St. Stephan Hilfe für Rentner, Arbeitslose und Einsame

Seit 20 Jahren unterstützt der Tagestreff an St. Stephan Bedürftige. Mittwochs gibt es Essen, für einige auch Lebensmittel für die Restwoche. Für alle reichen die Spenden nicht.

St. Stephan: Hilfe für Rentner, Arbeitslose und Einsame
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Eine Frau in ihren 70ern zieht einen Einkaufstrolley über den Bürgersteig der Mariannenstraße. Freundlich nickt sie einer Altersgenossin zu, die ebenfalls mit einem Hinterherziehwägelchen durch den Torbogen der Hausnummer 35 geht. Dann mischen sich die beiden älteren Damen unter die bereits wartenden Männer und Frauen. Etwa 50 Menschen stehen hier schon, zum Teil unterhalten sie sich miteinander. Alle warten darauf, dass die Türen geöffnet werden. Es ist Mittwoch, fast 14 Uhr, Zeit für den Tagestreff im Pfarrheim von St. Stephan.

Im Haus decken Ehrenamtliche die Tische, belegen Brötchen, schneiden Kuchen und kochen Kaffee. 14 Freiwillige gehören zu den Helfern des wöchentlichen Tagestreffs. Einige von ihnen sortieren gerade Lebensmittel hinter einer Ziehharmonika-Schiebewand.

Auf kleinen Häufchen stapeln sie Brot, Konserven und andere Dinge des täglichen Lebens. Für 60 bis 70 Menschen können so Tüten gepackt werden, damit sie auch an den anderen Tagen der Woche über die Runden kommen. Damit kann die Hälfte der Tagestreff-Besucher etwas mit nach Hause nehmen. Für alle reichen die Lebensmittelspenden nicht aus. Deshalb werden Listen geführt, damit jeder einmal dran kommt.

„Es sind Rentner, Langzeitarbeitslose, viele Kranke, Obdachlose und Einsame, die zu uns kommen“, berichten Brigitte Wernsing und Theresia Balogh, beides Ehrenamtliche der ersten Stunde. Vor 20 Jahren wurde das mittlerweile zur festen Institution gewordene Hilfsangebot von zwei Franziskanerinnen und Gemeindemitgliedern ins Leben gerufen. Damals richtete sich der Tagestreff noch hauptsächlich an die Klientel der Notschlafstelle von St. Stephan, also an Obdachlose.

Heute sind die Menschen, die zum Tagestreff kommen, aus ganz unterschiedlichen Gründen bedürftig. Ein Großteil ist in finanzieller Not. „Aber es spielen viele Faktoren eine Rolle“, sagt Theresia Balogh (60), „da gibt es viele Familienprobleme, viel Scheidung und viel schwieriges Erlebtes“. Und es gibt auch viel Alleinsein — zu den Besuchern gehören auch einige Witwen, die einfach zur Unterhaltung bei einer Tasse Kaffee vorbeischauen.

Seit dem Weggang der Schwestern — die Letzte verließ Krefeld vor mehr als zehn Jahren — wird der Tagestreff von den Ehrenamtlichen geleitet. Und der Grundgedanke der Franziskanerinnen, die „Hinwendung und Beachtung der Bedürftigen“, wie Brigitte Wernsing ihn zusammenfasst, wird fortgesetzt. „Wir haben gelernt, was Menschen gut tut“, sagt die 74-Jährige, „und gelernt, dahinter zu gucken.“ Man bekomme einen anderen Blick, fügt Theresia Balogh an, „man begegnet auch auf der Straße Menschen, denen es nicht gut geht, anders“. Das Leben am Rand der Gesellschaft sei anstrengend, sagt Wernsing. „Die Menschen haben den ganzen Tag damit zu tun, sich einzudecken“, ergänzt Balogh.

72 Besucher passen gleichzeitig ins Pfarrheim an der Mariannenstraße, bis zu 130 Menschen nehmen hier pro Tagestreff nach und nach Platz. Zum Ende des Monats, wenn das Geld knapper wird, merken die Freiwilligen einen Anstieg der Zahlen. „Es gab auch schon Zeiten, da mussten wir die Türe zu machen“, sagt Balogh.

An den Tischen wird gegessen, getrunken, geplaudert. Ein Senior löst ein japanisches Zahlenrätsel. Und zwei ältere Damen haben ein kleines „Mensch ärger dich nicht“-Spiel mitgebracht. Die Helfer kennen jeden einzelnen ihrer Gäste. „Für uns ist das kein Selbstläufer, wir wollen unsere Leute kennen“, sagen Brigitte Wernsing und ihr Mann Jochen, der auch seit Jahren zum Team gehört. Das bedeutet auch, dass sie wissen, wer Hilfe bei Papierkram wie Formularen braucht oder sich über einen Krankenhausbesuch freut. Da wird ein Umzugsdienst organisiert oder ein Möbelstück besorgt. Oder es wird dafür gesorgt, dass jemand ein neues Paar Schuhe bekommt. „Egal, was man ihnen geben kann, sie sind dankbar“, fasst Theresia Balogh zusammen.

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