Hockey Doppelte Lust auf zweites Olympia

Die Geschwister Selin sowie Timur Oruz aus Krefeld sind Hockey-Nationalspieler und wollen bei den Spielen 2021 in Tokio erneut Medaillen gewinnen.

 Selin Oruz spielt für Düsseldorfer HC.

Selin Oruz spielt für Düsseldorfer HC.

Foto: HORSTMUELLER GmbH

Es sollte eine Erinnerung sein, die buchstäblich unter die Haut geht. Nachdem die Hockey-Geschwister Selin und Timur Oruz mit den Nationalmannschaften vor vier Jahren Bronze bei den Olympischen Spielen in Rio gewonnen hatten, ließen sie sich eine Tätowierung stechen. Die fünf Ringe sind nun auf dem Knöchel zu sehen. „In irgendeinem Heavy-Metal-Keller in Köln“, wie die 23-Jährige jüngst dem Magazin „Gold“ der Deutschen Sporthilfe erzählt hat. Darin geben die Beiden auch Einblicke in ihr Privatleben. „Die intensivste und krasseste Zeit“ seien die zwei Wochen in Brasilien gewesen, so Selin Oruz.

Eine Fortsetzung dieser Geschichte war eigentlich für dieses Sommer vorgesehen. In Tokio sollte es für die Damen und die Herren des Deutschen Hockey Bundes wieder um Medaillen gehen. Die Verlegung in den Sommer 2021 wegen der Pandemie aber machte den Plänen erst einmal einen Strich durch die Rechnung. Timur Oruz zeigt auf seinem Instagram-Kanal ein Foto aus Kindertagen, Eis essend neben seinen Spielkameraden: „Jetzt ist die Zeit, ruhig zu bleiben, sich zurückzulehnen und Eis zu essen.“

Mit nur drei Jahren war Selin Oruz zum Hockey gekommen beim CHTC, nur wenige Minuten entfernt vom Elternhaus. Ihr drei Jahre älterer Bruder Timur war da schon am Krummstock beim Krefelder Klub aktiv. 1998 begann seine Karriere. 2013 wechselte er als 18-Jähriger zu Uhlenhorst Mülheim, kehrte 2014 für ein Jahr nach Krefeld zurück, ging dann aber zur Top-Adresse Rot-Weiß Köln. Später debütierten die Geschwister auch im Nationalteam. Timur mit 20, Selin mit 16. Heute kommen beide auf zusammen 182 Länderspiele.

„Früher war Timur mein Vorbild“, sagt Selin heute gegenüber dem Magazin „Gold“. Ihre Laufbahn begann in 2000 beim CHTC. 2012 ging sie als 15-Jährige zu Raffelberg Duisburg, ein Jahr später ist sie schon A-Nationalspielerin. 2014 geht es weiter zu Bundesligist Düsseldorfer HC, eine Spitzenmannschaft bei den Damen.

Zank und Reibereien gibt es bei den beiden gebürtigen Krefeldern eher selten, die heute ihre Wahlheimat rheinaufwärts gefunden haben. Timur spielt für den mehrfachen Deutschen Meister Rot-Weiß Köln, lebt in der Domstadt und liebt den Karneval. Selin ist für den Düsseldorfer HC aktiv und flieht eher vor den närrischen Tagen. Sie wohnt in der Landeshauptstadt.

Das besondere Interesse für die Medizin liegt in der Familie. Der Vater ist Hals-Nasen-Ohrenarzt mit Praxis an der Uerdinger Straße. Galip Oruz kam als Zwölfjähriger aus Istanbul nach Krefeld. Die Mutter ist ebenfalls Medizinerin. Wenig überraschend, dass also auch die Kinder Selin und Timur den Weg der Heilkunde eingeschlagen haben.

Timur Oruz ist zudem Botschafter für Diabetes. Er will am eigenen Beispiel zeigen, dass Höchstleistung trotz der Krankheit möglich ist. An Spieltagen regelt er seinen Blutzuckerspiegel, um das Maximum aus seinem Körper herauszuholen. Der 25-Jährige ist ein Modell-Athlet im deutschen Kader. Er hält Vorträge zu dem Thema, spricht über seine Erlebnisse und Erfahrungen, veranstaltet Workshops, möchte die Mitmenschen inspirieren.

In der Nationalmannschaft sind Timur und Selin immer noch die Ausnahme, wenn man auf ihren Migrationshintergrund anspielt. Dort zeigt sich: Hockey in Deutschland ist nach wie vor sehr weiß und sehr deutsch – und ein eher teures Hobby, was den Zugang für vermeintlich niedrigere Einkommensklassen erschwert. Auch dort wollen die Beiden ein Zeichen setzen: zeigen, dass auch Einwanderer-Kinder es bis in die deutsche Nationalmannschaft schaffen können und als Leistungsträger fungieren.

Die Zeit in der Krise will dennoch gut genutzt sein. In ihrem Instagram-Auftritt zeigt Selin Oruz Yoga-Übungen in ihrer Wohnung oder gemeinsame Fotos mit ihrem Freund, dem Fußball-Nachwuchstrainer Dennis da Silva Felix von Fortuna Düsseldorf. Und da wäre ja auch noch das Medizin-Studium. Olympia ist nur aufgeschoben.

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