Comedy und Baukultur 1000 Fenster und ein Treppenwitz

Krefeld · Stadthaus steht beim Programm „Baukultur auf die Stufenweise“ im Mittelpunkt. Doch Comedy enttäuscht.

 Die Reihe „Krefelder Treppenwitz“ machte Station am Stadthaus, dem sogenannten Eiermannbau.

Die Reihe „Krefelder Treppenwitz“ machte Station am Stadthaus, dem sogenannten Eiermannbau.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Im Rahmen des Bauhausjahres bietet das Stadtmarketing „Baukultur auf die Stufenweise“. Am Freitag stehen die dazu gehörenden Treppenstufen im Stadthaus. Rund 50 Personen interessiert der Ort und das Comedyprogramm unter dem Stichwort „Krefelder Treppenwitz“.

Um 19 Uhr startet Filomena Lopedoto, Kunsthistorikerin und diplomierte Kulturwirtin, mit ihrer architektonischen Einstimmung. Sie möchte dabei den Zusammenhang zwischen dem berühmten Bauhaus, dessen 100-jähriges Bestehen in diesem Jahr gefeiert wird, und der Krefelder Seidenindustrie aufzeigen.

Schon in den 30er-Jahren wollte die Verseidag sich ein neues Hauptgebäude von Mies van der Rohe bauen lassen, der bereits „um die Ecke herum“ an der Girmesgath die neuen Produktionsgebäude geplant hatte. Doch es sollte noch bis in die 50er-Jahre dauern, bis die Verseidag mit dem Bau ihrer Hauptverwaltung beginnen konnte. Architekt dieses Projekts wurde der von Mies van der Rohe empfohlene Egon Eiermann (1904-1970) – ein „aufsteigender Stern am Architektenhimmel“, so Lopedoto.

Und sie erinnert an zwei Werke Eiermanns, die in der Runde die meisten schon allein altersbedingt kennen: den „Langen Eugen“, das Abgeordnetenhochhaus des Bundestags in Bonn, und die „Hortenkacheln“ als typische Fassadenelemente dieser Kaufhauskette.

Heute nicht mehr schön, aber
eine Ikone der 1950er-Jahre

„Ich hoffe, ich kann Sie für die 50er-Jahre-Architektur begeistern“, sagt sie und lockt ihr Publikum nach draußen, wo sie angesichts der Fassade des Stadthauses gleich eingestehen muss: „Ja, es sieht heute nicht mehr schön aus, aber es ist ikonisch für die 50er!“

„Die Architektur von Eiermann ist leicht und luftig“, sagt sie und weist auf die vielen Glasflächen – ca. 1000 Fenster gibt es im gesamten Komplex – und die Stahlskelettbauweise hin. Die Vorliebe für Wandkacheln ist an der heruntergekommenen Fassade noch immer deutlich.

Im ersten Obergeschoss führt sie ihr Publikum zu einem Standort, von dem aus man einen guten Überblick über die inzwischen geschlossene Halle hat. Wegen ihrer Glaswände wird der mehrgeschossige Übergang ins Hochhaus das „Aquarium“ genannt.

Die ausgedehnten Glasfronten bestimmen auch hier das Bild. Da fragt ein Herr, ob die großen Fensterflächen im Winter nicht immer beschlagen waren, denn die Winter waren damals kälter und dauerten noch länger. Isolierung und Energieeffizienz waren damals noch kein Thema bei Architekten? Diese Frage kann die Kunsthistorikerin nicht beantworten – dafür ist sie zu jung, zum anderen kümmert sich Kunstgeschichte nicht um so profane Dinge.

Zum Schluss lenkt sie die Blicke auf das Treppenhaus, das auf der einen Seite von einer hohen Glaswand abgeschlossen wird. Zu den verschiedenen Ebenen des Verwaltungsgebäudes ist es völlig offen, steht wie eine überdimensionale Skulptur im Bau.

Noch originaler Bodenbelag von den Planungen Eiermanns sind die Minifußbodenfliesen auf den Stufen. Im Eingangsbereich nutzt man sie am weiteren Abend neben einigen Sesseln, die aus den 50er-Jahren zu stammen scheinen, auch als Sitzgelegenheit – neben vielen Papphockern, denn hier hat man eine kleine Bühne für das Comedyprogramm aufgebaut.

Kristian Kokol übernimmt die Moderation und bemüht sich, einen Einstieg in das Thema Bauhaus zu geben. Mehr Lacher erntet er mit seiner angewandten „neuen Sachlichkeit“ und dem Erraten von Tieren, die er mit einem Zollstock formt.

Thomas Schmidt stellt zu Beginn seines Auftritts die Frage „Was haben Sie mit Architektur zu tun?“ Es kommt nicht viel aus dem Publikum und er kürzt ab, dass für ihn gute Architektur sei, wenn sie ein Dach habe.

Dann plaudert er über Solingen, Wuppertal, Köln, seinen Bartflaum und den Kauf eines Rasierapparats, was bei ihm vergleichbar wäre, wie der Kauf eines Aufsitzrasenmähers für einen Balkon. Abibücher und die traumatische Erinnerung an Kindertage, als er mit einem von Oma genähten Karnevalskostüm einen Tag zu früh in der Schule erschien, folgen.

Katharina Schmidt klagt ihr Leid als Tochter von Aussteigereltern, bei denen sie ohne Fernseher aufwuchs. Ob das schon ein Fall für das Jugendamt gewesen sei? „Ihr habt eben so eine intellektuelle Führung mitgemacht, da dürfte es für den Refrain ,Aaaaha‘ reichen“ und stimmt ein Lied an. Das Publikum erfüllt ihre Erwartungen.

Als Vierter tritt David Werker auf, der sein Alter von stolzen 36 Jahren thematisiert. Früher schlich er heimlich von Zuhause auf Partys, heute schleicht er heimlich von Partys nach Hause. „Mir schmeckt jetzt Rotwein – ohne Cola“, nimmt er als Beweis seines Erwachsenwerdens.

Die Beiträge dieses Abends wären auch als Büttenreden im Schulkarneval eines katholischen Gymnasiums durchgegangen. Ein gewisser Schwund im Publikum ist nach der Pause unübersehbar.

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