Videopodcast KR65+ Kindheit an der Schwertstraße in Krefeld in den 50er Jahren: „Dann war Ruhe im Karton“

Krefeld · Früher sammelten die Kinder Patronenhülsen und Patronen. Auch den einen oder anderen Spaß erlaubten sie sich mit ihren Eltern, erklärt Marlene Nelißen in der neuen Folge des Videopodcasts „KR65+“.

Von ihrer Kindheit auf der Schwertstraße Mitte der 1950er Jahre berichtet in der neuen Folge des Videopodcasts „KR65+“ Marlene Nelißen. Schon die Geburt der Krefelderin gleicht einem Abenteuer: An der Breitenbachstraße, bei ihrer Oma auf dem Küchentisch, habe sie am 18. Juni 1950 das Licht der Welt erblickt, erzählt sie. Dabei habe sie sich für den Moment der Geburt nicht nur Freunde gemacht: „Mein Onkel musste um Mitternacht die Hebamme holen, dabei war er eigentlich mit meiner späteren Tante verabredet. Da war er richtig sauer.“ Selbstverständlich verflog der Ärger schnell.

In jungen Jahren ist Nelißen mit ihrer Familie an die Schwertstraße 14 gezogen. Die Krefelderin kann noch genau sagen, wie die Wohnung ausgesehen hat: „Die Toilette war noch im Hausflur. Die Wohnung selbst begann mit der Küche, es folgten Wohnzimmer, Elternschlafzimmer und Kinderschlafzimmer.“ Mit ihrem Bruder habe sie sich ein großes Bett geteilt, während die Schwester im Gitterbettchen nächtigte. „Eines Nachts ging die Tür zum Kinderzimmer auf, eine Frau stürmte herein und versteckt sich hinter der Nachtkonsole. Wir wussten nicht, was los war, hatten auch ein bisschen Angst.“ Denn vorausgegangen war ein Tumult in der Nachbarswohnung. „Später haben wir erfahren, dass der betrunkene Ehemann die Frau verprügeln wollte und die Frau dann Zuflucht in der Wohnung meiner Eltern gesucht hat.“ Nelißens Mutter war es, die dem Treiben Einhalt gebot, in dem sie dem Betrunkenen eine Bierflasche über den Kopf zog. „Dann war Ruhe im Karton“, sagt Nelißen und lacht herzhaft.

Es gibt viele weitere Erinnerungen, die Nelißen mit ihrer Mutter verknüpft. Wenn diese einkaufen gegangen ist, habe sie die Kinder eingeschlossen, was diese nicht davon abhielt, sich Späße zu erlauben. „Einmal hatten wir Hunger, haben die letzten Krümel Schwarzbrot aus dem Brotkasten gegessen. Und die Milchkruste vom Milchtopf abgekratzt und gegessen“, erinnert sich die Krefelderin. Ein anderes Mal sei plötzlich die Oma zu Besuch gekommen. Um ihr Einlass gewähren zu können, habe man innen und außen einen Stuhl vor das Küchenfenster gestellt, mit dem die Großmutter in die Wohnung klettern konnte. „Wir haben uns gemeinsam unterm Wohnzimmertisch versteckt und die Mutter erschreckt, als sie wiederkam. Da hatten wir einen Riesenspaß.“

Den gab es natürlich auch beim Spielen auf dem Kopfsteinpflaster vor der Haustür und in den Häusern, von denen oftmals nur noch die Fassade stand. Auch wenn die Eltern für diese Gebäude ein Betretungsverbot ausgesprochen hatten, hielt das die Kinder nicht davon ab, trotzdem darin zu spielen. „Wir sind in die Häuser rein und haben Patronenhülsen gesammelt und nicht verschossene Patronen. Wer die meisten hatte, hat gewonnen.“

Ohnehin hatten die Verbote oft nicht die erhoffte Wirkung. Nelißen berichtet von einer guten Freundin und einer alleinlebenden älteren Dame, der sie gerne die Haare kämmen durften. „Wir durften also quasi Friseur spielen. Uns hat das großen Spaß gemacht“, sagt Nelißen. Den Eltern dagegen missfiel dieses Schauspiel. gob

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