Jubiläum Jetzt ist Bauhaus-Jahr in Krefeld

Krefeld · Die Stadt hat die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag der Schule, die Kunst und Handwerk vereinte, eröffnet. Wichtigstes Ziel der nächsten Monate: ein Programm machen, das Bauhaus möglichst Vielen nahebringt.

 Da sind sie ja: Besucher können seit Sonntag wieder Haus Esters und Haus Lange (vom Betrachter aus links gelegen) besichtigen.

Da sind sie ja: Besucher können seit Sonntag wieder Haus Esters und Haus Lange (vom Betrachter aus links gelegen) besichtigen.

Foto: Ja/Lothar Strücken

Die häufigste Wortkombination am Eröffnungsabend des Bauhaus-Jahres in Krefeld lautete „heute noch“. Was bedeutet die große Schule heute noch? Welche Spuren sind heute noch zu finden? Welche Rolle spielt Krefeld als Bauhaus-Stadt heute (noch)? All das erörterten Gäste und Experten in der Shedhalle der Hochschule Niederrhein am Frankenring ebenso wie die vielen Besucher, die sich am Sonntag die sanierten Häuser Lange und Esters anschauten. Allein auf der Internetseite Facebook hatten mehr als 1600 Menschen ihr Interesse an der Eröffnung bekundet, die Kunstmuseen hatten deshalb spontan einige Führungen organisiert. Eine Antwort auf die Fragen nach dem „heute noch“ gab Oberbürgermeister Frank Meyer: „Wir können uns auch nach außen stolz zur Bauhaus-Stadt Krefeld bekennen.“

In der ehemaligen Seidenstadt sind die Spuren unverkennbar

Krefeld ist im Westen die Stadt mit den klarsten Spuren von Bauhaus. Rund 30 Vertreter der Schule haben hier gelebt, gelehrt und gewirkt. Sie sind eng mit der Seidenindustrie verbunden, denn diese hat sie hierher geholt. Das sieht man an den Villen, die der Architekt Mies van der Rohe für die Industriellen Hermann Lange und Josef Esters plante. Das sieht man am Gebäude für Herrenfutterstoffe der ehemaligen Verseidag, der einzige Industriebau, den van der Rohe plante. „In Krefeld ist wahrscheinlich der einzige Fall belegt, in dem sich eine ganze Branche dem Bauhaus zugewendet hat“, sagte Kunsthistorikerin Christine Lange, Vorsitzende des Vereins „Projekt MIK“ (Mies in Krefeld). „Das ist unmittelbar mit der Stadtgeschichte verbunden.“

Als Bauhaus-Hochburg jenseits von Dessau, Weimar und Berlin kann Krefeld recht leicht feiern, muss dabei aber eine schwierige Aufgabe lösen: Das Thema solle nicht elitär wirken, das Jubiläum solle vielmehr bürgernah gefeiert werde, sagte der Oberbürgermeister bei der Eröffnung am Samstag. Die Programmpunkte seien deshalb so ausgewählt, dass sie zeigen, was die Schule Bauhaus mit Alltags-Leben zu tun hat, wie Bauhaus Kunst für jeden nutzbar machen wollte. Haus Esters und Haus Lange beheimaten passend dazu bis Januar 2020 ein Projekt, das sich mit den Fragen „Wie wohnen wir heute und wie wollen wir heute wohnen?“ beschäftigt. Das Kaiser-Wilhelm-Museum setzt sich ab 8. November mit Volkskunst auseinander, das Deutsche Textilmuseum in Linn mit Kleidung und Farbe. Das Theater der Klänge aus Düsseldorf wird „Das triadische Ballett“ von Bauhaus-Vertreter Oskar Schlemmer am 14. und 16. Juni bei „Kultur findet Stadt“ auf dem Willy-Göldenbachs-Platz präsentieren. Im Schluff wird an jedem dritten Sonntag zwischen Mai und September ein Waggon für Architektur-Interessierte reserviert sein, die auch eine Führung durch das erwähnte Gebäude der Verseidag machen können. Und „Projekt MIK“ entwickelt einen digitalen Architektur-Führer zum Bauhaus, der voraussichtlich Ende Mai online sein wird.

OB Meyer erläuterte am Samstag noch eine weitere Möglichkeit, das „heute noch“ zu interpretieren. Die Vertreter des Bauhaus mussten in den schwierigen Zeiten der 20er-Jahre neugierig, experimentierfreudig und mutig sein. Diese Eigenschaften stünden dem heutigen Krefeld auch gut zu Gesicht, wenn zum Beispiel die Arbeit an einem neuen Mobilitätskonzept, Abriss und Umgestaltung des Theaterplatzes oder die Versuche, wieder Leben ins Stadtbad an der Neusser Straße zu bringen, anstehen.

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