Obdachlosigkeit Neues Konzept für Obdachlose

Krefeld · Stadt Krefeld will Hilfen ausbauen und Einrichtungen verbessern. Unterkunft an der Feldstraße wird saniert.

 In der ehemaligen Don-Bosco-Schule an der Feldstraße befindet sich eine Obdachlosen-Unterkunft der Stadt.

In der ehemaligen Don-Bosco-Schule an der Feldstraße befindet sich eine Obdachlosen-Unterkunft der Stadt.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die ehemalige Don-Bosco-Schule an der Feldstraße bleibt auf längere Sicht eine Obdachlosen-Unterkunft. Das hat der Beigeordnete Thomas Visser im Sozialausschuss klargestellt. „Die kritischen Stimmen dazu aus dem Südbezirk kann ich nachvollziehen“, erklärte Visser. Aber die Stadt habe derzeit keine Alternative. „Der Standort ist deshalb bis auf weiteres gesetzt.“

Anlass der Bemerkung des Beigeordneten war die Vorstellung eines Grobkonzeptes zur Weiterentwicklung der Wohnungshilfe in Krefeld durch Fachbereichsleiter Wolfram Gottschalk. Darin ist von einer „temporären Beibehaltung der Unterkunft Feldstraße 45“ die Rede. Dieses „Temporär“ ist nach den Ausführungen Vissers zwar „nicht für die nächsten 100 Jahre“ gemeint – aber einige Jahre könnten es durchaus werden. Ganz genau festlegen lassen wollte sich Visser vom Ausschuss nicht. Was er aber auch betonte: Die Nähe der Feldstraße zu den Einrichtungen von Diakonie und Caritas sei inhaltlich von Vorteil.

Wie sieht derzeit die Ausgangslage mit Blick auf die Unterbringung von Obdachlosen in Krefeld aus? Laut Verwaltung leben bis zu 100 Personen in Einrichtungen der Wohnungshilfe, davon 40 bei der Diakonie, bis zu zwölf beim Caritasverband und bis zu zwölf in der Notschlafstelle der Stadt. Es gibt etwa zehn Dauergäste in der Obdachlosenunterkunft der Stadt und bis zu 20 in Obdachlosenwohnungen.

Wer sind die Betroffenen? Betroffen sind fast ausschließlich alleinstehende Personen. Zwischen acht und 20 Prozent der Personen in den Notschlafstellen sind Frauen. Der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund liegt bei 40 bis 60 Prozent. An der Feldstraße sind oft Menschen im Alter über 65 Jahre untergebracht, bei der Diakonie ist der Großteil zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr.

Welche Einrichtungen gibt es genau? Das Zentrum für Wohnungslose der Diakonie bietet an der Lutherstraße eine Nachtunterkunft für wohnungslose Menschen. Dort stehen 40 Bettenplätze zur Verfügung. 2018 gab es 13 854 Übernachtungen, im Durchschnitt wurde die Unterkunft von 38 Personen täglich genutzt. Darüber hinaus gibt es an der Lutherstraße einen Tagesaufenthalt für Wohnungslose in Krefeld. Die Diakonie bietet weiterhin Ambulantes Betreutes Wohnen sowie Stationäres Betreutes Wohnen an.

Die Notschlafstelle der Caritas an der Melanchothonstraße hat zwölf Bettenplätze „für wohnungslose Konsumenten illegaler Substanzen“. 2018 gab es hier 2917 Übernachtungen – also im Schnitt acht Personen am Tag. Ferner bietet die Caritas mit dem Café Pause einen Tagesaufenthalt an.

An der Feldstraße ist die Notunterkunft mit 20 Betten ausgestattet, die bei Bedarf noch aufgestockt werden können. Genutzt wurde sie im Vorjahr von acht bis neun Personen täglich. Insgesamt gab es 3077 Übernachtungen.

Die Heilsarmee betreibt das Gösta-Blomberg-Haus als stationäres Seniorenheim. Es ist die einzige pflegerische Einrichtung in Krefeld, die sich besonders um die Bedarfe von Menschen mit Abhängigkeit, Suchtvergangenheit und Obdachlosigkeit kümmert.

Welche Veränderungen stehen in den Einrichungen an? Sicher ist, dass in die Unterkunft an der Feldstraße investiert wird, „wo es notwendig ist“. Dezernent Thomas Visser nannte als Beispiele ein dichtes Dach und dichte Fenster, auf die auch Obdachlose einen Anspruch hätten. Auch wolle man weg von der Schlafsaal-Unterbringung und hin zu einer Zwei- oder Vier-Bett-Lösung als Standard.

Darüber hinaus sollen Obdachlose die Möglichkeit bekommen, Tiere mit in die Unterkunft zu bringen. Dies ist Teil eines neuen Konzepts zur Wohnungshilfe. Denn es soll eine veränderte strategische Ausrichtung in der Bekämpfung der Obdach- und Wohnungslosigkeit gefunden werden – weg von der reinen Verwaltung und hin zum nachhaltigen Helfen.

Der hierzu benötigte Umdenkprozess sieht weitere flankierende Maßnahmen vor. So sollen auch verbesserte Unterbringungsstandards in den Einrichtungen der Diakonie und Caritas angestrebt werden. Ein vom Landschaftsverband finanziertes „Betreutes Wohnen“ in stationärer Form für bis zu 24 Personen durch die Diakonie soll gegründet werden.

Welche weiteren Maßnahmen sind vorgesehen? Die Einrichtung von Clearingwohnungen. Die Einrichtung einer städtischen Anlaufstelle für Wanderarbeiter (vor allem aus dem EU-Ausland). Die Erweiterung der Unterbringungsmöglichkeiten für Familien mit minderjährigen Kindern. Auch soll geprüft werden, ob Obdachlose die Feldstraße als Meldeadresse angeben können. Caritas und Diakonie bieteh für ihr Klientel diese Möglichkeit schon an.

Die Sprecher der Fraktionen verdeutlichten, dass sie dem Grobkonzept zustimmen, aber auch noch Bedarf für weitere Beratungen sehen.

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