Kultur Diese Theaterwelt erzählt Geschichten in Miniatur

Krefeld · Auf einer kleinen Bühne aus Papier erzählt Lukasz Ratajczak über die großen und kleinen Themen der Welt.

 Lukasz Ratajczak im Kulissenbild für „Lippen schweigen . . . .“, in dem die Operetten-Geschichte der „Lustigen Witwe“ erzählt wird.

Lukasz Ratajczak im Kulissenbild für „Lippen schweigen . . . .“, in dem die Operetten-Geschichte der „Lustigen Witwe“ erzählt wird.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Papiertheater, das ist eine kleine Bühne aus Papier, mit Beleuchtung, Schnurböden, mehreren Kulissen, einem Vorhang und einem Erzähler, der durch die Stücke führt – im Kleinen sowie im Großen. Lukasz Ratajczak ist der Geschichtenerzähler. Doch vielmehr als die Aufführung eines Theaterstücks interessieren ihn die Geschichten hinter den Geschichten. Das war schon immer so, wenn man ihm aufmerksam zuhört.

Geboren und aufgewachsen im polnischen Posen fragte er sich als Theaterfan schon früh, wieso kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges und den ersten Jahren danach in Posen, Gleiwitz, Stettin und zahlreichen weiteren Orten als erstes Stück „Die lustige Witwe“, eine Operette von Franz Lehár, aufgeführt wurde. Nach dem Überfall der Nazis auf Polen, dem Ende des Weltkrieges, der Vertreibung der Deutschen und der russischen Besatzung diese Operette? „Krieg und Tod ist doch nicht lustig, eine Witwe nicht ausgelassen, wieso also dann dieses Stück?“, fragte sich der heute 60-Jährige in jungen Jahren immer wieder.

Er hat sich ein Jahr Zeit genommen, um zu recherchieren

Jetzt im Alter, wie er sagt, hat sich der langjährige Leiter der Kreta, kreative Etage im Jugendhaus der Region an der Felbelstraße, ein Jahr Zeit genommen, um zu recherchieren. Und er hat Antworten gefunden: „Das war die allerliebste Operette von Adolf Hitler; jedes Theater musste es im Repertoire haben, falls der Führer vorbei kam und es sehen wollte.“ Das sei eine Anordnung gewesen, mit der Folge, dass es in jedem Theater für das Stück die passenden festen Bühnenbilder gab. Nach dem Krieg waren diese Kulissen meist die Einzigen, die für einen Neuanfang zur Verfügung standen. „Diese Geschichte und weitere, wie zum Beispiel Anekdoten von Traudl Junge (der Sekretärin Hitlers) fließen bei mir in die Aufführung ‚Lippen schweigen . . . .’ über die Verwicklungen in ‚Die Lustige Witwe’ mit ein.“

Doch damit nicht genug: Im Kellerraum im Pater-Julius-Haus der Kirchengemeinde Heiligste Dreifaltigkeit, Hülser Straße 576, stehen aufgebaut mehrere seiner Papiertheater. Die Schränke und Tische sind voll mit verschiedenen Bühnenbildern und Figuren. Hier geht Ratajczak spielerisch der Frage nach „Wieso die Zauberflöte eigentlich so eine bescheuerte Geschichte ist?“ oder was die stundenlange Monologe von Shakespeares Hamlet über das damalige Leben in England, die Konflikte in Sachen Glaubensfragen aussagen. „Ich habe Besucher hier, die – ebenso wie ich – erst jetzt das Stück wirklich verstehen“, erzählt Ratajczak.

Die Abende im Papiertheater sind kostenlos. „Eine Spende für die Gemeinde ist aber gern gesehen.“ Fester Spieltermin ist dienstags um 20 Uhr. Doch nur, wenn Zuschauer sich zuvor angemeldet haben, unter 0157/803 758 23 oder per Mail: [email protected]. Dabei spiele es keine Rolle, wie viele Menschen Ratajczak an dem Abend begrüßt. Auch private Geburtstage und Feiern können im Papiertheater stattfinden.

Einen Überblick über die derzeit drei Aufführungen für Kinder und vier Stücke für Erwachsene gibt ein in der Gemeinde ausliegender Flyer sowie eine Seite im Internet unter papiertheater-krefeld.jimdosite.com. Beliebt bei jung und alt ist die Erzählung vom barmherzigen Samariter.

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