Evangelische Kirche „In fünf Jahren fehlen Pfarrer“

Das Haushaltsloch des Kirchenkreises ist nur eine der Herausforderung für die Zukunft, sagt Superintendent Burkhard Kamphausen.

Superintendent Burkhard Kamphausen.

Superintendent Burkhard Kamphausen.

Krefeld. Seit der Synode des evangelischen Kirchenkreises Krefeld-Viersen am vergangenen Samstag ist klar, wie das Haushaltsloch von 700 000 Euro für 2016 gedeckt werden soll. 450 000 Euro sollen aus Rücklagen kommen, den Rest müssen die Gemeinden über eine erhöhte Umlage finanzieren. Wie man in Zukunft solche Finanzlücken verhindern will, erklärte am Montag der Superintendent Burkhard Kamphausen.

Wo will der Kirchenkreis für eine Lösung ansetzen?

Burkhard Kamphausen: Dieses Haus wird komplett durchgebürstet. Die Arbeit der Kirchenkreisverwaltung soll im Rahmen einer Strukturreform komplett analysiert werden, damit hier nur noch Verwaltungsaufgaben erledigt werden. Wir werden jetzt festhalten, für welche Aufgaben wir welches Personal brauchen und was das kostet. Mit einer entsprechenden Satzung, die die Synode beschlossen hat, ist der rechtliche Rahmen geschaffen. Das ist ein ziemliches Stück Arbeit, aber das ist auch angemessen angesichts eines Lochs von 700 000 Euro.

Was glauben Sie, wann Sie in neuer Struktur arbeiten können?

Kamphausen: Voraussichtlich im nächsten Herbst werden wir der Synode die Ergebnisse vorlegen können. Auch vor dem Hintergrund der Kirchensteuereinnamen ist das wichtig. Die sind zwar derzeit sehr gut. Aber es steht nicht zu erwarten, dass das so bleibt. Es gibt zwar so viele Erwachsenentaufen und Kircheneintritte wie nie, aber die Zahl der Gemeindemitglieder sinkt jährlich im Schnitt um ein Prozent. 2005 hatten wir im Kirchenkreis noch rund 116 700 Mitglieder, jetzt sind es rund 106 000.

Was sind die Ursachen dafür?

Kamphausen: Daran hat der demographische Wandel einen großen Anteil. Aber es gibt auch viel zu viele Kirchenaustritte. Wenn es innerhalb von drei Jahren 3000 Gemeindemitglieder weniger gibt, dann ist das rechnerisch eine Pfarrstelle weniger. Denn man rechnet im Schnitt 2500 Mitglieder pro Pfarrbezirk.

Heißt das, dass in Zukunft Pfarrstellen gestrichen werden müssen?

Kamphausen: Wir werden am Pfarrstellenplan derzeit nichts ändern. In fünf Jahren wird es sowieso eine Pensionierungswelle geben. Tatsächlich werden wir in dieser Zeit absehbar einen Pfarrermangel erleben. Um die durch den Ruhestand von Pfarrern frei werdenden Stellen zu besetzen, müssten jetzt schon der Ersatz an der Uni sein. Das ist er aber nicht.

Bei sinkenden Mitgliederzahlen und Personalmangel muss Kirche die Menschen also mehr begeistern...

Kamphausen: Wir intensivieren die Versuche, mit Menschen für die Kirche fremd ist, Kontakt aufzunehmen. Die Verhältnisse haben sich radikal verändert. Viele Milieus, die früher mit Kirche zu tun hatten, sind heute davon entfernt. Durch die Kindertagesstätten sind Kinder für uns erreichbar — die Weihnachtsgeschichte kann man in der Kita, im Schulgottesdienst und im Konfirmandenunterricht erzählen, aber danach ist Schluss. Warum das so ist, wissen wir nicht. Wir müssen ein anderes Zugehen auf die Leute lernen. Wir müssen lernen, die Menschen auch zum Beispiel durch andere Gottesdienste anzusprechen.

Noch fehlen in den Gemeinden auch Kandidaten für die im Februar anstehenden Presbyterwahlen...

Kamphausen: Ja, aber es freut mich sehr, dass es jetzt besser aussieht, als im Sommer gedacht. Das zeigt, dass auch bei einer Gemeindegröße von rund 2500 Mitgliedern pro Pfarrbezirk noch eine Bindung da ist. Dass die Wahlbeteiligung am Tag selbst in unserem Kirchenkreis dann von Gemeinde zu Gemeinde bei drei bis 16 Prozent liegt, kann man verschieden deuten. Es kann heißen, dass die Meinung gilt, man könne ja eh nix ausrichten, aber es kann auch einfach heißen, dass die Menschen damit zufrieden sind, wie es ist.

In Zukunft wollen Sie mit dem Kirchenkreis Gladbach-Neuss noch enger zusammenarbeiten. Wie kann das aussehen?

Kamphausen: Wir können dadurch schon allein was Büros und Vertretungsregelungen angeht Synergieeffekte erzielen. Bisher läuft das beispielsweise bereits im Frauen- oder im Jugendreferat. Wir suchen nun noch weitere Bereiche für eine Vernetzung. Im Kindergartenbereich könnte das vielleicht gehen.

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