Kämmerer: Nachfolger mit guten Nerven

Nach dem Studium kam Manfred Abrahams 1978 zur Krefelder Stadtverwaltung. Am Freitag war sein letzter Arbeitstag im Rathaus.

Krefeld. Ein Blumenstrauß steht auf seinem Schreibtisch. Sonst deutet in dem Büro in der ersten Etage des Rathauses nichts auf Abschied. Keine Kartons, keine abgehängten Bilder.

Es ist Manfred Abrahams letzter Tag als Kämmerer der Stadt Krefeld. Nach 32 Jahren verlässt der 51-jährige Mönchengladbacher die Verwaltung der Stadt wie Samt und Seide, wird Kämmerer und Stadtdirektor in Düsseldorf. Den Abschied hatte er sich nach so langer Zeit etwas versöhnlicher gewünscht als mit der vieldiskutierten Finanzpanne.

Herr Abrahams, Sie sind - zumindest beruflich - in Krefeld groß geworden. Was ist das für ein Gefühl am letzten Arbeitstag?

Manfred Abrahams: Den Abrahams gäbe es in dieser Form nicht, wenn er nicht 32 Jahre in dieser Stadt gelebt hätte. Dazu gehören Erfahrungen, die berufliche Laufbahn. Dazu gehören viele Erfolge, wenige Niederlagen. Die Stadt ist mir einfach ans Herz gewachsen, weil ich viele persönliche Kontakte habe und zahlreiche Freundschaften entstanden sind, die ich auch in Zukunft pflegen möchte.

Erleichtert da der Streit um die Finanzpanne vielleicht sogar ein wenig den Abschied?

Abrahams: Die Intensität der Diskussion war so groß, dass ich wenig Zeit hatte, bewusst darüber nachzudenken, dass eine so lange Epoche jetzt zu Ende geht. Ich gehe mit dem berühmten lachenden und weinenden Auge. Ich freue mich auf die Aufgabe in Düsseldorf, neue Menschen, die man dort kennenlernt. Aber ich habe mir vorgenommen, die dauerhafte Beziehung zu Krefeld und den Freunden hier aufrecht zu erhalten.

Welches waren die herausragendsten unter den "vielen Erfolgen"?

Abrahams: In den sechseinhalb Jahren als Kämmerer die Konsolidierung des Haushaltes, die Neu-Organisation und Entwicklung des Hafens und die mittlerweile positiv bewertete Privatisierung des Klinikums. Außerdem ist es gelungen, die Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung auf den Weg zu bringen.

Wobei die Wirtschaftskrise die Konsolidierung ja ordentlich torpediert hat. 2009 sollte der erste ausgeglichene Haushalt seit Jahren vorgelegt werden - dann kam der Einbruch, es fehlten letztlich doch rund 70 Millionen Euro.

Abrahams: So etwas kann man nicht ausschließen. Es gibt immer externe Einflüsse, die die Zielerreichung hinausschieben. Ich hätte es den Krefeldern gegönnt, dass sie - nachdem Sie sich jahrelang angestrengt und eingeschränkt haben, nun belohnt werden.

Ich glaube aber, dass die Stadt nach wie vor gute Voraussetzungen hat, den Haushalt wieder ins Lot zu bringen. Auf Dauer wird es aber unerlässlich sein, über die Kostenverteilung zwischen Bund, Land und Kommunen für Sozialleistungen zu reden. Wenn die Städte 30 bis 35 Prozent des Etats für Sozialleistungen aufbringen müssen, leidet die Infrastruktur, sinkt die Attraktivität. Auf Dauer ist das Dynamit.

Bislang hat Krefeld die Spardebatte ohne tiefgreifende Einschnitte in Bäder, Bibliotheken oder andere öffentliche Einrichtungen überstanden. Wird das auch im nächsten Haushalt so bleiben?

Abrahams: Wenn die Wende in den nächsten drei bis vier Jahren möglich ist, dann glaube ich, dass wir den bisherigen Weg beibehalten und trotzdem den aufs Jahr bezogenen Ausgleich schaffen können. Wir müssen auch in schwierigen Zeiten Investitionen in die Stadt ermöglichen, damit sie sich zeitgemäß weiterentwickelt. Wichtig ist, dass wir keinen Bereich komplett verlieren. Aber es kann sein, dass man an anderer Stelle sparen muss, wenn man etwas für die Bildungseinrichtungen oder die Kultur tun will.

Die Haushaltsberatungen für 2010 sind auf Wunsch der Ratsmehrheit auf den Herbst verschoben worden. Wie geht das jetzt weiter in Krisenzeiten, ohne Etat, ohne Kämmerer?

Abrahams: Die wesentlichen Weichen für den Doppelhaushalt 2010/2011 sind gestellt. Der Verwaltungsvorstand wird die aktuellen Entwicklungen unter die Lupe nehmen und berücksichtigen und den Entwurf dann zusammen mit dem Haushaltssicherungskonzept im September einbringen. Die Mitarbeiter des Fachbereichs werden den notwendigen inhaltlichen Input geben. Und meine Vertreterin Beate Zielke ist in der Lage, mit der Politik vernünftige Ergebnisse zu erzielen.

Das heißt der Doppelhaushalt trägt noch die klare Handschrift von Manfred Abrahams?

Abrahams: Er trägt die Handschrift des gesamten Verwaltungsvorstandes. Die Dezernentenkollegen haben sich intensiv damit auseinandergesetzt und - zum Teil schweren Herzens - Vorschläge zum Sparen gemacht. Gleichzeitig wird man sehen, dass im investiven Bereich etwas getan wird und es in jedem Bereich ein Highlight geben wird..

Im Vorfeld der Landtagswahl ist viel von der Steuerschätzung im Mai gesprochen worden, die man abwarten müsse, um verlässlichere Daten zu bekommen. Nun waren die Aussagen der Experten zu Beginn des Monats nicht ermunternd. Muss der Haushalt jetzt daraufhin nochmal komplett umgeschmissen werden?

Abrahams: Es gibt in der Tat gravierende Abweichungen von der vorhergehenden Schätzung. Doch bei unserer Planung waren wir schon in vielen Bereichen vorsichtiger und sind deshalb nah an den neuen Zahlen dran. In anderen Bereichen muss allerdings noch nachgesteuert werden.

Sie sprachen zu Beginn von den "wenigen Niederlagen". An welche haben Sie dabei gedacht?

Abrahams: Die schmerzlichste ist die derzeit diskutierte Gewerbesteuer-Überzahlung, weil das wirklich das Trauma eines Kämmerers ist. Denn er ist für das Geld der Bürger verantwortlich. Das läuft einem auch nach der Arbeit noch nach. Ich hätte mir gewünscht, dass der Abschied von Krefeld mit anderen Klängen verbunden ist, als dies jetzt zwangsläufig sein muss.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?

Abrahams: Dass ihm die Stadt mit ihren Menschen so ans Herz wächst, wie sie mir ans Herz gewachsen ist; eine Portion Fortune, die ich - bis auf die letzten paar Tage - immer gehabt habe; ein hohes Maß an Dialogfähigkeit, innerhalb und außerhalb der Verwaltung, und gute Nerven.

Worauf freuen Sie sich mit Blick auf Düsseldorf?

Abrahams: Auf die Gestaltungsmöglichkeiten einer prosperierenden Stadt, auf viele neuen Menschen und viele tolle Einrichtungen.

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