Interview Hansgeorg Rehbein: "Wir planen eine Flüchtlings-App"

Hansgeorg Rehbein ist mit dem Start als Flüchtlingskoordinator zufrieden. 400 Menschen haben sich in Krefeld als Helfer registriert.

Hansgeorg Rehbein ist Flüchtlingskoordinator der Stadt Krefeld.

Hansgeorg Rehbein ist Flüchtlingskoordinator der Stadt Krefeld.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Krefeld. Rund sechs Wochen Arbeit liegen hinter Krefelds Flüchtlingskoordinator Hansgeorg Rehbein. Seit zehn Tagen besitzt der ehemalige Leiter der Volkshochschule Krefeld auch ein eigenes Büro. Seitdem steht sein Telefon kaum noch still. Zusammen mit seinen drei Mitarbeitern versucht Rehbein, die Flut an Hilfsangeboten für Flüchtlinge zu kanalisieren. Dabei kann er erste Erfolge vorweisen. Welche Auswirkungen die Übergriffe in der Silvesternacht in Köln auf das bürgerliche Engagement in Krefeld haben, und wie seine Strategie zur Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft aussieht, erklärt er im Interview mit der Westdeutschen Zeitung.

Herr Rehbein, sechs Wochen Amtszeit als Flüchtlingskoordinator sind bald rum — wie verlief der Start?

Hansgeorg Rehbein: Wir sind mit Vollgas gestartet. Zusammen mit meinen Mitarbeitern sind wir mit zahlreichen Menschen ins Gespräch gekommen. Von den Wohlfahrtsverbänden über Kirchen, Sportvereine und vor allem die Bürgervereine — die Bereitschaft zu helfen ist riesig in unserer Stadt.

Doch wie wollen Sie die Hilfsbereitschaft kanalisieren? Wie sieht ihr Konzept aus?

Rehbein: Die Arbeit mit den Flüchtlingen soll dezentral erfolgen. Dazu haben wir uns die Vertreter der jeweiligen Bürgervereine mit ins Boot geholt. Die in den Bürgervereinen gegebenen Sozialstrukturen wollen wir nutzen, um in den jeweiligen Stadtteilen Koordinierungskreise zu bilden.

Wo ist das schon geglückt?

Rehbein: In Hüls beispielsweise ist das schon geschehen. Der dortige Koordinierungskreis besteht aus 20 Menschen. Es gab bereits zwei Treffen mit dem Kreis, der mithelfen soll, eine Angebotsstruktur für Flüchtlinge zu entwickeln und diese auch vor Ort in den Unterkünften anzubieten.

Was sollen das für Angebote sein?

Rehbein: Die Angebote sollen möglichst unterschiedlich sein, aber natürlich Möglichkeiten zur Integration in die Gesellschaft bieten. Ein wichtiger Aspekt dieser Angebote werden sicherlich Sprachkurse sein.

Sprache stellt ja auch ein zentrales Standbein Ihres Konzepts zur Integration der Flüchtlinge dar. . .

Rehbein: Das ist richtig. Sprache, die Integration in die Arbeitswelt und die Partizipation am gesellschaftlichen Leben sind die drei zentralen Bausteine unserer Arbeit. Wobei klar ist, dass das Erlernen der deutschen Sprache sicherlich voranstehen muss, will man vermeiden, dass die Menschen sich ähnlich wie viele Familienmitglieder der Gastarbeiterfamilien damals zurückziehen und sich nicht integrieren.

Das heißt, die Flüchtlinge, die bereits in einer eigenen Wohnung leben, sind schwerer für Sprachkurse zu erreichen?

Rehbein: Das ist definitiv so. Klar ist, dass die Menschen so früh wie möglich aus den Massenunterkünften rausmüssen, trotzdem besteht dann die Gefahr, dass sie sich abschotten.

Abschottung gibt es nach den Vorfällen aus der Silvesternacht aus Köln auch auf der anderen Seite. Auch in Krefeld?

Rehbein: Ja, solche Vorfälle sollten sicherlich nicht noch öfter vorkommen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass die Hilfsbereitschaft in Krefeld nicht abgenommen hat.

Woran machen Sie das fest?

Rehbein: Rund 400 Menschen haben sich bislang von uns digital erfassen lassen. Die Freiwilligen haben via Fragebogen konkret angegeben, wann, wie und wo sie helfen können — und das ist gerade erst der Anfang.

Wie setzen Sie diese Menschen ein?

Rehbein: Wir melden uns bei den Menschen, die nach einer Filtersuche des Systems auf Zeit, Ort und Art der Hilfe passen. Das geht von der Begleitung bei Behörden- oder Arztgängen bis hin zur Hausaufgabenhilfe. Wichtig ist aber, dass wir hier keine Parallelstrukturen schaffen wollen, sondern natürlich das vorhandene Netzwerk von Helfern durch die genannten Hilfsorganisationen und Vereine aufrechtzuerhalten und zu nutzen. Nur gemeinsam können wir diese Aufgabe bewältigen.

Was planen Sie noch für Aktionen für die Zukunft?

Rehbein: In Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur, der Hochschule und weiteren Fachbereichen der Verwaltung wollen wir zukünftig eine App für Flüchtlinge anbieten, die nicht nur in verschiedenen Sprachen als Wegweiser dienen soll, sondern auch etwa Kursangebote oder Hilfsangebote auflistet. Für unsere Helfer haben wir zudem einen Newsletter eingerichtet. Bald soll es auch eine neue Homepage zur Flüchtlingshilfe geben.

Wie sieht Ihre persönliche Zukunft als Flüchtlingskoordinator aus?

Rehbein: Klar ist, dass ich den Posten nur zeitlich begrenzt bekleiden werde. Dazu gibt es eine mündliche Absprache mit der Verwaltung.

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