintzen hatte daher schon vor Wochen gegenüber unserer Zeitung ein „Windhundrennen“ um die Fördermittel befürchtet. Dazu hält die Krefelder Verwaltung fest, es könne „aktuell nicht von einer sicheren Förderung ausgegangen werden, die einen Wettlauf um Fördermittel ausschließen würde“.

Gilt die gesetzliche Änderung auch rückwirkend?

Ja. Förderfähig sind nach derzeitigem Entwurf Maßnahmen, die vom Rat oder einem Fachausschuss ab dem 1. Januar 2018 beschlossen wurden. Der Städtetag NRW fordert, dass auch Maßnahmen gefördert werden sollen, die vor diesem Datum beschlossen, deren Bau aber erst nach dem 1. Januar 2018 begonnen wurde. Die Stadt Krefeld hält dazu fest, dass die bis Ende 2023 noch abzurechnenden rund 200 fertiggestellten Beleuchtungsmaßnahmen sowie etliche Straßenbauten vor 2018 beschlossen worden sind, aber zu einem wesentlichen Teil erst danach gebaut wurden.

Ist die genaue Abwicklung der Förderung durch das Land schon festgelegt worden?

Nein. Bisher gibt es lediglich einen Entwurf der Förderrichtlinie, nach dem kein Rechtsanspruch der Gemeinde auf eine Förderung besteht. Der Stadt Krefeld liegen noch keine Informationen vor, wann mit dem endgültigen Erlass der Richtlinie und eines verbindlichen Musters zum Straßen- und Wegekonzept zu rechnen ist. Sie hält außerdem fest: „Das Abrufverfahren der Mittel wird zwar im Vorfeld als einfach dargestellt, allerdings gibt es auch hierzu bislang nur einen Entwurf. Jedenfalls wird es einen zusätzlichen Personal- und Organisationsaufwand erzeugen.“

In welcher Form regelt das Gesetz Ratenzahlungen?

Um eine wirtschaftliche Überforderung zu vermeiden, kann künftig eine voraussetzungslose Ratenzahlung von allen Beitragspflichtigen in Anspruch genommen werden. Das Gesetz ermöglicht eine Zahlung in bis zu 20 Jahresraten. Die Stadt Krefeld geht daher von einem Anstieg der Ratenzahlungsanträge aus. Eine hohe Zahl von Ratenzahlungen oder Stundungen – bei jährlichen Einnahmen zwischen 1 und 1,5 Millionen Euro aus Beiträgen – hätte erhebliche finanzielle Auswirkungen auf den städtischen Haushalt. „Insofern bedarf es hierzu noch einer verwaltungsinternen Beratung und einer Präzisierung, gegebenenfalls in der Satzung“, sagt die Stadt.

Werden besondere Ermäßigungen gewährt?

In Krefeld wird weiterhin keine Eckgrundstücksermäßigung gewährt. Die Stadt beruft sich dazu auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster. Eine Tiefenbegrenzung ist in der Stadt seit Jahren Praxis. Hier können alle Kosten auf die beitragspflichtigen Grundstücke umgelegt werden.

Werden die Bürger besser als bisher über anstehende Straßenbaumaßnahmen informiert?

Ja. Die Gesetzesänderung verpflichtet die Gemeinde, die Eigentümer der betroffenen Grundstücke bei beitragspflichtigen Straßenbaumaßnahmen frühzeitig zu einer Versammlung einzuladen, um ihnen die rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten der Maßnahme vorzustellen und mit ihnen zu diskutieren. Darüber hinaus besteht durch das geänderte Gesetz die Verpflichtung, Planungs-Alternativen zum vorgesehenen Ausbaustandard zu erörtern und die finanziellen Auswirkungen darzustellen. Die Stadt Krefeld spricht hier von einem erheblichen, auch personellen, Mehraufwand. Bei geringfügigen Maßnahmen kann die Anliegerversammlung durch andere Beteiligungsverfahren ersetzt werden. Was allerdings „geringfügige Maßnahmen“ sind, wird durch das Gesetz nicht definiert. Für das zuständige Bau-Ministerium könnten dies Maßnahmen mit geringem Aufwand sein, etwa der Austausch von Straßenbeleuchtungen.

Welche weiteren Verpflichtungen ergeben sich durch die Gesetzesänderung für die Stadt?

Die Städte werden zu einem Straßen- und Wegekonzept verpflichtet, das einen Zeitraum von vier Jahren abdecken und spätestens alle zwei Jahre fortgeschrieben werden soll. Auch die Straßenbeleuchtung soll damit erfasst werden. Die Krefelder Stadtverwaltung geht deshalb auch hier von zusätzlichen personellen und finanziellen Ressourcen aus, die benötigt werden. Sie gibt zudem zu bedenken, dass „der allgemein schlechte Zustand der Straßen oftmals kurzfristige Unterhaltungsmaßnahmen erfordert, die nur schwer von einem starren Konzept erfasst werden können“.

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