Gregor Kathstede über die Zukunft Krefelds

Der Oberbürgermeister verteidigt seine Linie, räumt Fehler ein und nennt Zahlen als Beleg für seine erfolgreiche Arbeit.

Krefeld. Nur für das Foto zu Beginn des WZ-Duells lehnt Gregor Kathstede sich entspannt an die Schulter seines Kontrahenten Ulrich Hahnen. Braungebrannt, im schlank geschnittenen grauen Anzug mit rosa Hemd und darauf abgestimmter pinkfarbener Krawatte mit Paisleymuster macht der Oberbürgermeister eine gute Figur. Auftritte dieser Art meistert er seit seinem Amtsantritt vor fünf Jahren inzwischen souverän. Und diesen politischen Gegner kennt er gut. Schließlich ist der SPD-Fraktionschef bei der letzten Oberbürgermeister-Wahl mit nur 2,5 Prozentpunkten knapp unterlegen gewesen.

Dass er der Richtige für dieses Amt ist, daran lässt Kathstede, der am Samstag 46 Jahre alt wird, keinen Zweifel: "Ich habe in den vergangenen fünf Jahren mit viel Engagement das ruinöse Klinikum neu aufgestellt, in das jetzt viel Geld investiert wird, der Hafen ist in eine neue gewinnversprechende Gesellschaft überführt und zuletzt die Wirtschaftsförderung komplett neu aufgestellt worden. Damit ist eine wichtige Forderung der Unternehmer, die nun Mitgesellschafter werden können, erfüllt." Und um seine Politik zu untermauern, streut er noch ein paar Zahlen ein: 180 000 Quadratmeter vermarktete Gewerbefläche, Tausende neue Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 140 Millionen Euro - "so viel wie noch nie".

Während Hahnen auf die Frage "Was gefällt Ihnen an Krefeld überhaupt nicht" SPD-Schlagworte wie "soziale Ungerechtigkeit", "Krefeld als Schlusslicht" runterspult, wird Kathstede emotional: "Menschen, die mit dem Besitz der Stadt nicht vernünftig umgehen, die Parkbänke zerstören, Hauswände beschmieren - Chaoten, die alles zerstören." Der Applaus von den Zuhörern ist ihm gewiss.

Beim Klatschtest hingegen wünscht sich Gregor Kathstede sichtbar mehr Resonanz. Der Chefredakteur der Welle Niederrhein, Markus Wöhrl, lässt per Applaus abstimmen, welche von ihm vorgelesenen Forderungen von welchem Kandidaten stammen. Zum Beispiel die Aufwertung der Innenstadtwälle: Während Hahnen kräftigen Applaus erntet, fällt der für Kathstede verhaltener aus. Den SPD-Kandidaten freut’s, Kathstede wirkt verlegen. Dabei steht diese Forderung fast wortgleich in beiden Wahlprogrammen.

Diese offensichtliche Sympathiebekundung nutzt Hahnen beim anschließenden Thema Innenstadtentwicklung, um Kathstede verfehlte Wohnungspolitik vorzuwerfen. Statt ein neues Wohngebiet in Hüls auszuweisen, müssten mehr Angebote in der Innenstadt geschaffen werden. Kathstedes Körper spannt sich, sein Konter kommt wie aus der Pistole geschossen: "Ich teile Ihre Meinung zur Stärkung der Innenstadt, aber man kann Menschen nicht zwingen, in der Innenstadt zu wohnen." Die Stadt müsse deshalb beides vorhalten.

Mit der Umgestaltung des Willy-Göldenbachs-Platzes hat Kathstede zur Mitte seiner Amtsperiode in der Innenstadt eine Oase für junge Familien schaffen wollen. "Bedauerlicherweise war das vor zweieinhalb Jahren politisch mit der FDP nicht umzusetzen. Die wollten Parkplätze erhalten. Heute halte ich diese Entscheidung für falsch."

Genauso falsch sei allerdings auch das SPD-Ziel, den Verkehr aus der Innenstadt komplett herauszuhalten. Die überdachte Königstraße funktioniere so gut, weil die Menschen mit dem Auto bis vor die Geschäfte fahren könnten. Der Hieb bei Hahnen sitzt, der Angriff folgt auf dem Fuß: "Wenn Sie den Willy-Göldenbachs-Platz hätten haben wollen, hätten Sie sich durchsetzen müssen in Ihrer Fraktion." Nur kurz ist die Zornesröte in Kathstedes Gesicht sichtbar. "Ich wollte den Frieden in der Koalition nicht gefährden, heute würde ich das anders machen." Als Oberbürgermeister hat er dazu gelernt.

In seiner ersten Amtsperiode hat Kathstede viele heiße Eisen im Feuer gehabt. Luximo ist eins davon. Wöhrl: "Erst soll der Investor Luximo die Werkkunstschule abreißen, dann weigert er sich einfach trotz geltender Verträge. Warum lässt die Stadt sich eigentlich so an der Nase rumführen?" Dass diese Hinhaltetaktik ganz offensichtlich auch Kathstede nervt, verrät sein leicht gereizter Ton: "Wir lassen uns nicht an der Nase rumführen, manches kann man eben nicht forcieren." Im Moment seien dort Investitionen wegen der Wirtschaftskrise schwierig, da könne er den Investor verstehen, der erst feste Mieter haben wolle. Dennoch sollte man sehen, was sich dort in den letzten anderthalb Jahren im und rund ums Behnisch-Haus an Positivem entwickelt habe.

Wer im Amt ist, muss sich Kritik an seiner Arbeit gefallen lassen. Kathstede verliert nicht seinen sicheren Stand, selbst als Wöhrl die "größte Postkarte der Welt" provokativ als Rohrkrepierer bezeichnet. Berlin hat Krefeld schließlich gerade wieder den Titel entrissen. Kathstede: "Ich stehe voll und ganz hinter dieser genialen Aktion. Wir wollten Aufmerksamkeit auf die Stadt ziehen, das Selbstwertgefühl der Bürger stärken. Das muss eine gute Idee gewesen sein, wenn die Bundeshauptstadt sie jetzt nachmacht."

Wen Kathstede aus den Reihen der SPD in sein Rathaus-Kompetenzteams berufen würde, will Wöhrl zum Ende der zweistündigen Diskussionsveranstaltung von Kathstede wissen. Der überlegt keine Sekunde: "Klaus Kokol, den kulturpolitischen Sprecher der SPD. Das ist ein patenter Kerl, der sich wirklich für die Kultur in Krefeld interessiert." Im Gegensatz zu Hahnen bleibt bei ihm die Spitze aus.

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