Das sind die Erkenntnisse der Polizei Drogen per WhatsApp - So dreist agieren Dealer in Krefeld

Krefeld · Erst „Popeye“-Kiosk dann „Green Company“ - der Drogenhandel in Krefeld ist offenbar nur schwer zu stoppen. Nun schlug die Polizei im großen Stil zu. Doch ist die Bande damit vollständig aufgelöst?

 Die Polizei zeigte aus dem Netz heraus kopierte „Werbeplakate“ der Drogenbande.

Die Polizei zeigte aus dem Netz heraus kopierte „Werbeplakate“ der Drogenbande.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Bei den Ermittlern schwang durchaus ein bisschen Respekt mit, als sie am Freitagmorgen im Polizeipräsidium en detail berichteten, wie die Drogenbande mit dem Namen„Green Company“ monatelang mitten in Krefeld agiert hatte. „Sie waren wirklich gut organisiert“, sagte etwa Staatsanwältin Silke Naumann. Ihr Kollege Axel Stahl sprach von „professionellen, kundenorientierten Marketing-Strategien“ wie bei ganz normalen Unternehmen und Produkten. Allerdings machten sie auch unmissverständlich klar, dass man von „Schwerstkriminalität“ (Naumann) rede, für die Haftstrafen von fünf Jahren und mehr vorgesehen sind. Konkret geht es um Drogenhandel, vor allem Marihuana, Kokain, Amphetamine. Am Morgen des 24. Novembers war es damit vorbei: Da stürmte die Polizei mit Verstärkung von Spezialeinsatzkräften (SEK) insgesamt elf Wohnungen in Krefeld, es gab sechs Festnahmen.

„Wir haben dabei gut 1,7 Kilogramm Rauschgift, zum Teil abgepackt in Fünf- oder Zehn-Gramm-Portionen gefunden, außerdem mehr als 10 000 Euro Bargeld, teure Uhren und Goldschmuck“, fasst Holger Sauren, der Leiter der Ermittlungskommission beim Kriminalkommissariat 13, zusammen. Das SEK habe man hinzugebeten, weil es Hinweise auf Schußwaffenbesitz gegeben habe, sagt Sauren und umschreibt den Einsatz so: „Wir haben nicht höflich angeklopft oder an der Tür geschellt.“ Die Tatverdächtigen ließen sich widerstandslos festnehmen, was bei SEK-Einsätzen im übrigen auch sehr zu empfehlen sei, wie Axel Stahl anmerkte. Was die Drogenmenge angeht, geht die Polizei von insgesamt etwa 16 Kilogramm aus.

In Haft wanderten der vermeintliche Kopf der Bande, ein gebürtiger Krefelder, 35 Jahre alt – und einschlägig vorbestraft; dazu seine zwei wichtigsten Koordinatoren, beide 28 und ebenfalls in Krefeld geboren und wohnhaft; sowie drei sogenannte „Läufer“, also Drogenverkäufer im Alter von 19 bis 32 Jahren.

Doch richtig schillernd wird die Geschichte jenseits der nüchternen Fakten. Sie beginnt laut Polizei im März, ein paar Wochen nachdem die „EK Popeye“ in Krefeld eine fünfköpfige Drogenbande aus dem Verkehr zog. Die hatte aus einem Kiosk an der Hubertusstraße heraus den Stoff „vertickt“. Nachdem es danach noch zwei Festnahmen im Drogenmilieu der Südstadt gegeben hatte, tauchten SMS-Nachrichten auf mit der Botschaft: „Der Verkauf geht weiter“. „Da war endgültig klar, dass es noch Hintermänner gibt“, sagt Sauren.

Er und seine Kollegen stoßen in der Folge auf einen schwunghaften Drogenhandel, der vor allem über die Social-Media-Plattform WhatsApp lief. Die „Green Company“ trat mit dem selbstbewussten Untertitel: „Die besten Botaniker der Stadt“ auf. Via Statusmeldungen wurden dabei der Kundschaft täglich neue Angebote angepriesen: von der Cannabis-Sorte bis zu Ort und Uhrzeit des Handels. „Heute von 11.30 bis 0 Uhr: Mexican Haze, Extra dicke Tüten“, hieß es da, oder: „Bruce Banner – Ist es zu stark, bist du zu schwach“.

Das Geschäft lief offenbar wie geschmiert. Die Polizei schätzt, dass jeden Tag etwa ein Kilo Rauschgift verkauft wurde, der Preis soll bei zehn Euro pro Gramm liegen. Was da an Umsätzen über die Monate zusammenkam, kann man sich leicht ausrechnen. Ob noch größere Vermögen bei den Tatverdächtigen anghäuft wurden und im Zweifelsfall einziehbar sind, ist Gegenstand weiterer Ermittlungen, sagen die Staatsanwälte. Woher der Stoff kam, ist noch nicht ganz geklärt, auf jeden Fall gibt es keine Hinweise auf Eigenanbau.

Was die Ermittler erstaunt hat, sind Frechheit und Ignoranz der Bande, die zunächst in Wohnungen mit den Drogen handelten, dann auf der Straße in der Südstadt, auch auf Spielplätzen und vor Altenheimen. Denn zwischendurch wurden sie mehrfach von der Polizei gestört, nachdem sie Hinweise von älteren Hausbewohnern etwa an der Blumenstraße erhalten hatte. „Es gab Kontrollen, es gab Festnahmen, ja sogar Verurteilungen“, sagt Staatsanwältin Silke Naumann, „aber davon ließ die Bande sich nicht abschrecken“. Sie machte einfach weiter.

Das alles allerdings werde sich nun eher strafverschärfend auswirken, sagen die Juristen. Zumal nie vergessen werden dürfe, so Stahl, „wie gefährlich und schädlich die Drogen vor allem für junge Menschen sind“.

Ob allerdings die Bande nunmehr komplett zerschlagen werden konnte, das kann niemand garantieren. Denn meist nutzen neue Dealer die Lücken, die durch Festnahmen im Handel entstanden sind. So wie auch in Krefeld, als im März die „Green Company“ entstand. Stahl: „So lange die Nachfrage nach Drogen da ist, werden Menschen versuchen, aus der Sucht Profit zu schlagen.“

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