Krefeld : Iran: Familie droht Todesstrafe
Einer seit zwei Jahren in Krefeld lebenden Familie aus dem Iran droht die Höchststrafe. In ihrer Heimat haben sie sich für Menschenrechte eingesetzt.
Krefeld. Tausende Menschen gehen seit Ende Dezember im Iran auf die Straßen, um gegen die Regierung zu demonstrieren. Anfangs noch als Protest gegen die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen, entwickelten sich die Aufstände schnell zur Systemfrage für das Land. Obwohl die Ziele der Demonstranten diffus und uneinheitlich scheinen, gibt es immer häufiger die Forderung nach einem Regimesturz. Darauf steht in der Islamischen Republik Iran die Todesstrafe. Einer Familie, die seit zwei Jahren in Krefeld lebt, droht genau das — sollte sie in den Iran abgeschoben werden. Ihre Asylanträge wurden abgelehnt.
„Der Iran ist ein Freiluft-Gefängnis“, sagt Salar Miladi. Der 27-Jährige ist aus dem Iran geflohen, als es für ihn dort lebensgefährlich wurde. Miladi war politisch aktiv, in der Demokratischen Partei des Iranischen Kurdistans. Er hat im kurdischen Teil Irans, an der Grenze zur Türkei, gegen das herrschende Kleriker-Regime gearbeitet. Als er Anfang Oktober zusammen mit seinem Schwager Sirwan Ghahramani Dehbokri (39) erneut Flugblätter verteilt hat, die die staatlichen Ungerechtigkeiten anprangern, gerieten sie mit ihrem Fahrzeug in eine Polizeikontrolle.
Weil sie wussten, was ihnen droht, wenn die 200 Flugblätter in ihrem Auto entdeckt würden, gaben sie Gas - sie haben sich eine Verfolgungsjagd mit den Polizisten geliefert, an deren Ende ihr Wagen im Graben landete. „Sie haben auf uns geschossen“, sag Miladi. In der nächtlichen Dunkelheit konnten beide getrennt zu Fuß weiter fliehen und untertauchen. Die beiden würden sich erst Wochen später nach ihrer Flucht außer Landes, in Deutschland wiedersehen. Im Herbst 2015, in Krefeld.
„In Deutschland ist es kein Verbrechen, Flugblätter zu verteilen, auch wenn sie politischen Inhalts sind. Aber im Iran ist es das“, sagt Ulrich Tillmanns. Der Krefelder hilft der kurdischen Familie. Im Iran setzten sie sich als politische Aktivisten gewaltfrei für Freiheit und Gleichberechtigung ein. Auch für die Rechte der Kurden, für die Selbstbestimmung aller Minderheiten in einem föderalen System. Für die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Im Iran ist ihre Partei verboten und nur im Untergrund aktiv. In Deutschland hingegen können sie ganz legal Mitglied dieser Partei sein - sie ist in Europa, im Gegensatz zur in der Türkei agierenden PKK, nicht verboten.
„Im Iran kommen Mitglieder dieser Partei aus dem Gefängnis nicht mehr frei“, erzählt Salar Miladi. „Der kleinste Widerstand wird mit größter Repression beantwortet“, sagt Sirwan Ghahramani Dehbokri. Beide sind, unabhängig voneinander, von Schleppern in Lastkraftwagen nach Europa gebracht worden. „Ich war in drei verschiedenen“, sagt Miladi. „Ich konnte gar nicht sagen, wo ich war. Wir durften nur nachts raus, schnell etwas essen und zur Toilette.“ Am 25. Oktober 2015 kam er in Deutschland an. Sein Schwager, samt Ehefrau und Kind, sind am 2. November angekommen, nach etwa 14 Tagen Flucht - auch in Lkw.