Herren- und Damenmodegeschäft Sør schließt seine Filialen in Krefeld

Krefeld · Der Ostwall verliert den nächsten gehobenen Herrenausstatter, der Krefeld in Gänze den Rücken kehrt. Damit wandelt sich der einstige Einkaufs-Boulevard immer stärker zum Ärzte- und Dienstleister-Standort.

 Für Filialleiter Holger Pfeiffer und seine Mitarbeiterinnen bei Sør ist Ende Juli Schluss in Krefeld.

Für Filialleiter Holger Pfeiffer und seine Mitarbeiterinnen bei Sør ist Ende Juli Schluss in Krefeld.

Foto: Ja/Andreas Bischof

Einer der letzten hochwertigen Herren- und Damenausstatter verlässt nicht nur den Ostwall, sondern auch Krefeld. Sør schließt zum Ende Juli seine Herren- und Damen-Filialen an der Marktstraße, direkt daneben gibt auch das CD-Musikgeschäft Sym-Phon zum Juli auf, wie berichtet.

Während in das Ladenlokal von Sym-Phon am Anfang der früheren Acht-Passage laut Informationen unserer Redaktion ein Dienstleister einziehen soll und somit die einstige Einkaufs-Prachtstraße immer stärker den Wandel zur Ärzte- und Dienstleistungsmeile vollzieht, gibt es für die Räume von Sør noch keine Aussage zu einer neuen Nutzung.

So ganz überraschend ist die Schließung der Filialen des in vierter Genartion geführten Modeunternehmens aus Oelde jedoch nicht. Es kämpfte schon vor der Corona-Krise mit Verlusten in Millionenhöhe und hatte im Februar beim Amtsgericht Münster einen Antrag auf ein Insolvenzplanverfahren in Eigenverantwortung gestellt. Die für eine Sanierung notwendigen Umsätze blieben durch den Lockdown seit März jedoch aus. „Der Gläubigerausschuss hat deshalb beschlossen, 18 seiner 57 Adressen zu schließen“, zitiert die Branchenzeitung Textilwirtschaft aus dem Newsletter der Belegschaft. Dazu zählen: der Man-Store auf Norderney, beide Krefelder Standorte, das Outlet Koblenz, Sylt (Woman), AEZ Hamburg, Ulm, Stuttgart, Flughafen Köln, Hannover (Rathenaustraße), Nürnberg, Mannheim, Flughafen Hamburg (Woman) und Trier. In Bremen, Garmisch-Partenkirchen, Wiesbaden und Oldenburg werden die Standore zusammengelegt. Für Krefeld ist das keine Option gewesen.

Klangvolle Namen sind im Laufe der Jahre verschwunden

Holger Pfeiffer und seine fünf festangestellten Mitarbeiterinnen sowie eine Aushilfe bedauern das sehr. Der Filialleiter ist seit Eröffnung im Jahr 2001 erster Ansprechpartner und modischer Berater für gehobene Herrenmode. Er ist vom Fach. 16 Jahre hat er zuvor bei Herrenmode Adolphs gearbeitet, zu einer Zeit, in der Krefeld als frühere Samt- und Seidenstadt im Herrenkonfektionsbereich noch sehr gut aufgestellt war. „Damals gab es in Krefeld Arno Tophoven an unserem heutigen Standort, schräg gegenüber seinen Bruder Jo sowie Adolps, Dhein (heute Rheinstraße), Boltendahl und den Herrenschneider Tralle sowie vor 1985 ,Knut Winter’ im Hamburg-Mannheimer-Haus“, erinnert sich Pfeiffer.

Dass gehobene Bekleidungsgeschäfte in kleinen und mittelgroßen Städten schon lange vor der Pandemie schrittweise aus dem Einzelhandelsangebot verschwunden sind, hat für ihn Gründe: „Der Wertewandel in der Gesellschaft, die Überproduktion an Bekleidung, der Virus ,Geiz ist geil’ und die überproportionalen Preisreduzierungen haben solche hochwertigen Waren in den Keller geschickt.“

Neben dem zu schnellen Ausbau des Filialnetzes von 30 auf 60 Filialen von Sør sieht Pfeiffer als weiteren Grund für „dieses Drama im Einzelhandel die Misere der Stadt. So konzeptlos wie Krefeld ist vielleicht noch Wuppertal in NRW, 20 Jahre lang ist das hier schiefgelaufen, die Hochwertiges, Qualität liebende Kunden bleiben inzwischen fern, das ist wie ein Domino-Effekt, der alles andere mit ’runter zieht.“ Für ihn und seine Mitarbeiter kommen die jetzigen neuen Konzepte zu spät.

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