Stadtteil-Check in Fischeln Hückels May: Gastlichkeit am Schlagbaum

Zum Auftakt unseres Stadtteilchecks begeben wir uns auf historischen Boden. Ganz im Südwesten liegt der Gasthof Hückels May.

Stadtteil-Check in Fischeln: Hückels May: Gastlichkeit am Schlagbaum
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. „Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, ist es besser, viel besser, als man glaubt.“ Die Zeilen von Herbert Grönemeyer gehen mir nicht aus dem Kopf, als wir die südwestlichste Ecke Krefelds ansteuern: den Gasthof Hückels May. Wer von St. Tönis nach Willich oder von Mönchengladbach nach Krefeld fährt, kommt an diesem Fleckchen vorbei, an dem zwei bedeutende Schlachten tobten. Das Wort May erinnert an den Schlagbaum, der die Durchfahrt an der Landwehr versperrte und von den „Baumschließern“ bedient wurde. Heute rauscht hier der Verkehr — nur durch Ampeln gebremst — vorbei.

Till Reese, Marketing-Kaufmann und heutiger Besitzer des Gasthofs, stammt aus Heidelberg, ist in Trier aufgewachsen, hat bei einer Werbeagentur in Düsseldorf gearbeitet und bei Diebels in Issum.

Stadtteil-Check in Fischeln: Hückels May: Gastlichkeit am Schlagbaum
Foto: Andreas Bischof

Zum Gastwirt wurde er eher zufällig. Durch eine Anzeige in der Westdeutschen Zeitung: Die Hückels May (die gleichnamige Straße schreibt sich Hückelsmay) stand zum Verkauf. Reese schlug zu: „Ein kalkuliertes Risiko“, sagt er heute: „Von der Lage her bot sich nur eine Gastronomie an. Wir haben dann 2,5 Kilometer Abwasser-, drei Kilometer Frischwasserleitungen und fünf Kilometer Stromkabel verlegt.“

Im April 1997 hat Reese den Gasthof gekauft, im September 1997 mit der Renovierung begonnen: „Bis wir das Okay für den Umbau hatten, mussten wir uns mit 15 verschiedenen Ämtern herumschlagen, unter anderem mit dem Denkmalschutz.“ Und dann standen sie vor einem Berg, einem Berg von Schrott: „800 Kubikmeter haben wir weggeschafft.“

Von den Pflanzen war nur noch ein alter Walnussbaum brauchbar, Einrichtung kaum noch vorhanden. Reese: „14 Tage vor der Eröffnung haben wir mit fünf Leuten einen 30-Tonner voll mit Eggen, Leitern, Pferdegeschirr und Ähnlichem abgeladen. Die Deko brauchten wir, um hier wieder den Charakter eines Hofes herzustellen.“ Im Juni 1998 wurde der Gasthof neu eröffnet — rund 100 Jahre nach der Umwandlung des Bauernhofs in eine Schankwirtschaft.

Aus der ehemaligen Scheune ist inzwischen ein Veranstaltungsraum für 80 bis maximal 350 Gäste geworden, aus dem Kuhstall der Gastraum „Frankreich“, der Schweinestall heißt heute „England“. Die Kundschaft kommt vorwiegend aus der Umgebung, aus Willich, Tönisvorst und Mönchengladbach. Aber auch aus den großen Gewerbegebieten im Südwesten Krefelds stammen die Gäste, von Outokumpu, Kawai, Canon und Hitachi.

Diese Gäste meint Till Reese allerdings nicht, wenn er sagt: „Wir haben es grundsätzlich mit Kindern zu tun. Der Unterschied ist nur das Alter.“ Reese spricht von einem „Schuhladen für Männer“ und geht mit uns an Unmengen von Rennwagen, Schienen, maßstabgerechten Plastikbäumen und allerlei elektronischem Zubehör vorbei. Wir sind in Deutschlands größtem Carrera-Shop: „Ab 1963 bis heute haben wir für alle jemals gebauten Carrera-Bahnen alles da.“

Neben dem Gasthof hat Reese es zunächst mit einem Geschäft für Teakmöbel und Terrakotta versucht. Das lief auch ganz gut, bis die Baumärkte das Geschäft kaputtmachten: „Ich war nur noch zweiter Sieger“, sagt Reese. Dann kam die Idee: „Ich mach jetzt mal ’nen Carrera-Laden.“ Das Rennen-Fahren am PC hat dem Geschäft nicht geschadet: „Durch die Digitaltechnik hat die Carrera-Bahn einen richtigen Schub bekommen. Carrera — das ist die Playstation in 3D.“

Für eine vernünftige Anlage muss man im „Schuhladen“ zwischen 350 und 400 Euro hinblättern und bekommt dafür eine komplette Starterpackung mit einer Strecke von neun bis zehn Metern, zwei bis drei Autos, Trafo und Zubehör. Zwölf bis 14 Meter Strecke mit Zubehör kommen dann schon auf 800 Euro — und nach oben sind keine Grenzen gesetzt.

Reese wickelt gerade einen Auftrag für eine komplette Bahn ab, die nach Frankfurt geht und rund 3500 Euro kostet. Es sind vor allem eingefleischte Rennbahnfans, die viel Geld für ihr Hobby ausgeben, aber auch Firmenkunden, die eine Anlage für ein Jubiläum oder einen Tag der offenen Tür brauchen.

Einfacher ist es allerdings, gleich dass Renncenter an der Hückels May zu buchen. Maximal 35 Personen können hier nach Herzenslust bei Geburtstagen oder anderen Events Rennen fahren, so richtig mit Fahrerbriefing, Training und freiem Rennen. Reese: „Selbst Erwachsene werden dann zu kleinen Kindern.“ Allerdings ist die Anlage schon jetzt bis Ende April ausgebucht.

Stillstand gibt es auch im Gasthaus nicht. Neuestes Projekt: „Wir wollen die Historie des Bauernhofs wiederbeleben und einen Teil der Lebensmittel selbst erzeugen.“ Zunächst sind das Eier von „robusten“ Hühnern, die jede Menge Auslauf im Freien haben, und Wachteln, die in einem Bauwagen mit Streu und wärmenden Lampen untergebracht sind.

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